Wir Tierkadaver

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«Nun sag, wie hast du’s mit dem Tier?» Marielle Pinsard stellt in ihrer neue­sten Produktion exi­sten­ti­el­le Fragen über das Menschsein und des­sen Verhältnis zum Tier. In drei­zehn Anekdoten pral­len abend­län­di­sche und afri­ka­ni­sche Weltbilder auf­ein­an­der und mit einem Schwertransporter zusam­men.

Wie ein bun­ter Hund

Durch ihren raren Sinn für sze­ni­sche Umsetzung und einem ein­neh­men­den Bühnenbild über­zeugt Marielle Pinsard von Anfang an. In einem sur­rea­len Märchenwald, bestehend aus von der Decke hän­gen Baumstämmen, rie­si­gen Moskitonetzen und aus Pet-Falschen plät­schern­dem Wasser, umspielt die neun­köp­fi­ge «Compagnie Marielle Pinsard» in immer aus­ge­fal­le­ne­ren Kostümen ani­ma­lisch Menschliches. Ihre Erzählweise chan­giert dabei zwi­schen Tanz, Gesang und Monologen, bleibt aber stets  far­ben­froh und bild­stark. Jede Szene wird mit einer unge­mei­nen Präzision der Bewegungen und Stimmlage umge­setzt. Alles in allem eine bun­te Hülle – die lei­der inhalts­los bleibt.

Die eigen­sin­ni­ge Lausannerin, Marielle Pinsard, wählt die­se glit­zern­de Ummantelung sehr bewusst als  – ein­zi­ges – ver­bin­den­des Element. Ihre Recherchen im süd­li­chen und west­li­chen Afrika und in Europa, hat­ten Pinsard zu der Prämisse ihrer Produktion geführt, es lies­se sich kei­ne Grenze zwi­schen Mensch und Tier zie­hen, viel­mehr sei vom Tier im Mensch aus­zu­ge­hen  – je nach Weltregion fin­den sich aber ver­schie­de­ne Herangehensweisen an den Animalismus. Genauso unter­schied­lich wie die Darsteller ihrer Compagnie, wel­che aus der Schweiz, Frankreich, Burkina Faso und Benin stam­men, sind somit ihre Anekdoten. Und genau­so unter­schied­lich und ein­zig­ar­tig sol­len die­se auch erzählt wer­den. Es ist eben hier, wo die Eigenständigkeit der Geschichten und Weltbilder der­mas­sen betont wer­den und die Erzählweise und Bewegungsabläufe der­art in den Vordergrund rücken, wo der Hund begra­ben liegt.

Wo der Hund begra­ben liegt

Jede Szene bis hin zu jeder Bewegung, jeder Dialog bis hin zu jedem Wort und jedem Geräusch schien geschwän­gert von Sinn und Gewichtung. Jeder Szenenwechsel und jedes Kostüm wieg­te unge­mein schwer. Dabei ver­pass­te es Pinsard aber, auch dem Inhalt jed­wel­che Bedeutung zuzu­schrei­ben. So tref­fen auf der Bühne der Garten Eden auf Disneyland, Tschaikowski auf Voodoo-Klänge und exor­zi­sti­sche Singsänge und zie­hen geblen­det vom Farbenspiel wie­der ab. Der Zuschauer fin­det sich der­weil vom dem mit Nichts bela­de­nen Bedeutungslaster über­fah­ren und ver­en­det, wie das Tier das er ist, auf der Strasse .

Copyright © 2011 Kulturkritik • Kritische Stimmen zum Zürcher Kulturgeschehen Kulturkritik.ch ist ein Projekt der Plattform Kulturpublizistik • Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)

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