Faschisten, Papageie und besof­fe­ne Ratten

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Von Sarah Stähli - «Mensch und Tier begeg­nen sich in selt­sa­mer Manier», meint der Autor Matto Kämpf und er weiss, von was er redet. Über Jahre hin­weg hat er Episoden über kurio­se Begegnungen zwi­schen Menschen und Tieren gesam­melt: «Vermischte Meldungen» aus der Zeitung, Berichte aus der Forschung und Experiment-Anordnungen, Erzählungen von Freunden oder selbst Erlebtes. Manchmal sei es auch ein­fach eine Vorstellung, die ihm gefal­len habe, wie zum Beispiel bei der Geschichte «Im Zoo», in der Soldaten mit ihren Fallschirmen in die Gehege eines Zoos fal­len: «Krieg allein ist ja schon scheis­se genug, dann fällst noch in einen Zoo». Kämpf hat die Anekdoten immer wei­ter gespon­nen bis sie «skur­ril, absurd, gro­tesk, ‹mat­toesk› wur­den.»

Von Polarforschern, die sich kurz vor dem Erfrieren an Robben klam­mern oder einen Eisbären umar­men, ist die Rede, von maso­chi­stisch ver­an­lag­ten Regenwürmern; Hamstern mit aus­ge­spro­che­nem Mutterinstinkt und tele­pa­thi­schen Fähigkeiten; simu­lie­ren­den Rehen; Affen, die zur Freude ihrer Mitaffen Menschen imi­tie­ren, die wie­der­um Affen imi­tie­ren; Ratten die mit Leichtigkeit dem Wodka ver­fal­len; faschi­sti­schen Papageien und von einem Unternehmer, der von einem Terrarium vol­ler beharr­li­cher Ameisen in den Wahnsinn getrie­ben wird. Eine inter­es­san­te Frage stellt sich ein «phi­lo­so­phi­scher Zoodirektor»; er schliesst sei­nen Vortrag über Tierhaltung mit dem Satz: «Es ist inso­fern schwie­rig zu sagen, wie die Tiere, im umge­kehr­ten Fall, uns hal­ten wür­den». Der Versuch eines «anti­au­to­ri­tä­ren Zoos» in den sieb­zi­ger Jahren, in dem sich Tiere und Menschen frei bewe­gen konn­ten, miss­lang: «Der Zoo wur­de vom Staat geschlos­sen, als die Behörden von hip­pies­ken Gelagen erfuh­ren, bei denen zu Uriah Heep Gazellen gegrillt wor­den waren».

Die Texte – sie tra­gen Titel wie «Enttäuschte Schlangenhalter» oder «Lustige Bienenzüchter» – sind von einer sach­li­chen, fast wis­sen­schaft­li­chen Trockenheit, so dass man dem Autor jede noch so abwe­gi­ge Behauptung wil­lig abnimmt. Gleichzeitig sind sie zum Totlachen komisch und machen gera­de­zu süch­tig. Die Erzählung über eine Safaritouristin, die gekonnt filmt, wie ihr Mann von einem Löwen ver­tilgt wird, endet mit der lako­ni­schen Bemerkung: «Möglicherweise hat bei der Frau eine Art doku­men­ta­ri­scher Zwang ein­ge­setzt. Ob sie die Kamera eigens für den Vorfall ange­schal­tet hat oder ob die­se bereits lief, war nicht in Erfahrung zu brin­gen. Jedenfalls hat sie den Angriff des Löwen und den Verzehr des Gatten durch die Kamera ver­folgt, wie ein paar gelun­ge­ne Zooms und Schwenks bele­gen.»

Matto Kämpf hat zuletzt mit sei­nem Alpen-Sagen-Schwank «Vreni» und dem Anti-Western «Billi dr Bueb» die Bühnen die­ses Landes unsi­cher gemacht. Unter dem Titel «Safari» war er vor gut drei Jahren schon ein­mal mit sei­nen Tiergeschichten auf Tournee. Der Verlag «Der gesun­de Menschenversand» hat nun die Texte in einem klei­nen fei­nen Büchlein ver­sam­melt, illu­striert mit merk­wür­di­gen Fotografien von «aus­ge­stopf­ten Tieren aus aller Welt» und zwei Hundegemälden von Claudio Bruno.

«Tiergeschichten» von Matto Kämpf
erhält­lich für Franken 14.90, der gesun­de Menschenversand

www.menschenversand.ch

Bild: zVg.
ensuite, April 2007

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