Da steppt der B‑reakdance-är

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Just als man meint, die Vorstellung nei­ge sich ihrem Ende, fällt sie vom Himmel: Die Schuhschachtel. Ob mit der aktu­el­len Show der Stylize Productions, «Outside the Box», tat­säch­lich von die­ser Box die Rede ist, wird wohl ein Geheimnis blei­ben. Klar wird hin­ge­gen, dass auf der Seebühne heu­te Abend nur eine uni­ver­sel­le Sprache gespro­chen wird: Körpersprache.

Ein Herz, das schlägt, ist ein Herz, das vor­an­schrei­tet

Steppende Füsse, zucken­de Beine, rhyth­mi­sche Sprechgesänge; hier gibt nicht nur die Musik den Takt an. Obwohl die lau­ten, dump­fen Beats in der ersten Hälfte der Vorstellung über­hand neh­men, bewei­sen die b‑boys (also: Breakdancer) im zwei­ten Teil, dass sie auch ohne die­se aus­kom­men. Überhaupt ist die musi­ka­li­sche Begleitung, wenn vor­han­den, in die­ser Tanzvorführung aty­pisch: Die wum­mern­den Instrumentals erin­nern eher an Dub und Trip Hop denn an coo­len Gangsta-Rap.

Das heisst aller­dings nicht, dass hier nicht gepo­sed wird. Im Gegenteil: Jungs wol­len Mädchen beein­drucken und Herausforderer in Dance Battles besie­gen. Doch statt lau­ten Machtkämpfen schei­nen die sechs Tänzer und zwei Tänzerinnen einen Reigen zu tan­zen. Aber wer gibt hier den Takt an? Mal Er, dann Sie, dann ein ande­rer, dann die Musik und am Ende, wer weiss, viel­leicht sogar die wogen­den Wellen unter der Seebühne.

Taktsicher auf lei­sen Sohlen

Es ist mutig und geschickt, wie sich die­se jun­gen Tänzer und Tänzerinnen auf lei­sen Sohlen an das offen­sicht­lich im Zentrum ste­hen­de Thema der «Verschiedenartigkeit» her­an­wa­gen. So tanzt der b‑boy mit dem Steptänzer und der Schüler gegen sei­nen Lehrer; der schlack­si­ge Robodancer mit sich selbst und die drei takt­si­che­ren Tänzer mit der Perkussion. Tanz ist Umarmung, Tanz ist Versöhnung – Can you feel the beat?

Ob Herz- oder Stromschlag, die­se acht zucken­den Körper sind rast­los und doch erstaun­lich locker. Sie sind Action und Pause zur glei­chen Zeit, sie wol­len nach vor­ne und bre­chen doch nach hin­ten aus. Eine Zerrissenheit, die auf die­se Generation zie­len mag oder auch auf die­se Zeit, die alles for­dert und wenig Gelegenheit bie­tet zum Innehalten.

Viele Tänze, eine Einheit

Bewegung setzt Energie frei. Die Energie, die von den Zürchern der Stylize Productions heu­te aus­geht, ist posi­tiv und schein­bar uner­schöpf­lich. So fliesst eine Bewegung in die näch­ste, eine Sprache wird in die ande­re über­setzt. Wiederholungen sind hier Programm, sie brin­gen Ordnung und schaf­fen Orientierungshilfe.

Think out­side the Box. Den Rahmen spren­gen, die Grenzen ver­schie­ben. Letztendlich geht es den Bewegungskünstlern also um Akzeptanz. Denn wel­cher Stil auch getanzt, wel­che Musik gespielt wird – solan­ge die Körper sich zum Schlag des Herzens bewe­gen, ver­schmel­zen sie zur Einheit. Und wer nicht zu ver­ste­hen scheint, wie der letz­te Künstler, der heu­te die Bühne betritt, der soll nach oben schau­en. Denn im Nu fällt schon wie­der eine Box vom Himmel. Was auch immer sie ver­ber­gen mag – auch sie wird eine unbe­kann­te Welt offen­ba­ren. Nur Mut, jun­ger Tänzer, lass dei­nen Körper spre­chen.

Copyright © 2011 Kulturkritik • Kritische Stimmen zum Zürcher Kulturgeschehen Kulturkritik.ch ist ein Projekt der Plattform Kulturpublizistik • Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)

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