Von Fabienne Naegeli – Das Weltalm-Theater zeigt „Das doppelte Lottchen“ von Erich Kästner in einer berndeutsch-wienerischen Fassung.
Alleinerziehende Mütter und Väter, Groß- und Kleinfamilien, Pflege‑, Adoptiv‑, Regenbogen- und Patchwork-Familien gehören heute zum Alltagsbild. Die romantische Idealvorstellung der „klassischen“, bürgerlichen Familie – ein Konzept aus dem 19. Jahrhundert – steht auf dem Prüfstand. Die Scheidungshäufigkeit hat in den letzten Jahren zugenommen. Familienstrukturen wandeln sich und eine Pluralisierung der Lebensformen findet statt.
Luise Palfy ist neun Jahre alt, wild, frech, keck und hat so gar keine Manieren. Mit ihrem neurotischen Vater Ludwig Palfy, einem Komponisten, Klangforscher und Banjo-Spieler, der sich mit ‚Neuer Musik’ beschäftigt, lebt sie in einer chaotischen Wohnung in Wien. Vaters komische Geräuschmusik mag Luise nicht wirklich. Im Spitzmaus-Ferienlager trifft sie auf die gleichaltrige Lotte Körner. Die brave und gewissenhafte Lotte lebt mit ihrer Mutter Liselotte Körner, einer Hutmacherin, in Bern. Voller Schrecken stellen die beiden Mädchen fest, dass sie sich zum verwechseln ähnlich sehen. Zudem feiern sie beide am vierzehnten Oktober Geburtstag. Sie müssen also Zwillinge sein.
Nachdem sie das von ihren Eltern streng gehütete Geheimnis gelüftet haben, schmieden die zwei den Plan ihre Leben zu tauschen, um den unbekannten Elternteil kennen zu lernen und ihren Wunsch als Schwestern beisammen zu sein zu verwirklichen. Die Sprache der jeweils anderen muss eingeübt und bei der Abreise Lagerleiter Joachim getäuscht werden. Der Rollenwechsel gelingt. Und so landet Luise bei ihrer Mutter in Bern und Lotte kehrt heim nach Wien zum völlig ahnungslosen Vater. Doch wie kommen die Mädchen in der anderen Welt zurecht?
Hund Peperl wird schon bei der Begrüßung misstrauisch und Frau Körner wundert sich, weshalb ihre Tochter plötzlich so seltsam spricht. Als sie dann noch einen brandschwarzen Kuchen bäckt, ist die Mutter völlig irritiert. Auch Vater Ludwig ist überrascht von seiner Tochter, die sich auf einmal für seine Musik interessiert. Lottes und Luises Plan der Familienzusammenführung droht jedoch zu scheitern, als die neue Freundin des Vaters diesem von einer freien Dozentenstelle in Russland berichtet. Noch weiter voneinander wegziehen zu müssen, verängstigt Lotte so sehr, dass sie krank wird. Was nun? Schaffen es die beiden Schwestern trotz allem, dass die Familie wieder zusammenfindet? Wie reagieren die Eltern, wenn sie den Tausch ihrer Kinder bemerken? Und wie kann eine zukünftige, gemeinsame Familienorganisation aussehen?
Das Theaterkollektiv Weltalm, welches kürzlich von der Stadt Bern eine dreijährige Ensemble-Förderung erhalten hat, möchte mit seiner zeitgenössischen Adaption von Erich Kästners abenteuerlicher Verwechslungskomödie „Das doppelte Lottchen“ thematisieren, wie eine getrennt lebende Familie einen versöhnlichen Weg findet wieder zusammenzurücken. Denn auch wenn sich die Eltern scheiden liessen, das Ur-Gefühl eine Familie zu sein bleibt.
Für Kinder ab 8 Jahren
8.3., 18:00 Uhr, 9./10.3. und 16./17.3., 16:00 Uhr, im Schlachthaus Theater, Bern
21.12., 17 Uhr und 22.12., 11 Uhr, im Theater Tuchlaube, Aarau
Mit Leopold Altenburg, Dominique Jann, Dorothée Müggler, Sissi Noé, Priska Praxmarer. Regie: Liliane Steffen. Ausstattung & Grafik: Sibylla Walpen. Musik: Frank Gerber. Licht & Technik: Andy Giger & Ilana Walker.





