«Es ist mein Projekt, doch nehmt es in euer Hände.»

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Von Lukas Vogelsang und Janine Reitmann – Internationaler Hip-Hop aus Bern: «Hard but hear­ty, calm but full of ver­ve and emo­ti­ons» – so wird der in Irland gebo­re­ne Oliver Doogue, bekannt als Duke (engl. für Herzog), von sei­nen Mitmenschen beschrie­ben. Ein sym­pa­thi­scher, boden­stän­di­ger, eigent­lich ganz und gar nicht typi­scher «Herzog». Mit sei­nem ersten und doch schon sehr per­sön­li­chen Album «Diary Scraps» macht er erst­mals auf sich und sei­ne Fähigkeiten auf­merk­sam. Seine Musik lebt ein­fach und allein aus einer unglaub­li­chen Menge an Energie, Emotionen und Ehrlichkeit.

ensuite – kul­tur­ma­ga­zin: Du sprichst Berndeutsch, bist aber eigent­lich Ire. Aus wel­chem Teil von Irland kommst du?

Duke: Kilkenny, das ist im Südwesten. Ich glau­be, dort hat es mehr Schafe als Leute (lacht). In Irland selbst war ich noch nicht an so vie­len Orten, eher in England, da die mei­sten mei­ner Verwandten aus Boston kom­men.

Wann hast du begon­nen, Musik zu machen?

Mit 16 habe ich ange­fan­gen zu schrei­ben. Doch man kann nicht sagen, dass ich schon damals ernst­haft ange­fan­gen habe, Musik zu machen. Intensiv mit Musik beschäf­ti­ge ich mich seit neun Jahren; das heisst, seit die­ser Zeit befas­se ich mich täg­lich damit. Komponieren, schrei­ben, alles Mögliche, hin und her.

Hast du immer genaue Vorstellungen, was die Musik angeht?

Nein, kon­kret nicht. Was mich selbst immer wie­der über­rascht, ist, das es stets in das Genre des Funk hin­ein­spielt. Ich kann es mir nicht erklä­ren, es pas­siert ein­fach von selbst. Ich neh­me an, dass ich die Instrumentalisten, wenn ich das so sagen darf, nun schon sehr gut ken­ne und sie wis­sen was ich will.

Duke heisst auf Deutsch über­setzt Herzog. Fühlst du dich denn auch wie einer?

Nein, nicht unbe­dingt. Ich bin eher beschei­den und möch­te auch nicht wie ein Herzog leben. Ich bin kein «Prahlemann», der immer zei­gen muss, wie viel er besitzt. Duke ist ein­fach sprach­lich abge­lei­tet von mei­nem Nachnamen.

«Diary Scraps», Tagebuchnotizen – hat dei­ne Heimat, Irland, mit dem Album eine neue Bedeutung für dich bekom­men?

Eher nein. Es sind schliess­lich ja nicht wirk­lich typisch iri­sche Stücke dabei. Es gibt ein bis zwei Songs, wel­che von mei­nen Wurzeln abge­lei­tet wur­den. Doch es ist nicht durch und durch der iri­sche Sound vor­han­den. Was ich aber ein­füh­ren möch­te, ist mit Geigen und Dudelsäcken zu arbei­ten, was natür­lich total an mei­ne Heimat erin­nert. Es ist jedoch schwie­rig, dar­aus einen Beat zu kre­ieren, da die­se von Natur aus nicht strikt rhyth­misch sind. Doch wir wer­den die­se Instrumente bestimmt auf dem zwei­ten Album ver­mehrt ein­zu­brin­gen ver­su­chen.

Ist das Album auto­bio­gra­fisch?

Ja, auch. Es kommt viel Familiäres vor, das sind nega­ti­ve wie auch posi­ti­ve Erlebnisse. Von den Wurzeln, vom Vermissen und von der Familie. Der Song «No more Pain» ist ein gutes Beispiel, der etwas aus der Reihe tanzt, ein Kontrast zum Leben, lei­der im nega­ti­ven Sinn. Sehr melan­cho­lisch. Er han­delt von der Vorstellung, die wir Menschen haben, wie es nach dem Leben sein wird, im Prinzip die Erlösung, von der die Mehrheit immer spricht.

Was kannst du sti­li­stisch zu dei­ner ersten Platte sagen?

Zum Teil beinhal­tet die Platte schon ein biss­chen Rock, doch ich belas­se es trotz­dem beim Viervierteltakt, das heisst ganz im Hip-Hop-Stil. Wenn ich ehr­lich sein soll, das Manko ist, ich kann nicht singen…(lacht) Sonst wäre ich wohl Sänger gewor­den…

Was ist für dich bei einer Album-Produktion am Wichtigsten?

Da den­ke ich gleich an den Produktionsablauf, der ist natür­lich das A und O. Da kommt auch ein biss­chen mei­ne per­fek­tio­ni­sti­sche Ader zum Vorschein, dass ich nie zufrie­den sein kann oder es enorm viel braucht bis dahin.

Wie lan­ge dau­er­te die Fertigstellung des Albums?

Sechs Jahre, doch es wäre nicht so gekom­men, wenn wir nicht so auf die Schnauze gefal­len wären. Eigentlich woll­ten wir in der Schweiz von einem Hip-Hop-Mischer das Album mischen las­sen. Der ist aber, trotz Vertrag, mit dem gan­zen Geld nach Deutschland abge­hau­en. Das hat uns natür­lich voll­kom­men zurück­ge­wor­fen. Er kam spä­ter wie­der zurück, respek­ti­ve er muss­te zurück­kom­men, und hat alles zurück­ge­zahlt, plus Zinsen. Im Endeffekt war alles wie­der in Ordnung, ein­fach mit Verzögerung. Vielleicht muss­te es so kom­men, rie­si­ge Prüfsteine waren das. Man sag­te mir auch, dass manch ande­rer ein­fach auf­ge­ge­ben hät­te.

Wie habt ihr das Album finan­ziert?

Selber. Natürlich haben wir eben­falls Sponsoren ange­fragt, Stiftungen. Doch für die CD-Produktion kommt man mit dem nicht wirk­lich weit. Ich muss­te wirk­lich kämp­fen und habe ver­sucht, alles zu machen, was ich kann. Doch schluss­end­lich brin­gen Gigs spie­len, neben­bei arbei­ten und jeden Rappen inve­stie­ren am Meisten. Es mag für ande­re blöd klin­gen, doch für mich war das auf eine Art wie mein Lebenswerk. Es war das, was ich schaf­fen woll­te, egal was pas­siert. Vielleicht kommt da auch ein biss­chen der typisch iri­sche Stierkopf zum Vorschein…(lacht) Ich weiss nicht, aber ich woll­te auf kei­nen Fall auf­ge­ben.

Wenn jetzt dein Lebenswerk schon gemacht ist, was hast du für den Rest der Lebenszeit noch für Pläne?

Ich bin schon voll in den Terminen drin und ver­su­che, so gut wie mög­lich zu pro­mo­ten; denn ich möch­te auf kei­nen Fall, dass das Album jetzt ste­hen bleibt. Ich wer­de es auch nicht sein las­sen, wei­ter Musik zu machen.

Das erste Album war, wie du gesagt hast, dein Lebenswerk. Dann wird das Zweite noch mehr reprä­sen­tie­ren? Ein her­zög­li­cher Gedanke…

(lacht) So war es frü­her, dass war das Ziel für mich. Ich hät­te nicht gedacht, dass es ein­fach wei­ter­zieht und ich kopf­über in das Nächste stür­ze. Es ist nicht so, dass es Schlag auf Schlag gehen muss. Dafür ist alles auch noch zu unstruk­tu­riert. Das ist eben­falls auf das Management bezo­gen, denn wir haben noch kei­nen Zeitplan. Wir sind noch frei. Es läuft ein­fach wei­ter, ohne dass wir viel geplant oder beab­sich­tigt hät­ten.

Du gibst ein posi­ti­ves Bild eines Herzogs ab. Wie gehst du mit die­ser Verantwortung um?

Es ist natür­lich intern stets ein sehr dün­ner Faden. Man muss immer auf­pas­sen, dass die ande­ren nicht das Gefühl haben, dass sie aus­ge­so­gen wer­den. Doch das ist mit bis zu 14 Leuten manch­mal enorm schwie­rig. Es ist schwer, jedem gerecht zu wer­den. Das Ganze hat ja auch einen sozia­len Sinn, denn wir zie­hen schliess­lich alle am sel­ben Strang. Aber ich glau­be, dass wir zusam­men gewach­sen sind und dies alle so auf­fas­sen. Ich hof­fe es zumin­dest. Nicht, dass das Team das Gefühl hat, dass ich ein­kas­sie­re und nichts tei­le.

Wenn die Goldkette kommt, wird es pro­ble­ma­tisch…

Ja klar, aber das wird nie so sein. Ich behaup­te zu sagen, dass ich vom Typ Mensch her auch nicht so bin. Da kann pas­sie­ren oder kom­men, was will, ich wer­de mei­nen Leuten gegen­über loy­al blei­ben. Die durch­leb­ten eben­falls die har­te Zeit und haben eben­falls ihre Freude an der Sache. Das fin­de ich super.

Du bist ein sehr unty­pi­scher sozia­ler Szenenvertreter und bleibst sehr greif­bar für dein Publikum.

Ja, das woll­te ich eigent­lich auch errei­chen. Ich möch­te die gan­ze Bandbreite anspre­chen. Ich fin­de, dass es immer das Ziel ist, Musik zu machen, die berührt, und nicht die Art des Auftritts: «Ich bin der Herzog, mit­ten im Feld, schaut mich an.» Ich habe es auch der Band gesagt, dass sie Dinge von mir strei­chen dür­fen, wenn sie das Gefühl haben, das es anders­rum bes­ser wäre. Ich möch­te nicht, dass sie das Gefühl haben, dass ich der Chef sein will. Ich weiss, es ist mein Projekt, doch nehmt es in eure Hände. Auch ihr ver­fügt dar­über.

Info: www.dukemusic.ch

Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2009

 

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