Mit Sue am See

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Von Stanislav Kutac  – Sie hat­te Sommersprossen. Als wir uns am See nicht nur zum Baden tra­fen, schien die Sonne noch kräf­tig und ver­schwieg glaub­haft den Sturm, der sie ver­trei­ben soll­te, noch bevor der Abend das Selbige tat. Wir lies­sen uns nicht stö­ren, auch von frem­den Blicken nicht der­je­ni­gen, die jen­seits am ande­ren Ufer ihren Liegestuhl auf­ge­schla­gen hat­ten und so taten als wür­den sie nichts sehen von all dem, was wir vor hat­ten. Libellen flo­gen umher wie klei­ne bun­te Hubschrauber, kaum Schnaken, dafür Gezwitscher mal nicht vom IPhone. Gelassenheit, Gras und Milde leg­ten sich über uns von Ort zu Ort Getriebene. Für den einen Moment genüg­ten wir uns, sahen nur uns und dank­ten der Insel für ihren Schutz vor eige­nen und frem­den Gedanken. Wer ein­mal vom Wasser umge­ben festen Boden unter den Füssen ver­spürt hat, eine klei­ne, über­sicht­li­che, geord­ne­te Welt mit kla­ren Grenzen, der weiss, dass er sei­ner Lebtage davon träu­men wird, dort­hin zurück­zu­keh­ren. Wir muss­ten nicht träu­men. Träumen von Bildern, die ande­re sich machen müs­sen, weil sie sich die­se nicht zuge­ste­hen. Bilder von Eingeborenen, die freu­dig sind mit dem, was sie nicht ken­nen, des­halb nach nichts trach­ten, was sie weg­brin­gen könn­te vom Eiland ihrer Vorerfahrenen. An so einem Ort sind wir gewe­sen, gar nicht weit weg, ganz nah und doch in einer ande­ren Welt. Einer aus Körper und Wahrnehmung erschaf­fe­nen Welt. Einer Welt deren Augen sehen, deren Hände berüh­ren, und deren offe­nes Herz zart das Miteinandersein gewährt. Wenn der Spiegel dann zurück­schnalzt, der ange­hal­te­ne Atem wie­der in Gang kommt, um im näch­sten Augenblick wie­der still zu wer­den gleich dem zuge­knif­fe­nen Auge, beherrscht eine selt­sa­me Anmut den Rhythmus des Geschehens. Klack. Klack. Klack. Angezogen von der Berauschtheit, setz­te sie sich nie­der, viel­leicht um aus­zu­ru­hen, viel­leicht aus purer Neugier, viel­leicht… «Stechen die?» – «Nein die ste­chen nicht. Die fres­sen nur Fleisch!»

Tatsächlich kam die besag­te Libelle mehr­mals ange­flo­gen, setz­te sich auf Sues Körper nie­der, und liess sich bereit­wil­lig foto­gra­fie­ren. Ich weiss nicht wel­chen Mut sie dafür auf­brin­gen muss­te. Ich weiss nur, dass sie es frei­wil­lig tat, genau­so wie sie den Zeitpunkt wähl­te, wie­der weg zu flie­gen und sich ihren ange­stamm­ten Interessen zu wid­men. Aber, wer weiss das schon so genau, was in einer Libelle vor sich geht?

Beschreibung einer Fotosession
mit Stanislav und Sue.
Kontakt Fotosessions: stanislavkutac.com

Foto: stanislavkutac.com
ensuite, November 2011

 

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