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Trias aus Tanz, Musik und Licht

Die Uraufführung von «Tale of a honey­bee» im Tanzhaus Zürich kam beim Publikum gut an und war aus­ver­kauft. Für den ersten Teil ihres Programms hat­ten sich die drei Künstler tat­säch­lich von der Biene inspi­rie­ren las­sen: Sie grif­fen ihre Anatomie, ihre Bewegungen, ihr Verhalten, ihre Farben und ihren Sound auf und über­setz­ten die­se Elemente in eine Reihe von dra­ma­tur­gisch auf­ge­bau­ten Variationen. Der zwei­te Teil erschien dann eher als freie Improvisation der drei Kunstdiziplinen mit nur noch rudi­men­tä­rer Bienensymbolik.

Das Leben einer Biene

Das gemäch­li­che Sich-Herausschälen der Jungbiene und das erste Ausbreiten ihrer zar­ten Flügel wur­de vom Tänzer Hideko Heshiki als Silhouette auf eine schlei­er­ar­ti­ge Folie gezau­bert, wel­che durch die Lichtkünstlerin Fiona Zolg mit ver­schie­de­nen Farbschattierungen bespielt wur­de. Auch der emsig-repe­ti­ti­ve Arbeitsalltag der Biene und ihr dra­ma­ti­scher Todeskampf wur­de über­zeu­gend cho­reo­gra­phiert, unter­stützt durch die immer wie­der über­ra­schen­den Klänge des Pianisten Christoph Stiefel.

Ein-Mann-Orchester

Am prä­pa­rier­ten Flügel erweck­te Stiefel zeit­wei­se den Klangeindruck eines gan­zen Ensembles. Schnarrende und sum­men­de Sounds ergänz­ten sei­nen schö­nen Klavierton und zusam­men mit den an Minimal Music erin­nern­den Ostinati ent­stand ein sti­li­sier­ter, wabern­der Bienen-Soundscape. Auch Loops und Playbacks setz­te er ein, um das Klangspektrum zu erwei­tern. In einer wit­zi­gen Episode ent­fern­te er sich dank die­ser elek­tro­ni­schen Finesse vom Klavier und ver­wen­de­te auf den Boden pro­ji­zier­te Lichtflächen als ima­gi­nä­re Klaviatur.

Kraftakt

Heshikis Tanzstil war stets ener­gie­ge­la­den, in den schnel­len Passagen fast sport­lich, beson­ders die Arm- und Beinarbeit war sehr impul­siv. Scheinbar mühe­los absol­vier­te er das anstren­gen­de, 50-minü­ti­ge Solo. Seine Choreographie wirk­te zwar leicht, aber immer auch sehr boden­haf­tig, wahr­schein­lich wegen dem fast voll­stän­di­gen Fehlen von Sprüngen und «Grand bat­te­ments». Besonders ein­drück­lich war Heshikis Ausdruckskraft in den lang­sa­men oder sta­ti­schen Passagen, wel­che er mit kör­per­li­cher Intensität aus­zu­fül­len ver­moch­te. Durch sei­ne Körperbeherrschung gelang ihm an einer Stelle sogar die Illusion, dass sein Körper knapp über dem Boden schweb­te. Weniger über­zeu­gend war die letz­te schnel­le Variation, gemein­sam impro­vi­siert mit dem Pianisten, wel­che zu wenig strin­gent geriet an die­sem Abend.

Perfektes Finale

Die letz­te Szene war ein idea­les Beispiel für Bühnenpoesie. Die drei Künstler, bezie­hungs­wei­se Kunstdiziplinen, ver­ab­schie­de­ten sich klar von­ein­an­der getrennt, aber trotz­dem als ver­schmol­ze­nes Ganzes vom Publikum. Die zum Schluss honig­gol­den beleuch­te­te Folie reflek­tier­te in Heshikis Gesicht und bil­de­te gleich­zei­tig auch ein Pendant zum gold­brau­nen Inneren des Flügels. In den lang­sam ver­klin­gen­den Klavierrhythmen und im schwä­cher wer­den­den Licht bil­de­te sich ein Dreieck aus Bewegung, Musik und Licht, in wel­chem sich sanft ange­deu­tet noch ein­mal die Silhouette der Biene erken­nen liess.

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