no cash? no cash!

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[Menschen und Medien im April] Alle Welt wet­tert gegen die Schweiz, wir sei­en eine Steueroase. Und wir win­seln unter dem inter­na­tio­na­len Druck, dabei soll­ten wir eigent­lich stolz sein dar­auf. Andere Länder bie­ten sich als üble­re Dinge an: Umweltverschmutzungsgärten, Pädophilenparadiese, Touristenmörderlöcher, Atomsümpfe oder ein­fach Krisenkriegsberge. Da ist die Schweiz als Steueroase doch eine Prachtsferiendestination. Ich wür­de das als «Schweiz Tourismus» zele­brie­ren – das holt uns hui aus dem Finanzloch und beschert uns gute Übernachtungszahlen.

Doch ohne Cash, kein Cash. Schon vor einem Jahr wur­de uns von Ringier pro­phe­tet, dass sie «Cash» ins Internet ver­ban­nen wol­len. Trend zu Multimedia – das ist der Slogan. Und in die­sem Jahr kommt er wie­der: «Cash Daily» wird mul­ti­me­di­al. Es fragt sich aller­dings, wie lan­ge sich «Cash» als Titel noch hal­ten kann. Eine rein mul­ti­me­dia­le Lösung lebt ja auch nur vom Werbegeld. Und genau die­ses bleibt im mul­ti­me­dia­len Markt noch weit weg. Das weiss unter­des­sen sogar die SRG. Eine gesun­de Zeitung lebt von einem Drittel Abonnenten und zwei Drittel Werbung. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Es ist eine Formel wie zum Beispiel der «Goldene Schnitt». Und es klin­gelt bereits: Gratiszeitungen haben kei­ne Abonnenten!

«Cash Daily» wur­de im Herbst 2006, also vor zwei­ein­halb Jahren, gestar­tet. Ringier hat das Gratisblatt noch genau im Endstadion der Investmentzeit ster­ben las­sen. Wir erin­nern: Ein Medientitel braucht drei Jahre, um auf dem Markt bestehen zu kön­nen. Die Wochenzeitung «Cash» wur­de 1989 gebaut und hat bis 2000 Geld ein­ge­spielt. Danach kamen die roten Jahre, die Zeitung ging berg­ab – viel­leicht wegen ihr auch die Wirtschaft. Es ist doch ein inter­es­san­ter Gedanke, eine zu kur­ze Wäscheleine noch zwei­mal zu schnei­den, um fest­zu­stel­len, dass sie nicht län­ger wird. Wer einen sol­chen Kurs denkt, muss schei­tern. Mit «Cash Daily», dem täg­li­chen Gratisblatt, konn­te sich der Inseratemarkt nicht ver­viel­fäl­ti­gen. Die Frage war nur, wie lan­ge hält der Verlag das aus? Zuerst strich man die Wochenzeitung, jetzt die Tageszeitung – mor­gen die Multimedialität. Das Problem ist, dass die Verlage am Publikum vor­bei­pro­du­zie­ren. Sie den­ken nur noch in Kostenstellen, der redak­tio­nel­le Inhalt ist schon län­ger gestor­ben.

Aber ich bedaue­re die cash­lo­se Zeit, die jetzt kom­men wird. Irgendwann in mei­ner Nachjugendphase war ich sogar Abonnent von Cash. Ich ver­su­che nach mei­ner Kaufmännischen Ausbildung eine Ahnung zu krie­gen, was «Business» eigent­lich ist. Mit «Cash» unter dem Arm fühl­te ich mich gesund. Gelesen habe ich sie zwar nie wirk­lich – oder zumin­dest nicht ver­stan­den. Aber ich traue­re jedem Versuch von ernst­haf­tem Wirtschaftsjournalismus nach. Die heu­ti­gen Tageszeitungen for­mu­lie­ren grund­sätz­lich nur vor­be­rei­te­te Pressetexte neu.

Sie kön­nen einen Test machen: Jede Firma, über die in einer Tageszeitung berich­tet wird und in dem die Worte Restrukturierung, Optimierung und Gewinn vor­kom­men, wird ein hal­bes Jahr spä­ter ver­kauft oder an der Börse gehan­delt. Was in der Zeitung publi­ziert wird, ver­än­dert den Aktienkurs. Jede Positivmeldung hat also die Absicht,
an der Börse eine Kursveränderung her­vor­zu­ru­fen oder aber den Markt zu testen! Auch das gibt es… Wirtschaftsjournalismus müss­te Fragen stel­len, Betriebe ana­ly­sie­ren und hin­ter die Kulissen schau­en. Doch wir LeserInnen erhal­ten immer nur die Chefs und PR-Abteilungen zu hören. Der Rest wird uns pein­lichst ver­schwie­gen.

«Cash» ist tot und die auf­mun­tern­den Worte von Marc Walder, Geschäftsführer Ringier Schweiz, dass cash.ch, cash TV, WebTV und die mobi­len Applikationen für  wirt­schafts­in­for­ma­tio­nen «gera­de­zu prä­de­sti­niert für eine Verbreitung via Internet und mobi­le Anwendungen» sind, hat mehr mit Glauben und Wünschen zu tun, als mit Wissen. So viel Geld kann ein vir­tu­el­les Business nicht mehr ein­spie­len. Wenn wir also «Cash» in Erinnerung behal­ten wol­len, so müss­te etwas Beständiges zurück­blei­ben. Ein Musikalbum wäre schon ein Anfang…(Anlehnung an den vor 6 Jahren ver­tor­be­nen Johnny Cash / Cartoonillustration im Originaltext vom ensuite April 2009)

Lukas Vogelsang

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