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EDITORIAL Nr. 137: Was bis­her geschah…

Von Lukas Vogelsang – Die ersten vier Monate des Jahres sind bereits hin­ter uns. Was ist bis jetzt gesche­hen? Was haben wir bewegt? Sind wir glück­li­cher gewor­den? Haben wir etwas ver­bes­sern kön­nen? Wie geht es uns?

Nicht, dass ich die­se Fragen stel­le weil ich eine «Leistung» suche. Es geht hier nicht um Wertung, son­dern um die simp­le Frage, ob wir uns sel­ber im Hier und Jetzt wahr­neh­men. Definieren wir unse­re Welt über unse­re Empfindungen oder über Vorgaben, die uns gemacht wer­den? Wir müs­sen uns die­se Fragen ja nicht erst am Ende eines Jahres stel­len, oder am Ende eines Lebens, um fest­zu­stel­len, was wir ver­passt haben.

In den Tagesmedien sind die Themen – neben den übli­chen Hunde- und Katzenvideos – nicht über­mäs­sig viel­fäl­tig, eher gebets­müh­le­ar­tig mono­ton. Das Luftwaffen-Update, die Krim-Tragödie und eini­ge Katastrophen geben noch am mei­sten zu Reden. Immerhin stel­le ich fest, dass kul­tu­rel­le Themen öfters den Weg in die Medien fin­den. Es wur­de nach mei­nem Empfinden noch nie so viel über Kultur öffent­lich gespro­chen und berich­tet wie bis­her in die­sem Jahr. Und dabei mei­ne ich nicht die Unterhaltungsüberblicke und die Vorstellungen der Lieblinge der jewei­li­gen JournalistInnen, son­dern die Fragen über den Sinn und Zweck von Kultur, Institutionen und Kunst. Der Wille nach öffent­li­cher Auseinandersetzung in die­sen Bereichen über­rascht. Natürlich wur­den eini­ge Themen geschickt von KünstlerInnen ange­zet­telt. Der Hafenkran in Zürich ist dafür ein gutes Beispiel. Aber auch die «Berner Kulturkonferenz» lei­stet ihren Beitrag. Das Studienzentrum Kulturmanagement der Universität Basel lädt bei­spiels­wei­se am 13. Mai zu einem Seminar ein mit dem pas­sen­den Titel: «Die Zukunft beginnt heu­te! – Strategien für die Kulturszene Schweiz». Und selbst aus­ser­halb der Schweiz wer­den Konzepte the­ma­ti­siert: Kurz vor Redaktionsschluss erhiel­ten wir die Meldung, dass das «Denkfest 2014» der Metropolregion Rhein-Neckar sich im September dem Thema «Kulturvision» wid­met. Ist das alles nur eine Reaktion auf die Belanglosigkeit, die uns umgibt? Ich glau­be, nicht nur. Kultur und Kunst erfah­ren zur Zeit auch ein Update in der Gesellschaft.

Wir haben gesell­schaft­lich gese­hen vie­les Erreicht, und der Wohlstand gibt uns Sicherheit. Politisch pol­tern wir ein wenig hin und her – aller­dings sind gera­de die Parteien, was Visionen angeht, nicht grad am Überschäumen. Wir haben kei­ne ele­men­ta­ren Probleme, die wir nicht sel­ber erschaf­fen. Die täg­li­che Botschaft heisst: «Kauft! Kauft!», und ermü­det uns je län­ger je mehr. Wir tuckern in unse­rem Alltagstrott zwi­schen Arbeit und Freizeit, Ferien, in über­schau­ba­ren Lebensvisionen. Es fehlt an Spannung oder an erin­ner­ba­ren Erlebnissen. Selbst die insze­nier­ten Erlebnis-Shoppingcenter bie­ten kei­ne Anreize mehr. Wir gehen fremd, insze­nie­ren uns selbst, und lang­wei­len uns trotz­dem. Selbst die Kirche hat es ver­schla­fen, sich die­sen Fragen zeit­ge­mäss zu stel­len. Es reicht auch nicht mehr, die Buchhaltung gemacht zu haben. Zahlen und Fakten schei­nen uns wert­los. Wir brau­chen Input.

Deswegen: Was für eine idea­le Situation, dass wir gera­de jetzt laut über Kulturkonzepte debat­tie­ren? Nie war die Zeit rei­fer. Nie war dies nöti­ger. Und noch nie waren wir so offen für neue Wege! Damit mei­ne ich nicht, dass wir die alten Werte über den Haufen wer­fen sol­len, und dass nur das Neue zäh­len soll. Im Gegenteil. Vielleicht brau­chen wir ein paar «alte Visionen» und kön­nen die­se in ein neu­es Gewand stecken. Vielleicht sind eini­ge neue Wege, die wir gegan­gen sind, Sackgassen gewor­den, oder füh­ren an Orte, die uns nicht beha­gen…

Ich per­sön­lich habe die­ses Jahr fan­ta­stisch gestar­tet. Das heisst nicht, dass ich auf der fau­len Haut rum­lie­gen könn­te, oder im Lotto gewon­nen hät­te. Im Gegenteil, ich habe so viel gear­bei­tet wie schon lan­ge nicht mehr. Hauptsächlich ging es dabei um die Bestandesaufnahme mei­ner selbst und die der Firma, mit dem Fazit, dass die letz­ten 11 Jahre wohl nur ein Vorspiel waren für das, was dar­aus ent­ste­hen wird. Wir haben gross­ar­ti­ge Pläne – ich freu mich wie ein klei­nes Kind. Die Resultate die­ser Arbeit wer­den sie, lie­be LeserInnen, bald zu spü­ren bekom­men.

Und was haben sie erlebt? Welche Ziele haben sie sich gesteckt? Was haben sie sich vor­ge­nom­men? Die Visionen stecken in uns. Wir müs­sen sie nur end­lich raus­las­sen. Es ist schon Mai!


Foto: zVg.

Publiziert: ensuite Ausgabe Nr.  137, Mai 2014