- ensuite | kulturagenda | enBlog - https://ensuite.we-are.gmbh -

Ein Kunstraum für alle!

Sammelausstellungen sind immer für Abwechslung und ein paar Überraschungen gut. Mehr als acht­zig Künstlerinnen und Künstler sind dem Ruf von Starkart Exhibitions gefolgt, ent­spre­chend viel­fäl­tig ist «Mir händs nötig 2.0» gewor­den. Glasarbeiten hän­gen neben Fotographien und Acrylmalerei misst sich mit Spielzeugfiguren, die in Beton gegos­sen wur­den. In einem Raum fin­det sich ein Einkaufswagen, der mit Steinen gefüllt wur­de, und unter der Kellertreppe ent­deckt man eine Videoinstallation. In Fenstern und Löchern in der Wand ver­stecken sich Figürchen, in einer Ecke stösst man auf einen rie­si­gen Eisstiel. Nicht weit ent­fernt von einem rie­si­gen Gemälde, das anschei­nend das Stechen eines Intimpiercings dar­stellt, steht ein klei­ner Hausaltar.

Während die Räume im Erdgeschoss hell und freund­lich sind und die Atmosphäre einer klas­si­schen Galerie ver­strö­men, wirkt der dunk­le Keller wie ein Gruselkabinett. Hier hän­gen blu­ten­de Uhren von der Decke, die ein unheim­li­ches Ticken von sich geben, und nimmt eine Waschmaschine ihr Opfer durch die Mangel. «Mir händs nötig 2.0» ist eine Reise durch ganz ver­schie­de­ne Welten, zeigt Lustiges und Beängstigendes, Leuchtendes und Düsteres. Ist ein Einzelwerk nicht so span­nend oder sagt einem ein Künstler nicht son­der­lich zu, kann man sich dem näch­sten Stück zuwen­den.

Geist des Chaos

Es ist der Geist des wil­den Chaos und der über­ra­schen­den Durchmischung, der den Reiz die­ser Ausstellung aus­macht. Der Hauptgedanke ist: Jeder kann mit­ma­chen, jeder darf aus­stel­len. Es gibt kaum Vorgaben, jede Kunstrichtung ist erlaubt, nie­mand wird abge­wie­sen. Am Tag des Aufbaus machen die Künstler unter­ein­an­der aus, wo und wie sie ihre Sachen auf­stel­len wol­len. Es gibt jene, die ihre Sachen ein­fach an die Wand hän­gen, und jene, die die Eigenheiten der vor­han­de­nen Räumlichkeiten auf ori­gi­nel­le Art und Weise aus­nut­zen. Wer will, kann sei­ne Werke zum Verkauf anbie­ten – und es gibt in der Tat eini­ge, der fleis­sig Werbung für sich selbst machen –, es sind aber auch jene will­kom­men, die ihr Schaffen ein­fach einem Publikum vor­füh­ren wol­len. Es ste­hen eine Bühne für Lesungen und Konzerte zur Verfügung, sowie ein zusätz­li­cher Raum für zeit­lich begrenz­te Einzelausstellungen. Nicht zuletzt geht es auch dar­um, die Künstler unter­ein­an­der zu ver­net­zen und Diskussionen anzu­stos­sen.

Der tri­um­phie­ren­de Fuck Yea Guy auf dem Plakat per­so­ni­fi­ziert die­se Anything-Goes-Attitüde: Das Strichmännchen stammt aus den inter­net­ba­sier­ten Rage Comics, ein Medium, das unzäh­li­ge Figuren zur Verfügung stellt, mit denen jeder spie­len kann, der will. Hier wie dort gibt es weder Dünkel noch Zugangsbeschränkungen. Jeder hat Zutritt, jeder hat die Chance, sich aus­zu­drücken. Einen Unterschied gibt es aller­dings: Die Künstler von «Mir händs nötig 2.0» zei­gen weit­aus mehr hand­werk­li­ches Können, als übli­cher­wei­se die Zeichner der berüch­tig­ten Internetcomics, und eine grös­se­re Bandbreite an Stilen.

Es gehört zum Konzept von Starkart Exhibitions, jen­seits von Kunstbetrieb und finan­zi­el­len Erwägungen eine Plattform für Profis und Nachwuchs zu bie­ten, halt für alle, die Kunst machen und sie ande­ren zei­gen wol­len, ganz ohne Grenzen. Solche Orte in Zürich zu fin­den, ist schwie­rig genug. Hier gibt es aber fast ein gan­zes Haus für Musik, Bilder oder Skulpturen, einen gross­zü­gi­gen Kunstraum für alle.

Copyright © 2011 Kulturkritik • Kritische Stimmen zum Zürcher Kulturgeschehen Kulturkritik.ch ist ein Projekt der Plattform Kulturpublizistik • Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)