Von Pedro Moser – Nun, das Opernfach gilt gemeinhin nicht gerade als super-sexy. Auch wenn Leidenschaft und Intrige, Lust und Liebe bei Mozart, Verdi, Bizet oder Wagner mindestens ebenso häufig zum Plot gehören wie in Hollywood. Da lässt sich doch was draus machen, sagte sich die Münchner Opernsängerin und wechselte flugs ins Kabarett. Und was diese Katharina Herb aus der Oper macht, dass lässt sich nicht nur hören, sondern auch sehen. Die «Erfinderin des Opernkabaretts» hat 2005 angefangen mit «erotischen ErOPERungen», später weitergefahren mit «Orgien in Arien» und «Tenore Amore», um nun den vierten Streich draufzusetzen: «400 Jahre Sex in der Oper». Dass nun auch die Schweiz Lunte gerochen hat, und sich die Süddeutsche auf die Bühne holt, ist umso erfreulicher. Mitte April gibt Katharina Herb ihr Schweiz-Debüt und zeigt in Bern, was eine knackige Sopranistin so alles drauf hat.
Katharina Herb spielt sämtliche Rollen
Nun, was kann ein Soloprogramm da schon bieten? Von Operninszenierungen ist man doch ganz grosses Kino gewohnt – viele Darsteller, Chöre, Orchester, Bühnenbilder und Kostüme. Was will die Herb da alleine auf der Kleinkunstbühne ausrichten? «Keine Sorge, Ihr werdet mich sehen in sämtlichen Rollen aus dem Ring des Nibelungen, als Carmen, als Don José und als Troubadour und als Königin der Nacht.» Na dann, das tönt doch mal nicht schlecht. Und worum geht’s? «Na, worum wohl? Alle singen über Sex, den sie nie hatten und so gern hätten. Und das alles an einem Abend!» Also Mozart und Bizet und Wagners ganzer Nibelungenring an einem Abend? «Naja, ich kürze ein bisschen. Ich schmeisse das raus, was sowieso nur Hardcorefans interessiert. Und lasse die schön knackigen Arien übrig, die jedem gefallen.» Das bedeutet dann wohl: Oper für Anfänger? Häppchen für Rosinenpicker? «Gewiss», räumt Katharina Herb ein, «aber das Publikum spart sich auch viele Stunden auf unbequemen Plüschsesseln – und kann dennoch mitreden und die Schweigermutter beeindrucken.»
Selber aussuchen, wen man knutschen will
Eigentlich wollte sie, die auch brav ein Architekturstudium absolvierte, ja Rocksängerin werden («am meisten daran reizte mich, hemmungslos schreien zu können»), aber leider fand sich im ganzen kurpfälzischen Umfeld keine Rockgesangslehrerin, also wurde Katharina Herb Opernsängerin. Eher wider Willen in der Klassik gestrandet, wurde sie mit Zeit «heiss auf die hohen, lauten Töne» und freundete sich an mit Partien wie der Königin der Nacht. Sie suchte nach der eigenen Stimmlage – Sopran? Oder Mezzo? Oder doch was anderes? Und nach dem geeigneten Lehrern. Schliesslich wurde sie eingeladen nach Tel Aviv, um bei Tamar Rachum an der Rubin Academy of Music zu studieren. «Ich wurschtelte mich durch ein Jahr hebräische Schriftzeichen durch, sang was das Zeug hielt, und brachte es zu einem viel beachteten Abschlusskonzert.» Kaum zurückgekehrt nach Deutschland, erwartet sie bereits ihr erstes Engagement, als Dorabella in Hamburg. Keine kleine Rolle für ein Debüt. «Schwer im Stress brachte ich die Premiere hinter mich. Ich fand die Rolle der Dorabella bescheuert. Immer nur Knutschen und Männer anhimmeln. Die Partie frauenfreundlich zu inszenieren, wäre noch nicht mal Alice Schwarzer gelungen.» Es folgten weitere Rollen. Wieder mit Knutschen. Und schon alleine deshalb fing sie nebenbei an, ihr eigenes Programm zu machen, denn da konnte ich mir aussuchen, wen ich knutschen wollte…
Eine respektlose Brandstifterin
Nun steht sie also als ihre eigene Herrin und Meisterin auf kleinen und grossen Kabarettbühnen im deutschsprachigen Raum und macht Furore mit «Leeres Hirn oben, kochendes Blut unten» (Nürnberger Zeitung). «Herb, professionell und profunde gebildete Mezzosopranistin mit erstaunlichen Dimensionen in allen Lagen, präsentiert sich in Ihrem vierten Solo simmvirtuos und gaumenakrobatisch mit den anspruchsvollsten Partien der grossen Opernliteratur», frohlockte die Nürnberger Abendzeitung Mitte Dezember. Als «Respektlose Brandstifterin» sei dir Herb in sämtlichen Rollen zu sehen, «Die Herb rafft bei Bedarf die Röcke, motzt Ihr Dekolleté auf, singt mit zartem Schmelz, jagt Ihre Stimme in gellende Höhen und zwingt sie in tiefe Abgründe», berichten die Nürnberger Nachrichten. «Bei der Rachearie der Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte punktet sie ausser mit gekonnten Koloraturen auch mit intonierter Interpunktion – und erntet nicht nur hier begeisterten Zwischenapplaus». Der neue Tag attestiert Katharina Herb «Grandezza vom Scheitel bis zur Sohle ihrer High-Heels. Doch hinter dieser Fassade lugt immer wieder eine herrlich komische, liebenswürdige Komödiantin hervor, die sich und ihr Metier gekonnt auf den Arm nimmt…»
Katharina Herb
400 Jahre Sex in der Oper
La Cappella, Bern
Sonntag, 18. April, 19.30 Uhr




