Gamebois

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Von Ruth Kofmel – Die zwei dem Soul zuge­neig­ten Jungs von den Gamebois haben nach ihrem Erstling «If I Ever» ihr neu­es Album «Loops» nach­ge­legt.

Der Entstehungsprozess die­ser Band ist viel­leicht ein gutes Beispiel dafür, wie die Musikförderung in der Schweiz im Idealfall Antrieb sein kann, an einer Sache dran zu blei­ben. 2007 schu­fen die zwei einen Song, «If I Ever», und die­ser Song gewann bei M4 Music auf Anhieb einen Preis. Das will jetzt nicht heis­sen, dass sie ohne die­sen Preis nicht an ihrem Projekt dran geblie­ben wären – aber, wie Pablo sagt: «Es moti­viert, dem eige­nen Traum nach­zu­ja­gen». Nahtlos ging es für die zwei in die­ser Art wei­ter: Mehrere Preise und Auszeichnungen folg­ten, sie wur­den auf den wich­ti­gen Radiosendern rauf und run­ter gespielt, und bestrit­ten zahl­rei­che Konzerte in den ange­sag­ten Clubs und an Open Airs.

Wenn ich in irgend­ei­ner die­ser Jurys sit­zen wür­de, die die­se Preise ver­lei­hen, wür­de mich vor allem eine Frage inter­es­sie­ren: Hat sich die­se Band wei­ter ent­wickelt, haben sie ihr Potential aus­ge­schöpft, ihren Stil gefun­den? Die Juroren kön­nen sich in dem Fall getrost zurück­leh­nen. Ich wür­de zwar nicht behaup­ten, dass die­se Band wirk­lich schon ihr Potential aus­ge­schöpft hat. Einige der Songs las­sen etwas mehr Profil ver­mis­sen; sie klin­gen wie irgend­ein auf DRS3 gespiel­tes Lied, und selbst­ver­ständ­lich ist das auf der ande­ren Seite auch sehr gut – so radio­taug­lich zu pro­du­zie­ren, ist ja auch nicht ein­fach zu bewerk­stel­li­gen. Nur traue ich den zwei­en eigent­lich noch mehr Eigenständigkeit zu, vor allem die Beats und Arrangements las­sen da noch Entwicklungspotential erah­nen. Alles in Allem haben die Gamebois seit ihrem Erstling aber einen gros­sen Sprung getan. «Loops» kommt sehr pro­fes­sio­nell daher und braucht sich nicht zu ver­stecken. Kasongo singt ver­spielt, viel­sei­tig und rhyth­misch abso­lut sat­tel­fest. Textlich lies­se sich wohl noch etwas mehr Schwung rein­brin­gen – ein paar der Lines sind arg über­stra­pa­ziert. Pablo Nouvelle wird mit dem Tempo, das er vor­legt, in eini­gen Jahren ein stil­si­che­rer und viel­sei­ti­ger Produzent sein, und die Gamebois mit ihrer zehn­köp­fi­gen Band viel­leicht auf Welttournee.

Wie seid ihr zu eurem Namen gekom­men?

Kasongo: Es war offen­sicht­lich, dass wir uns GAMEBOIS nen­nen wür­den, da wir jeden Tag damit spiel­ten und es heu­te noch tun.

Pablo: Der Gameboy ist ein Symbol unse­rer Generation. Er defi­niert ein Stück weit unse­re Kindheit und Jugend. Wir dach­ten zurück an die Anfänge. An den alten, ersten Gameboy, wel­chen wir übri­gens heu­te noch mit uns rum­tra­gen, an die erste Nintendo Konsole NES, oder natür­lich an Mariokart auf dem Nintendo 64. So kamen wir auf den Namen.

Ihr kommt ursprüng­lich eher vom Hip Hop her, wie seid ihr beim Soul gelan­det?

Kasongo: Nein, Soul war schon immer mit uns, in mei­ner Kindheit stan­den etli­che Soul Platten im Regal mei­ner Eltern. Da gab es im Hip Hop erst The Fat Boys, die Sugar Hill Gang und LL Cool J.

Pablo: Ich hat­te da schon mehr mit Hip Hop zu tun, als Teenie: Rappen, Beats machen, Sprayen. Aber ich hat­te mich nie auf das redu­ziert. Hip Hop war nur etwas von vie­lem. Ich den­ke, wer bei Hip Hop ansetzt und tie­fer gräbt, lan­det auto­ma­tisch beim Soul. So erging es mir.

Wird es euch selbst nie zu süss?

Kasongo: Nein, von wun­der­schö­nen Ladies am Bühnenrand träumt doch jeder oder?!

Pablo: Mir kann es nie süss genug sein – hat mei­ne Mutter schon vor 10 Jahren gesagt. Echt jetzt, ich weiss nicht, ob sie damit Frauen gemeint hat.

Die Musik ist sehr ver­spielt, oft wer­den Sounds stark über­zeich­net, so dass es wit­zig, iro­nisch wirkt. Ein bewusst ein­ge­setz­tes Stil-Element?

Kasongo: Ja!

Pablo: Nein!

Wie ent­ste­hen die Songs? Wie funk­tio­niert eure Zusammenarbeit?

Kasongo: Ich rufe Pablo an und schrei ihm ins Ohr: «Ich brau­che neue Beats!» Er sitzt sowie­so jeden Tag im (Home)Studio. Dann schreib ich was dar­über und in einem wei­te­ren Schritt ergän­zen wir den Song mit wei­te­ren Ideen.

Oder wir machen Jamsessions, ein­fach mal drauf los, «Left» ist zum Beispiel so ent­stan­den.

Pablo: «Left» ist über­haupt nicht so ent­stan­den. Ich arbei­te Tag und Nacht an der Musik. Ich kann nicht anders. Ich muss das machen. Und wenn ich eine neue Skizze habe, gebe ich die roh, wie sie ist, an Kasongo wei­ter, fei­le sie aus, oder brin­ge sie mit in den Proberaum. Wie ein roher Diamant, wel­cher nach lan­gem schlei­fen irgend­wann zu glän­zen beginnt. So gesche­hen mit «Left».

Ihr habt sehr bald die ersten Auszeichnungen und Preise bekom­men. Was hat euch das gebracht?

Kasongo: Geld.

Pablo: Und Airplays, und über Umwege einen Plattenvertrag, Beachtung und Halligalli.
Aber vor allem die Motivation wei­ter zu machen, dem eige­nen Traum nach­zu­ja­gen!

Hat die­se Art der Förderung auch Nachteile?

Kasongo: Förderung von jun­gen Musikern ist doch immer gut! Leider gibt es dann und wann auch Verlierer, also z.B. die Bands, die nicht berück­sich­tigt wer­den. Aber über­all im Leben musst du um dei­ne Position kämp­fen, und es kom­men immer neue Herausforderungen, und Chancen.

Pablo: Es ist schon Fragwürdig, wenn Musik immer mehr zum Wettkampf wird. Preise, Contests, etc. etc. Vielleicht lei­det auch die Vielfalt. Es gibt ja doch kla­re Richtlinien was kom­mer­zi­ell funk­tio­niert und geför­dert wird und was nicht…

Wir sind halt in der glück­li­chen Situation, dass unser Soulfood den Anforderungen all die­ser Preisverleiher und Förderer ent­spricht, ohne das wir uns ver­bie­gen müs­sen.

Insgesamt ist die Musik elek­tro­ni­scher gewor­den, man­che Songs ten­die­ren stark Richtung Dancefloor. Wollt ihr weg vom Schlafzimmer und mehr in den Club?

Kasongo: Vor dem Schlafzimmer kommt der Club. Eigentlich nicht: Was wir woll­ten ist mehr Abwechslung, und mehr Tempounterschiede. Ich den­ke, wir sind immer noch in einer Testphase, so wie die NASA vor der ersten Mondlandung.

Pablo: Aber die Landung wird defi­ni­tiv bald erfol­gen. Und hof­fent­lich nicht all­zu sanft, son­dern so rich­tig fett ein­schla­gen.

Die neue CD klingt sehr viel pro­fes­sio­nel­ler. Könnt ihr bei der Live-Umsetzung die­sen hohen Standard bei­be­hal­ten?

Pablo: Danke! Ich den­ke schon. Wir haben rie­sen Schritte gemacht. Als wir 2008 «If I Ever» ver­öf­fent­lich­ten, waren wir noch nie mit einer Band auf der Bühne gestan­den. Heute haben wir unzäh­li­ge Gigs zusam­men gespielt, haben ton­nen­wei­se Erfahrungen gesam­melt und sind zu einer Familie zusam­men­ge­wach­sen. Diese Energie wird man heu­te an unse­ren Liveshows defi­ni­tiv zu spü­ren bekom­men.

Ihr habt einen Song für die Reithallen-Compilation bei­gesteu­ert. Was ver­bin­det euch mit die­sem Ort?

Kasongo: Drum‹n‹Bass Parties. Hip Hop Parties. Jugendzeit. Die Offenheit gegen­über Menschen mit ver­schie­de­nen kul­tu­rel­len Hintergründen ist gross, egal aus wel­cher sozia­len Schicht sie kom­men mögen. Auch wenn es Leute anzieht, die eher destruk­tiv unter­wegs sind – die Reithalle hat für mich in Bern immer eine Einzigartigkeit aus­ge­strahlt.

Pablo: Die Reithalle ist aus Bern nicht weg zu den­ken. Steht ja da auch schon län­ger als ich. Für mich ist es ein Ort für legen­dä­re Konzerte, Kultur und gute Parties. Ich hof­fe dass auch der hin­ter­letz­te Stadtberner sein Füdlä an die Urne schleipft, damit das auch so bleibt!!

Ihr könnt euch eure Traumband zusam­men­stel­len – wer spielt mit?

Kasongo: Am Bass MeShell Ndegeocello oder Pino Paladino, on the Drums Steve Jordan, Questlove oder Ali Shaheed Mohammed (Beatmacher von «A Tribe Called Quest»), on Guitar Prince oder John Mayer, Background Singers: Stevie Wonder, Marvin Gaye und Aretha Franklin, und als Sub Michael Jackson, wobei MeShell und Prince auch ein­sprin­gen könn­ten.
Pablo: Vox: Kasongo; Guitar: Jonas Enkerli; Bass: Andreas Aeberhart; Drums: Christian Maurer – Ich lie­be mei­ne Jungs!!

Foto: zVg.
ensuite, September 2010

 

 

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