Ressort: Film & Kino

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Von Sandro Wiedmer – Immer wie­der gibt es Anzeichen dafür, dass der Autor Thomas Pynchon tat­säch­lich exi­stiert. Obschon er es seit den frü­hen 60er-Jahren geschafft hat, sich voll­stän­dig aus der Öffentlichkeit zu ver­ab­schie­den, sich zur leben­den Legende zu machen. Keine Facebook-Seite für die­sen Mann, wohl aber viel Spott und Hohn von sei­ner Seite über eine Gesellschaft, die sich in «Social Networks» tum­melt, gera­de im letz­tes Jahr erschie­ne­nen Roman «Bleeding Edge». Wer ihn sucht, fin­det ihn nicht, wer ihn kennt, sagt es nicht, die per­fek­te Anonymität. Bekannt ist, dass er 1937 gebo­ren wur­de, Physik stu­dier­te, das Studium unter­brach um 1955 bis ’57 in der US-Navy zu die­nen, danach ein Literaturstudium begann (u.a. besuch­te er Vorlesungen von Vladimir Nabokov), bevor er tech­ni­sche Schriften für Boeing ver­fass­te. Nach ver­schie­de­nen Kurzgeschichten ver­öf­fent­lich­te er 1963 sei­nen ersten Roman «V.», wor­in er bereits sei­ne Gabe offen­bar­te, geschicht­li­che Fakten mit oft ins Surreale abglei­ten­der Fiktion zu ver­bin­den. Sein bekann­te­ster Roman dürf­te «Gravity’s Rainbow» (1973) sein, eine irr­wit­zi­ge Beschreibung davon, wie wenig das Ende des 2. Weltkrieges einen Frieden bedeu­tet hat­te. – Nun also, end­lich, hat sich jemand dar­an gemacht, einen Pynchon-Roman zu ver­fil­men: sein vor­letz­tes Opus «Inherent Vice» (2009) ist von Paul Thomas Anderson («Boogie Nights», «There Will Be Blood», «The Master») ver­filmt wor­den. Das Buch, von der Kritik als eines sei­ner zugäng­li­che­ren Werke bezeich­net, lässt, mit dem Hintergrund der Manson-Morde und der Watts-Riots, in den 70er-Jahren den dau­er-bekiff­ten Privatdetektiv Larry «Doc» Sportello auf einen Auftrag hin eine ver­schwun­de­ne, ehe­ma­li­ge Freundin suchen, wobei er in aller­lei schrä­ge Korruptions- und Verschwörungsgeschichten gestürzt wird. Der Film wird denn auch schon beschrie­ben als Mischung aus «The Big Lebowski» (1998) der Coen-Brüder und Raymond Chandlers mehr­mals ver­film­tem «The Long Goodbye», der unter ande­ren von Robert Altman auf die Leinwand gebracht wor­den ist (1973). Die Hauptrolle spielt Joaquin Phoenix, der schon in «The Master» geglänzt hat, in wei­te­ren Rollen wer­den u.a. Josh Brolin, Reese Whitherspoon, Benicio Del Toro, Eric Roberts und Owen Wilson zu sehen sein – und die Harfenistin Joanna Newsom. Dem Vernehmen nach ist das Skript vom Autor der Vorlage abge­seg­net wor­den. – Soeben wur­de bekannt, dass das renom­mier­te Tribeca-Festival in New York den Film am 4. Oktober mit der Welt-Premiere beeh­ren wird. Der Filmstart ist auf den 12. Dezember ange­setzt (USA), in der Schweiz wird es Anfang März 2015. Pynchon-Fans sit­zen schon jetzt auf der Stuhlkante.

 

Publiziert: ensuite Nr. 140,  August 2014

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