Drogen und Grenzuebertritte

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Heute gibt’s zwei Kurzgeschichten.

Bestimmt habt ihr alle mit­ge­kriegt, was vor ein paar Monaten in jeder Zeitung stand: Mexiko hat den Konsum saemt­li­cher Drogen lega­li­siert. In der Praxis hat sich aller­dings nicht wirk­lich was gean­dert; die Polizei macht nach wie vor, was sie will. Und was die mexi­ka­ni­sche Polizei sagt, ist in die­sem Moment das Gesetz. Etwas spe­zi­ell, aber so ist es nun mal. Dies ist aller­dings nur die hal­be Wahrheit. In Tulum, einem wun­der­schoe­nen Karibikstrand, wie er auf einer Postkarte nicht kit­schi­ger sin koenn­te, habe ich Edgar getrof­fen. Edgar ist Anwalt, er hat in Mexiko-City stu­diert, dann gear­bei­tet und dann, weil er die Nase von Bestechungsgeldern sei­tens der Regierung, ihrer Minister und der Polizei gestri­chen voll hat­te, sei­nen Job hin­ge­schmis­sen hat. Nun betreibt er ein Bijou von einem Hostel direkt am Strand mit ein­fa­chen, aber schnucke­li­gen Cabañas. Da  Edgar da mexi­ka­ni­sche Recht doch ein biss­chen bes­ser kennt als ich, habe ich ihn auf die­se eher skur­ri­le Drogenpolitik in Mexiko ange­spro­chen. Die Antwort war dann noch skur­ri­ler: Mexiko hat den Besitz fuer den Eigenkonsum und den Eigenkonsum saemt­li­cher Drogen im Gesundheitsrecht lega­li­siert, am Strafrecht jedoch nichts geaen­dert!  Ein erst­klas­si­ger juri­sti­sches Chaos, das weder mt einer demo­kra­ti­schen Verfassung noch mit dem Grundgedanken eines Rechtsstaates zu ver­ein­ba­ren ist. De fac­to hat sich also nichts gean­dert, aus­ser dass die Welt ein paar Zeitungsausgaben mehr ver­kau­fen konn­te, deren Schlagzeilen wohl Enten waren.

Und wenn ich schon ueber die juri­sti­sche Grauzone in Mittelamerika berich­te, darf mein Grenzuebertritt nach Guatemala nicht feh­len. Ehrlich gesagt war mir nicht ganz wohl, als wir die Grenze erreich­ten, denn so wirk­lich Spass macht es nicht, wenn man sein gan­zes Gepaeck aus­packen muss, Ewigkeiten auf sei­nen Pass war­tet oder irgend­wel­che «Gebuehren» bezah­len muss, um ein Land zu ver­las­sen oder zu betre­ten. In Wirklichkeit lief das Ganze dann ent­schie­den anders ab. Mit dem Bus in Ciudad de Cuathemoc ange­kom­men, fand ich mich auf  einer ein­zi­gen, gros­sen Muellhalde wie­der, die gleich­zei­tig Stadtzentrum, Grenzuebergang und Markt war. Irgendwo stan­den zwei mehr oder weni­ger beschae­dig­te Barrieren und rund­her­um tob­te ein erst­klas­si­ges Chaos. Etwas ver­wun­dert dar­ueber, dass kein ein­zi­ger Polizist zu sehen war, latsch­te ich mit mei­nem gan­zen Gepaeck in das Grenzhaeuschen rein und leg­te mei­nen Pass auf den Tisch. Die etwas abge­lenkt und unmo­ti­viert schei­nen­de Guatemaltekin nahm mei­nen Pass, schau­te ihn etwa eine hal­be Sekunde an und stem­pel­te ihn dann. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht und den Worten «Bienvenidos en Guatemala» drueck­te sie mir mei­nen Pass in die Finger. Und das war’s dann auch schon, kei­ne Gepaeckkontrolle, kein Zettelausfuellen, kei­ne Fragen, nichts. Mein erster Grenzuebertritt war also deut­lich ein­fa­cher, als ich es mir jemals vor­ge­stellt haet­te. Was ich natuer­lich dan­kend annahm.

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