Sachbücher: Wie Tattoos Mainstream wur­den … «WEAR YOUR DREAMS»

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Joel Selvin, Ed Hardy: WEAR YOUR DREAMS – Träume, T‑Shirts und Tattoos, Metrolit Verlag

Von Sabine Hunziker – Beim Stichwort Ed Hardy denkt man zuerst an Energy Drinks oder T‑Shirts – alle mit klas­si­schen Tattoos bedruckt und grell kolo­riert. Daran ist der Tätowierer Ed Hardy selbst schuld. Über den Tisch gezo­gen von Modevisionär Christian Audigier, der schon zuvor mit der Marke «Von Dutch» ein Vermögen gemacht hat­te, haben sich für Hardy zwar auch Türen geöff­net, dafür aber vie­le Pforten im Tattoo-Himmel geschlos­sen. Es gibt ver­schie­de­ne Meinungen dar­über, ob Tattoos «salon­fä­hig» gemacht und Teil der Popkultur sein sol­len. Fakt ist, es hat ein Umbruch statt­ge­fun­den: Wo man frü­her in den Studios erst in 3 Monaten für einen Termin antre­ten konn­te – um die Motivwahl zu über­den­ken – ist das Stechen eines Bildes heu­te in ein paar Tagen zu einem gün­sti­gen Preis mög­lich. Folge davon ist, dass sich eine Vielzahl von Bildern um die Gliedmassen der Leute ran­ken – gut sicht­bar, jetzt im Sommer.

Ed Hardy hat mit sei­ner Geschichte eine histo­ri­sche Aufarbeitung für die­se Entwicklung gelie­fert. Noch als Kind zeich­ne­te er mit Kugelschreiber sei­nen Klassenkameraden Bilder auf die Haut. Tattoo-Shops gab es damals fast nur in Vergnügungsmeilen: Soldaten lies­sen sich klei­ne Andenken ver­ewi­gen, und Kunden wie Hell’s Angels oder Hippies hin­gen auf den Wartebänken vor den gepol­ster­ten Liegesesseln her­um. Der jun­ge Hardy mach­te einen Umweg über ein Kunststudium, um dann ins Geschäft ein­zu­stei­gen. Er erleb­te mit, dass Tattoos lang­sam zum Mainstream wur­den. Sein Beitrag dazu war nicht unbe­deu­tend. Immer expe­ri­men­tier­te er mit Möglichkeiten der Technik, und ver­fei­ner­te auch die Motive zur Kunstform. Durch sei­ne Ausbildung brach­te Ed Hardy das Bewusstsein in die Szene, dass man das Wissen zu den Tattoos, ihren Techniken und Motiven sam­meln und der Gesellschaft zugäng­lich machen soll. Alles hat eine Geschichte und Herkunft, eine Vielfalt ist da, die, ver­gäng­lich, ver­schwin­den kann. Wie ein Ethnologe im eige­nen Land ging er dabei vor, und fand mit der Zeit im US-Amerikanischen Schmelztopf neben Klassikern wie dem Adler, Herzen oder einem Tiger auch eine Menge Einflüsse von ande­ren Kontinenten. Studien führ­ten Hardy auch in Ursprungsländer wie Japan, wo Tätowierungen in fer­ner Zeiten noch ver­dient, «erlit­ten» wur­den.

Hardys Versuch, das Tätowierhandwerk zu einer Kunstform zu erhe­ben, gelang nur punk­tu­ell. Durch sei­ne Arbeit in Form von Büchern, in Zeitschriften und an Messen wur­den die Traditionen der Outlaws einer gros­sen Öffentlichkeit zugäng­lich. Dieses Engagement über­deck­te aber die Falle der Kommerzialisierung etwas, in die Ed Hardy immer wie­der tapp­te. Seine Biographie ist ein unver­zicht­ba­res Geschichtsbuch zum Tätowierhandwerk.


 

Publiziert: ensuite Nr. 140,  August 2014

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