Von Jägern und Sammlern

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Von Isabelle Haklar – Wie kommt es, dass des Schweizers Porte-mon­naie stets dicker und dicker wird, obgleich die Wirtschaftslage zur­zeit nicht die Beste ist?

Eine mög­li­che Erklärung dafür wäre, dass wir auch heu­te noch Jäger und Sammler sind. Punktesammler und Schnäppchenjäger. Denn nur wer eif­rig Punkte sam­melt, Doppelte und Dreifache, je nach Tag, erbeu­tet Schnäppchen. Schnäppchen in Form von Töpfen, Gutscheinen, Gratiskaffees oder kosten­lo­sen Besohlungen..

Voraussetzung für eine rei­che Beute sind Karten. Karten, die die Geldbörse auf- oder im schlimm­sten Fall über­quel­len las­sen. Karten, nach denen man prak­tisch über­all immer und immer wie­der gefragt wird, die mitt­ler­wei­le fast alle unauf­ge­for­dert und freu­dig an der Kasse aus ihren Geldbörsen klau­ben und vor­wei­sen.

Ich habe nichts vor­zu­wei­sen, muss Verkäuferinnen und Verkäufern tag­täg­lich eine Abfuhr ertei­len.

Denn ich möch­te weder von einer Bonuskarte der Apotheke nahe dem Zytglogge noch vom Kaffeepass einer Bäckerei pro­fi­tie­ren. Ich zie­he die freie, spon­ta­ne Apothekenwahl der Aufgezwungenen vor, da ich nicht mit trie­fen­der Nase bis zum Zytglogge ren­nen will, nur um zu punk­ten. Auch will ich mich nicht innert kür­ze­ster Zeit durch zehn Kaffees trin­ken müs­sen, sodass mir dann der Elfte, Gratiskaffe, fast hoch­kommt. Und nein, ich möch­te auch nicht noch ein x‑beliebiges Schönheitsprodukt en plus kau­fen um so den Mindestbetrag von 25 Franken zu errei­chen, den es benö­tigt um einen Stempel auf einem Pappkärtchen zu erhal­ten. Und das Sammeln von Flugmeilen über­las­se ich lie­ber George Clooney.

Auch an kar­ten­lo­sen Aktionen neh­me ich eher ungern teil. So bin ich dann auch nicht an Combo-Angeboten, die aus einem Hot Sandwich, einem Getränk mei­ner Wahl und einer etwas trau­rig aus­se­hen­den Frucht bestehen, inter­es­siert. Weiter kann ich mich nur schwer mit dem Gedanken anfreun­den, zu spä­ter Stunde zwei gros­se Sandwichs zum Preis von Einem zu erwer­ben, da mein Magen eh bereits nach zwei Sandwichdritteln an die Grenze sei­ner Aufnahmefähigkeit stösst und zu rebel­lie­ren beginnt.

Murmeln oder Sticker neh­me ich, wie ich oft so schön gefragt wer­de, für gewöhn­lich auch kei­ne – es sei denn, es hand­le sich beim ange­bo­te­nen Sticker um das Bildchen eines knacki­gen Kickers, was bis jetzt lei­der noch in kei­nem Geschäft der Fall war. Und für Goldpunkte habe ich eben­so wenig übrig wie für das SVP-Propagandablatt, das erst neu­lich unauf­ge­for­dert sei­nen Weg in mei­nen Briefkasten und danach post­wen­dend ins Altpapier fand.

Etwas im Widerspruch zu den Antiprofitierprinzipien, für die ich mich eben stark gemacht habe, steht mei­ne gele­gent­li­che Annahme von Fünffranken-Bons für die um ein «M» bes­se­re Ladenkette oder die Entgegennahme einer jüngst erhal­te­nen, bereits vol­len Trophypunkte-Karte, eines mir nahe ste­hen­den, eif­ri­gen Sammlers.

Nichts desto Trotz wün­sche ich allen Kartenliebhabern, dass ihre voll­ge­punk­te­ten Juwele nie­mals einem Trickdieb zum Opfer fal­len wer­den.

Foto: zVg.
ensuite, März 2009

 

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