Performance aus tief­ster Seele

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Und die Frage war: «Do you feel white?» Ntando Cele mischt mit ihrer jüng­sten Performance «Face off» den Farbtopf neu. Mit mul­ti­me­dia­ler Unterstützung durch­leuch­tet die dun­kel­häu­ti­ge Südafrikanerin ihre per­sön­li­che Geschichte, die durch ihre Hautfarbe geprägt ist, denn ob in Südafrika oder in der Schweiz, Cele ist vor allem eines: schwarz.

Weisse Kunst mit schwar­zem Herzen

Mit blon­der Perücke, weis­sen Handschuhen und dem Gesicht hin­ter weis­ser Schminke ver­bor­gen, betritt Cele eif­rig die Bühne. Als Bianca White, die weis­se­ste Kabarettistin im Show Business, stellt sich die Performerin vor. Und Bianca ver­steht es, das eli­tä­re, weis­se Schweizer Publikum zu unter­hal­ten. Lachen nicht auch die Schweizer ger­ne über Witze, die auf Kosten der ande­ren gehen? Die ande­ren, das sind hier die Schwarzen. Stereotype wer­den auf­ge­tischt: Schwarze steh­len, rau­chen Marihuana, gehen kei­ner Arbeit nach. Ach, wie schön ist es doch, weiss zu sein. Kein Klischee lässt Bianca aus und kein Witz ist zu ein­falls­los, dass man ihn nicht brin­gen könn­te. Doch scheint es, als wür­de zwi­schen den ein­di­men­sio­na­len Witzen ein grös­se­res Thema durch­sickern. Der Witz-Vorschlaghammer schwin­det und Kunst rückt mehr und mehr ins Zentrum. Denn auch Kunst hat ihre Farbe. Die Dringlichkeit und die Not, die Cele als Künstlerin in ihrer Heimat ver­spürt, wird deut­lich. Man ver­mu­tet: Es muss befrei­end sein, Kunst als Medium zu benut­zen, um gehört zu wer­den.

Ehrliche Kunst mit rei­nem Herzen

Ein zar­ter und gehalt­vol­ler zwei­ter Teil bahnt sich an, denn Miss White lässt nun das Mikrofon ruhen und nimmt vor einer Kamera Platz, so dass man ihr Gesicht auf einer Leinwand erken­nen kann. Die Perücke wird ent­fernt und die weis­se Farbe abge­schminkt. Cele zeigt ihr wah­res Gesicht, wel­ches ohne Maske viel schö­ner scheint. Es geht also wei­ter ohne Schminke und ohne Maskerade. Wortlos und behag­lich stellt sich Cele in die Mitte der Bühne und blickt in das Publikum. Von der hek­ti­schen und über­zeich­ne­ten Bianca White kei­ne Spur mehr. Cele beginnt Grimassen zu schnei­den. Immer mehr wird ihr Gesicht zum Untersuchungsobjekt, das erkun­det wer­den will. Auch an der Leinwand wird Celes Gesicht wie­der gezeigt. Ein Faden umwickelt die­ses und ent­stellt es dadurch. Cele bricht das Schweigen und beginnt zu sin­gen, nicht etwa auf Englisch son­dern in einer afri­ka­ni­schen Sprache. Zu den fei­nen Klängen ent­win­det sich auch all­mäh­lich der Faden und befreit das vir­tu­el­le Gesicht. Ungebunden scheint nun auch Cele selbst.

Zum Greifen nah und doch so fern

Als «Stand-up Comedy mit Herz» bezeich­net Cele ihre eige­ne Performance und bestimmt schlägt Celes Herz für jeden Moment, den sie auf der Bühne ver­bringt. Doch trotz Herzblut lässt «Face-off» auch erken­nen, wie schwie­rig es ist, als Künstlerin ein Publikum zu errei­chen. Denn die, die Ntando Cele zuhö­ren soll­ten, sind bestimmt die­je­ni­gen, wel­che ihre Performance gar nicht erst besu­chen. So spricht sich zwar Cele den Schmerz und die Trauer aus ihrer Seele, doch sie berührt damit nur die, die auch berührt wer­den wol­len.

Copyright © 2011 Kulturkritik • Kritische Stimmen zum Zürcher Kulturgeschehen Kulturkritik.ch ist ein Projekt der Plattform Kulturpublizistik • Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)

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