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What else?

Von Barbara Roelli – Mein Freund hat jetzt auch eine Nespresso-Maschine. Er hat sie zu Weihnachten geschenkt bekom­men und nun steht sie in der Küche. Nespresso-Maschinen drän­gen sich nicht auf, weil sie kom­pakt sind und nicht viel Platz ein­neh­men. Und von der Handhabung her sind sie unkom­pli­ziert. Man muss nur die Metallzunge an der Front der Maschine heben und eine Kapsel in die Vertiefung legen. Metallzunge wie­der nach unten drücken. Knopf betä­ti­gen et voi­là, die Tasse füllt sich mit Kaffee. Und das nicht mit irgend­ei­nem 0815-Kaffee, son­dern mit Kaffee von Nespresso. Entscheidet man sich für Nespresso, dann geht es nicht nur um scho­nen­de Röstung des Kaffees, oder sei­ne Herkunft Afrika oder Costa Rica. Entscheidet man sich für Nespresso, dann legt man sich ein neu­es Lebensgefühl zu. Es sind nicht mehr die rudi­men­tä­ren Fragen, die man sich stellt, wie: Kaffeebohnen von Mövenpick oder Migros Budget? Bereite ich mir einen Nespresso zu, dann wäh­le ich aus zwi­schen den «Ausgewogenen», den «Intensiven» und den «Blumig-Fruchtigen». Jeder Kaffee von Nespresso gehört zu einer die­ser drei Aromafamilien. «Finezzo Lungo» stammt aus der Familie der Blumig-Fruchtigen, ist als Lungo (oder ein­fach Café Crème) zu trin­ken und wird als «blu­mig und erfri­schend» beschrie­ben. Als Espresso zu trin­ken aus der Familie der Intensiven ist der «Indrya from India» – wür­zig und mit kraft­vol­lem Temperament. Und eben­so als Espresso zuzu­be­rei­ten ist der «Dulsão do Brasil» – mild und weich im Charakter und der Familie der Ausgewogenen zuge­hö­rig.

Leute, die Nespresso trin­ken, sind beson­ders, hören auf Duftnoten und las­sen sich von Aromen lei­ten. Sie zele­brie­ren dies beim Einkauf von neu­en Kaffeekapseln in der Nespresso-Boutique. Auch ich bege­be mich auf die Reise durch eine neue Welt der Sinne und betre­te die Boutique. Mehrstimmige Begrüssung beim Eintreten, das Personal in kaf­fee­boh­nen­brau­nen Anzügen scheint assor­tiert zum Inventar des Ladenlokals. Die Verkaufstresen sind in dunk­lem Holz gehal­ten, der Boden ist mit crè­me­far­be­nen Steinplatten aus­ge­legt. Eine Verkäuferin fragt mich nach mei­nen Wünschen. Ihr Lächeln ist mild, die Augen auf­merk­sam und Ihre kräf­ti­gen, dun­kel­brau­nen Haare hat sie gepflegt nach hin­ten gesteckt. Die müs­sen nach Kaffee duf­ten, den­ke ich. «Welchen unse­rer 16 Grands Crus möch­ten sie? Einen Espresso Blend oder Espresso Pure Origin? Einen Lungo – oder trin­ken sie ihren Kaffee lie­ber ohne Koffein?», fragt die Frau ganz selbst­ver­ständ­lich, als sei ich eine Verbündete – eine aus dem Nespresso Club. «Ähm …», begin­ne ich. Doch kein ein­zi­ger Name der Kaffeesorten fällt mir mehr ein, die mein Freund und ich seit Weihnachten ritu­ell genies­sen. Ich schie­le in die Regale hin­ter der Frau. Dort lie­gen die Kapseln in schma­len, lan­gen Schachteln, auf­ge­reiht wie Goldbarren. Mir wird heiss. «Möchten sie eine Espresso-Sorte oder lie­ber eine Lungo-Sorte?», fragt die Frau gedul­dig nach und zeigt auf die far­bi­gen Kaffeekapseln in der Vitrine vor ihr. «Die Blauen fin­de ich fein», ant­wor­te ich ent­schlos­sen, froh über die Orientierungshilfe der Farben. «Dann mögen sie die Lungo-Sorten», regi­striert die Verkäuferin, «neben dem Blauen, dem Vivalto Lungo, haben wir noch den Finezzo Lungo und den Fortissio Lungo.» Ich habe kei­ne Ahnung, was der Unterschied zwi­schen «Finezzo» und «Fortissio» ist. Und weil Probieren übers Studieren geht, fin­de ich mich an der Nespresso-Bar wie­der. Vor mir ste­hen zwei Tassen mit Kaffee. Der eine ist kräf­ti­ger, der ande­re weni­ger. Ich neh­me zwei Schachteln vom Kräftigeren und las­se mir auch noch eine Schachtel einer «Limited Edition» ein­packen. Ich ver­las­se «Nespresso» – Werbeträger George Clooney lächelt mich smart aus dem Schaufenster an – «What else?»

Foto: zVg.
ensuite, Januar 2012