Streetdance

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Von Kristina Soldati - «Ka-puera» heisst auf Tupí, der Sprache vor der por­tu­gie­si­schen Kolonisationszeit, «Brachland mit hohem Gras». Doch des­halb wird nicht von einem Feldtanz die Rede sein. Denn ka-puera grenz­te zum Beispiel an den Stadtrand Rio de Janeiros, wo sich die ein­ge­schiff­ten Sklaven, die Plantagenbebauer, ihren mar­gi­na­len Freiraum ertanz­ten. Der Kampftanz Capoeira hat zwar Vorläufer sowohl in der afri­ka­ni­schen Kultur als auch der india­ni­schen aus der Region, aber sei­ne Eigenart ent­wickel­te er unter den Kolonialherren. Den gan­zen Tag von den Plantagenbesitzern drang­sa­liert, kehr­ten sie gern in den Kreis der ihren ein, der wie im Candomblé-Kult, ihrer Religion, sich mit einer Huldigung vor den Musikinstrumenten ein­stimmt. Berimbau, ein Saiteninstrument mit kür­bis­ar­ti­gem Klangkörper gibt den Rhythmus vor. «Es gibt dem Capoeirista die Konzentration, die rich­ti­ge Einstellung; ohne den geht’s nicht», meint Mestre Jairo in Bahia, wo er heu­te noch in den Strassen der Favelas lehrt. Das Fell der Seiltrommel Atabaque wird wie zum Empfang des Segens vom Tänzer berührt, und er betritt die Manege – kopf­un­ter. Mit einem Radschlag begibt er sich in die Kreismitte, der Roda, wo als­bald ein zwei­ter sich dazu­ge­sellt: Auch er berührt die Trommel und ein eigen­ar­ti­ger Dialog beginnt. Dem Martelo(Hammer)-Angriffstritt ent­spricht ein ducken­der Ausweichschritt und ein kon­tern­der Gegenschlag. Ein Scheinkampf ent­steht, der ohne Berührung aus­kommt. Wie im Reigen löst ein neu­er Tänzer per Handschlag den ersten ab, der sich in die Runde der Umstehenden ein­reiht. Der Mestre am Berimbau singt vor, sie wie­der­ho­len den Refrain, ihr syn­ko­pier­tes Klatschen hält das Geschehen wie eine aku­sti­sche Klammer bei­sam­men. Aus der Ginga, dem tie­fen und sta­bi­len Grundschritt, der nach bei­den Seiten wie­der­holt wer­den kann, pre­schen die hals­bre­che­ri­schen Sprünge, aber auch die peit­schen­den Beine her­vor. Genau im Takt der Musik aus­ge­führt, lässt Ginga den Partner berech­nen, wann und woher die näch­ste Gefahr ein­bricht. Im ursprüng­li­chen Capoeira Angola ent­wei­chen dem geduck­ten Schritt gern auch mal Täuschungsmanöver. Malícia, auf deutsch Schläue und Kriegslist, ist ein Wesenszug des Capoeira. Ein Straucheln wird da zum stra­te­gi­schen Schritt. Die Ambivalenz des Capoeira ent­sprach der Strategie der Konfliktbewältigung bra­si­lia­ni­scher Sklaven: Ob Kampfübungen für den Widerstand, Kulttanz oder Strassenspiel, die Kolonialherren konn­ten es nicht ent­schei­den. So wur­de sie von Machtgierigen mal ver­bo­ten, mal instru­men­ta­li­siert. Heute hat Capoeira eine Akademie, eine Rangordnung, welt­weit Anhänger und wird seit Jahren in Frankreich gar an öffent­li­chen Schulen gelehrt.

 Breakdance: Tanz erschafft sei­nen Musikstil Was macht ein begna­de­ter Disk-Jockey, wenn Tanzwillige auf Partys rum­hän­gen bis wie­der gei­le Rhythmen auf­kom­men? Er nimmt die­se Rhythmen und nimmt sie mal zwei. Zwei Plattenteller, zwei glei­che Platten und ein Verstärker waren die Instrumente Kool DJ Hercs aus der Bronx der 70er, um Tanzrhythmen am Leben zu erhal­ten. Kaum ver­klang der letz­te fie­bern­de Beat des einen Vinyl, kurv­te die Nadel schon auf der ande­ren. Der DJ ret­te­te den Drive hin­über, indem er abflau­en­de Songenden (und zöger­li­che Anfänge) kur­zer­hand über­sprang. Meist waren es Schlagzeugsolos (Breaks), die dräng­ten und sich ent­lu­den, wel­che so in meh­re­ren Schleifen (Loops) wie­der­holt wur­den. Diese bil­de­ten den Grundbeat für den Hiphop. Den Beat begehr­te also der Tanz. Die Breaks des DJs lie­fer­ten ihn. Die Lücken, die im Spagat zwi­schen zwei Plattentellern ent­stan­den, stei­ger­ten nur die Spannung zur ersehn­ten Wiederholung. Und die­se füll­ten die tan­zen­den B‑Boys (und Girls) mit manch humor­vol­lem Ausfall. Ein sol­cher Bodenfall brach­te dem ent­ste­hen­den Tanzstil den ersten Bodenkontakt, den sie nie mehr scheu­te; heisst eine Legende. Sonst tanz­te man in der Bronx noch auf­recht: Variationen auf Lindy Hop bzw. Jitterbug (was Zappelphilipp bedeu­tet), Steptanz, Afro-kuba­ni­schen Tanz und Charleston. Der Beat des 4/4‑Takts frass sich aber durch alles hin­durch und der DJ heiz­te mit dem Mikro ein. Er skan­dier­te Kurzreime, wie aus Jamaica gewohnt (Toasts) und schon war der Rap gebo­ren.

Ein ande­rer liess gar die Platten tan­zen: «vor­rück, vor-rück», um den Übergang der Breaks noch in sich zu rhyth­mi­sie­ren. Seit 1975 brem­sten und beschleu­nig­ten so DJ Grandmaster Flashs Finger die Platten, oder «scratch­ten» (kratz­ten) sie, denn der Puls des Beats durch­zuck­te alles. Die Tänzer «break­ten», wenn sie tanz­ten. Und zuneh­mend gen Boden. Bei so viel Animation wur­de man krea­tiv. Im Bronx der feh­den­den Banden und auf­ge­stau­ten Energien kamen die Einfälle mit vol­lem Körpereinsatz. Die Stimmung war heiss, doch heis­ser noch auf den Strassen. Jedes Viertel der Bronx hat­te sei­ne Gang, jedes Fest unter­lag deren Kontrolle. Afrika Bambaataa war Bandenführer der berüch­tig­ten Gang Black Spades, als er Kool Herc 1975 erst­mals hör­te. Zwei Jahre dar­auf besorg­te er sich sein eige­nes Soundsystem und über­nahm Hercs Stil. Seine Gang erlag dem Hiphop-Bann. Und mehr: Der gewalt­frei­en Bewegung Zulu Nation.

 Breakdance: gebän­dig­te oder gebün­del­te Gewalt? Afrika Bambaataa wur­de in sei­ner Kindheit von den tur­bu­len­ten Jahren der schwar­zen Bürgerrechtsbewegung der 60er geprägt. Stolze schwarz-natio­na­li­sti­sche Töne hör­te er eben­so wie die der beken­nen­den Black Muslims am Familientisch. Doch die aus­ge­wo­ge­ne Vielfalt der Plattensammlung sei­ner Mutter von Myriam Makeba, Mighty Sparrow, James Brown bis Sly Stones inte­gra­ti­vem Lied «ever­y­day peo­p­le» form­ten ihn wei­ter. So ies­sen in sei­ne Mitte der 70er gegrün­de­te Zulu-Nation-Bewegung Religionen und Völker ver­söh­nen­de Ideen ein. Er mobi­li­siert aber auch, ganz auf­klä­re­risch, für hin­ter­frag­te Wahrheit – mit einer Prise Esoterik. Sein Motto «posi­tiv & enga­giert» for­der­te erst­mal ganz kon­kret: Drogen‑, Alkoholund Gewaltverzicht. Afrika Bambaataa ist mit der Gründung die­ser Bewegung wohl der spi­ri­tu­el­le Vater des Hiphop. Er syn­ko­pier­te als DJ die begehr­ten Breaks gern mal mit den ein­ge­spiel­ten Reden des schwar­zen Bürgerrechtlers Malcolm X. Tagsüber stell­te er die Lautsprecher ins Fenster, damit die Strassenkinder von der Magie der Black-Power-Musik getrie­ben wur­den weg aus den Fängen der Gangs. Wenn aber wegen sei­ner Flugblätter mit Aufruf zum Drogenverzicht die (oft weis­sen) Dealer-Gangs aus Harlem zu sei­nem Fest anrück­ten, so bra­chen sei­ne B‑Boys wohl zur Not auch mal ein Genick.

Tatsächlich hat­te jedes Viertel sei­nen DJ, sei­ne Breakdancers (B‑Boys). Doch seit Afrika Bambataas pazi­fi­sti­schen und anti­ras­si­sti­schen Aufrufen, konn­ten die­se Jungs Geländegrenzen über­tre­ten, Nachbarsviertel auf­su­chen, sich der Musik nähern und in ihren Kreis bege­ben. In der Manege rie­ben sie den Umstehenden die neu­sten Tricks unter die Nase. In den Höfen und Treppenhäusern wur­de geübt, damit die Replik am näch­sten Tag sass. Jazzy Jay, ein B‑Boy die­ser Zeit erzählt in Jeff Changs Buch über Hiphop, wie sie sich die Glassplitter dabei aus den Händen zogen. «Wir nann­ten das Kriegswunden», berich­tet da ein ande­rer, «du küm­merst Dich’n Dreck drum, sonst bringt’s nix zu brea­k­en». Und ein wei­te­rer: «Und sehr aggres­siv, wirk­lich aggres­siv, so dass ich anfangs dach­te, es sei ein Gang-Tanz». Fordert eine Gruppe eine ande­re im Breaken her­aus – denn ohne Gruppen-Strukturen geht’s nun doch nicht -, nennt man es heu­te noch «batt­len». In der Bronx wur­de gebre­akt statt getanzt, um die Spannung abzu­la­den, Kraft zu demon­strie­ren, den Mehrwert des Körperkapitals im rohen Wettbewerb der Strasse kund­zu­tun. (Und die­ser akro­ba­ti­sche Mehrwert war zu stei­gern…) Matteo aus der legen­dä­ren Rock Steady Crew beschreibt die Anfänge: «Die Gangs, die sich um ein Gelände strit­ten, orga­ni­sier­ten ein Treffen, die bei­den Kriegsführer ‹batt­le­ten›, und der Sieger des Tanzes bestimm­te, wo der Kampf dann aus­ge­tra­gen wer­den soll­te» – denn nicht alle Gangs waren von Bambaataa zu bekeh­ren.

 Mit Stil Trotz aller Aggression, die die Jugend der Armenviertel umher­trug, war es der Beat der Lebensfreude, der in ihnen pul­sier­te und die ver­spiel­te­sten Blüten trieb. Fundamental für das Breaken ist, sich dem Puls ganz zu erge­ben: «You have to ride the beat», meint Ken Swift, der Pionier aus der Bronx. Deshalb geht der Toprock, Schritte im Stand zum Takt oder syn­ko­piert, jedem Breaken vor­aus. Es sind die Fussarbeit im Toprock und der Stil des Oberkörpers, wel­che die unver­wech­sel­ba­re Signatur des ein­zel­nen B‑Boys ver­ra­ten. Das Popping zum Beispiel ist ein Stil, der robo­ter­haft daher­kommt, sich aber ger­ne zu einem flies­sen­den Vorwärtsbewegen kon­tra­stiert, des­sen Gewichtsverlagerung nicht aus­zu­ma­chen ist (der berühmt gewor­de­ne Moonwalk ent­wickel­te sich von hier); oder von einer alle Gelenke über­flu­ten­den Körperwelle erfasst wird. Man kann auch ohne wei­te­res von einer Comic-Figur-Pose in die näch­ste sprin­gen und ver­har­ren, leh­ren die Meister. Je über­ra­schen­der der Einfall, desto will­kom­me­ner. Das Locking wie­der­um ist ein Stil, der gern mit weis­sen Handschuhen vor­ge­tra­gen wird und wie eine gelun­ge­ne Kreuzung zwi­schen Hampelmann und Verkehrspolizist erscheint. Die in alle Lüfte deu­ten­den weis­sen Zeigefinger rüh­ren der Legende nach aus der Zeit des Vietnam-Kriegs: Onkel Sam habe so auf Plakaten rekru­tiert: «I want you!» Zum ande­ren prä­pa­rie­ren die Schritte im Stand den Gang zum Boden und der Beat ist dabei wie die Zündkerze am Motor, die rich­tig por­tio­nier­te Energieentladung für die Spirale abwärts zum Asphalt.

 Breakdance-Welle Ende der 70er sicker­te der Breakdance in Downtown Manhatten ein. Vereinzelte B‑Boys ver­schlug es nach Manhatten, wo sie, von­ein­an­der nichts wis­send, durch Strassen zogen und sich auf­spür­ten. Die so Rekrutierten trai­nier­ten, zogen sich Filme rein und wölb­ten und über­schlu­gen sich bald auch mal nach Kung-Fu-Manier. Alt-Hippies, Künstlerrebellen, Aussteiger und ExFans des Schwarzen Jazz aus New York City erkann­ten die Revolte und das Authentische der Bewegung, Hiphop (der Name exi­stier­te noch nicht) erober­te die Clubs, und die Kunstszene: Künstler auf der Spur der «radi­ka­len Avantgarde», wie sie mein­ten, doku­men­tier­ten den urba­nen Stil im Film Style Wars oder im Handlungs lm Wild Style. Die ame­ri­ka­ni­sche Presse und Unterhaltungsindustrie folg­te ihnen auf dem Fuss und stürz­te sich auf die bizar­ren Früchte, die dem Asphalt ent­wach­sen sind. Wobei mit Platten ein­deu­tig mehr auf dem Markt zu holen war, wes­halb der Tanz auch ins Hintertreffen geriet. Der Dokumentar lm Style Wars film­te als erster den Strassentanz. Ein Jugendlicher namens Crazy Legs begibt sich dort auf alle Viere, über den Sixstep lässt er sei­ne Beine in einem Radius wie eine Uhr um die Achse ren­nen. Sie hüp­fen und über­sprin­gen sich dabei, als ob Stunden- und Minutenzeiger den Sekundenzeiger über­ho­len woll­ten. Die auf­ge­stütz­ten Arme, der sta­bi­li­sie­ren­de Mittelpunkt, müs­sen immer wie­der die rotie­ren­den Beine über­stei­gen. Der Kreisbewegung lässt sich wie dem Wirbel ein Schwung ent­locken, der sich rück­lings bei glei­ten­den Flächen im Backspin (Rückenpirouette) ent­lädt. Das sieht dann aus wie ein Käfer auf dem Rücken mit Drall. Albernheiten scheu­ten die B‑Boys nie. Spass war das Ziel, und so nann­ten sie eine Endpose die­ser Rückendrehung auch mal Baby-Freeze. Klar, ein gefro­re­nes Embryo. Dann erklärt er, wie er statt der Endpose mal ein­fach wei­ter­dreh­te. Und da ein Strudel neben der Zentrifugalkraft auch einen senk­rech­ten Sog ent­wickelt, so kann die Kraft des Backspins bei genü­gend Schwung zwar nicht in die Tiefe, aber in die Höhe ent­wei­chen. Über die Schulter und unter­stützt von den Unterarmen hievt der Junge sich kur­zer­hand in den Kopfstand. Style Wars wur­de 1982 auf New Yorker Fernsehsendern aus­ge­strahlt. Da sie nebst die­sen Strassenkindern auch von Graffiti-Sprayern so sym­pa­thisch kün­de­te, blieb die­se erste Ausstrahlung in New York auch die letz­te. Die Jagd auf die Sprüher wur­de des Bürgermeisters Ehrensache. Dafür wur­de man in Europa emp­fäng­lich. Anfang 1984 sen­de­te das deutsch­spra­chi­ge Fernsehen Style Wars, was zur Einladung der betrof­fe­nen B‑Boys Dynamic Rockers führ­te ins «Aktuelle Sportstudio». Denn zur Kunst gekürt war Breakdance noch lan­ge nicht. Filme wie Wild Style oder Beat Style wur­den zu Kult lmen, beson­ders im Osten, wo der Nachrichtendienst nach anfäng­li­cher Skepsis bald die Kapitalismuskritik des Ghettos roch und ihrer Arbeiterklasse schmack­haft mach­te. Manche B‑Boys dort zehr­ten ein Dutzend mal, nähr­ten die mit­zucken­den Beine und spra­chen dazu die Reime. Eine wah­re Welle erfass­te Europa.

Eins neun acht drei (1983)/
seit dem bin ich dabei/
frü­her war Breakdance mehr als Poserei/
damals noch in Strassen zu sehen/
B‑Girls & Boys die gaben zu verstehen/
jetzt wird sich’s nur um’s Tanzen drehn!

So skan­diert Storm, der gros­se deut­sche Breaker der ersten Generation, rück­blickend.

Noch ein Jahr frü­her, bevor das erste beweg­te Bild aus Übersee ein­traf, hat­te sich in Zürich eine klei­ne Szene gebil­det, als die loka­le Tanzschule Jazzeria in New York einen Wettbewerb aus­schrieb und der erste Preis die Lehrtätigkeit an der Jazzeria war.

In Frankreich star­te­te Hiphop erst auf Radio7, 1984 schlug die Reihe «Hiphop» auf TF1 mit der Paris-City-Breakeurs-Tanzgruppe ein, in den Banlieus eber­te man den Rhythmus. Ähnlich in den eng­li­schen Arbeiterstädten Nottingham und Manchester oder dem ehe­ma­li­gen Sklavenumschlagsplatz Bristol. Doch als Breakdance in England die High Society in der Royal Variety Show unter­hielt, in Deutschland die Chips kau­en­den Fernsehzuschauer in «Breakdance mach mit, bleibt» anre­gen soll­te, ist die Welle über­ge­schwappt und ent­liess die B‑Boys wie­der in den Untergrund. Das Interesse flau­te ab, Breakdance hat­te medi­al aus­ge­dient. Die Pariser B‑Boys wur­den 1985 in der Metro gefragt, ob sie denn gera­de dem Museum ent­ka­men. Viele gaben hier auf. Die Hartgesottenen übten aber unbe­irrt wei­ter, durch­quer­ten Länder (das Tramperticket kam auf), um bei kaum ange­kün­de­ten Jams auf­zu­kreu­zen. Die Gesichter kann­te man lang­sam, die frisch erfun­de­nen Tricks aber noch nicht. Die Stimmung war cool und man tausch­te die letz­ten Erfindungen aus. Klauen gilt nicht, man tanz­te hier sowie­so um Respekt und Ruf. Seit in den 90ern die Jams sich zuneh­men­der Beliebtheit erfreu­en und zu Battle-of-the-Year oder Wettbewerben aus­wuch­sen, geht es nur noch um’s Gewinnen oder Verlieren. Die Zuschauer sind hin­ter Videokameras ver­schanzt und statt zucken­der Beine geht nur ihr Daumen hoch oder run­ter. Hier ist der Zeitpunkt, sich der Zwischenschritte und ihres «Flavours» wie­der zu ent­sin­nen, meint der alt­ge­sot­te­ne Breaker Storm (und mehr­fa­cher (Welt-)Meister): «Auf den Tanzmeisterschaften kann man mit den übel­sten Schritten per­fekt auf die Breaks kom­men und kei­ner regi­striert es. Dann kommt einer mit einer Powermove-Combo und der Saal tobt». Das ist also die Kritik der Old-School-Favoriten an die New-School-Anhänger: Die Old-School-Werte sind ver­ra­ten! Gewinnsucht statt Stil. Der Hiphop der Zulu-Nation-Ideale mit dem gemein­schaft­li­chen und posi­ti­ven Denken sei durch den Kommerz ver­kom­men. Massenverträglich und gewalt­ver­liebt wie der Gangsta-Rap, voll «bling-bling!» und gold­ket­tenum­han­gen ver­der­be die New School in den Videoclips unse­re Jugend.

Und wenn da was dran wär? Es liegt an der Hiphop-Generation von heu­te, die Videoclip-Ethik und ‑Ästhetik Lügen zu stra­fen.

Capoeira und Breakdance: Die Strasse als (Tanz-)Raum für Arme und spon­ta­ner Versammlungsort mach­te den Tanz gesel­lig, aber auch wehr­haft ein Zufall?

Bild: zVg.
ensuite, September 2008

 

 

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