Von Freundschaften, Qualität und ande­ren Katastrophen

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Von Lukas Vogelsang zum Thema Kulturförderung und Medien:

Aufmerksame LeserInnen von «ensuite – Zeitschrift zu Kultur & Kunst» kön­nen sich viel­leicht an den Artikel «Fatale Zustände für die Kulturberichterstattung Schweiz» erin­nern (Nr. 203, Ausgabe November 2019 oder online: www.ensuite.ch/fatale-zustaende-fuer-die-kulturberichterstattung-schweiz). Darin ging es um die Zukunft der Kulturmedien und die Mauscheleien vom BAK (Bundesamt für Kultur) mit eini­gen «Freunden». Man hät­te in der Zwischenzeit anneh­men kön­nen, dass sich die Situation bes­sert – doch lei­der ist alles nur noch schlim­mer gewor­den. Da es in der Schweiz an KulturredaktorInnen man­gelt, wel­che kri­tisch hin­ter den Kulissen recher­chie­ren, kom­men sol­che Geschichten kaum ans Licht.

Das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) ver­öf­fent­lich jähr­lich das «Qualität der Medien»-Jahrbuch. In der Ausgabe 2020 wur­de dar­in eine Studie über «Qualität und Stellenwert der Kulturberichterstattung in der Schweiz» ver­öf­fent­licht, eine «Analyse von Nachrichtenmedien und Kulturplattformen 2015–2019». Alles schön und gut – bis auf die klei­ne Randnotiz, die mich hell­hö­rig mach­te: «Die Untersuchung zur Kulturberichterstattung wur­de von ch-inter­cul­tur: Verein für Kulturkritik finan­zi­ell unter­stützt.» Dazu muss man wis­sen, dass die­ser Verein zuvor Schweizerischer Feuilletondienst hiess und eigent­lich nur als Kässeliverein der SDA (Schweizerische Depeschenagentur) Geld vom BAK und den Kantonen zulie­fer­te. Aber das ist noch nicht alles: Der Präsident des Vereins ch-inter­cul­tur, Dr. iur. Ulrich E. Gut, ein ehe­ma­li­ger per­sön­li­cher Mitarbeiter von SVP-Bundesrat Leon Schlumpf und Ehemann von Ursula Gut, der ehe­ma­li­gen Zürcher FDP-Regierungsrätin, hat in der 2020er-Ausgabe des «Qualität der Medien»-Jahrbuchs das Gesamtvorwort geschrie­ben. Er ist – welch Zufall aber auch – seit 2020 Stiftungsratsmitglied der Kurt-Imhof-Stiftung für Medienqualität (der mass­ge­ben­den Geldquelle für das Jahrbuch «Qualität der Medien» vom fög).

Am 26. August 2021 lädt der Verein SwissFoundations zu einem Event ein: «Kulturberichterstattung in der Krise – Wie kommt Kultur zukünf­tig zu den Menschen?» An die­sem Event stellt der Verein ch-inter­cul­tur das neue Konzept «Kultur online» von Beat Mazenauer vor, an die­sem Event spricht Mark Eisenegger, Prof. für Kommunikationswissenschaften und Medienforschung, Leiter Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög), zum Thema «Journalismus in der Krise? Erkenntnisse aus dem Jahrbuch ‹Qualität der Medien›», und an die­sem Event stel­len Kulturförderstellen Ihre eige­nen Plattformen vor (Thurgau), das BAK (ehe­ma­li­ger und wohl auch zukünf­ti­ger Förderer von ch-inter­cul­tur) und die Stiftung Christoph Merian (Förderin von ch-inter­cul­tur) hal­ten das Schlusswort. Die übri­gen ProtagonistInnen sind ent­we­der durch die öffent­li­che Hand oder mit von Stiftungen mit­fi­nan­zier­ten Projekten ver­ban­delt. Einzig der Chefredaktor, ein Gründungsmitglied von «Heidi News», Serge Michel, ist als pro­fes­sio­nel­ler Journalist anwe­send und kann aus Erfahrung spre­chen. Ebenfalls anwe­send ist Matthias Zehnder, der sich mal Historiker und mal Medienwissenschaftler nennt – je nach­dem, wie der Wind weht – und von der Stiftung für Medienvielfalt eine Anschubfinanzierung erhal­ten hat für das loka­le Onlineportal bajour.ch
in Basel.

So trifft man sich – unter sich. Auffallend ist, dass es kei­ne kri­ti­schen Töne gibt. Entweder folgt man den Statistiken (fög), die aus einem Haufen Daten und eini­gen Algorithmen irgend­was her­aus­le­sen, oder man lässt sich von jenen berie­seln, die in einer Abhängigkeit ste­hen oder aber BittstellerInnen sind. So oder so fällt auf, das etwas fehlt: die KulturjournalistInnen und noch viel mehr KulturverlegerInnen. Die gibt es in der Schweiz – doch wer­den die­se weder in der Studie vom fög noch bei den Stiftungen oder der öffent­li­chen Kulturförderung aner­kannt. Warum bloss?

Ich will gar nie­man­dem etwas unter­stel­len – aus­ser viel­leicht Betriebsblindheit. Das Problem aber ist, dass hier ein Thema von Leuten dis­ku­tiert wird, die kei­ne Einblicke in der Arbeitsalltag, in die Verlagsarbeit, in die pro­fes­sio­nel­le Berufsproblematik, in die Bedürfnisse, in Vertrieb, Produktion, Know-how, Bildung und Ausbildung, in die Arbeitsmethodik, in Geldbeschaffung und Verkauf von Anzeigen, Aboverwaltungen, Buchhaltungen, Eigenwerbung und – ganz wich­tig – in die Kulturleserschaft haben. Problematisch ist, dass die­se «Entscheidungsmenschen» nur Geld und Macht besit­zen, Einfluss neh­men kön­nen und sich über die Köpfe einer Branche weg ein­mi­schen – ohne eigent­lich zu wis­sen, was läuft. Absicht? Nun, es geht immer um das Gleiche: Man will sich ein Kulturdenkmal set­zen.
Ich bat Mark Eisenegger um eine Stellungnahme. Er schrieb:

1.) Unabhängigkeit unse­rer Studie (Zitat: «Gefälligkeitsbericht»)
Es han­delt sich bei unse­rer Studie in kei­ner Art und Weise um einen «Gefälligkeitsbericht». Diesen Vorwurf wei­sen wir in aller Entschiedenheit von uns. Der Förderer (ch-inter­cul­tur) ist trans­pa­rent aus­ge­wie­sen. Die Studie genügt höch­sten metho­di­schen Standards und ist öffent­lich, wodurch der kri­ti­sche Nachvollzug unse­rer Vorgehensweise durch wis­sen­schaft­li­che Peers gewähr­lei­stet ist als Voraussetzung für die Unabhängigkeit und Qualität der Studie. Nicht zuletzt wei­sen wir dar­auf hin, dass die­se Studie ohne Eigenmittel des fög nicht hät­te rea­li­siert wer­den kön­nen.

2.) Qualität unse­rer Studie

Kulturjournalistische Inhalte und PR wer­den kei­nes­wegs gleich­ge­stellt, son­dern sehr deut­lich abge­grenzt. So wird im Bericht deut­lich zwi­schen jour­na­li­sti­scher und Partikulärinteressen-ori­en­tier­ter Kulturinformation unter­schie­den. Begriffe wie zum Beispiel jener der Kultur wer­den im Bericht nach­voll­zieh­bar defi­niert. Ebenso trans­pa­rent und nach­voll­zieh­bar ist die der Studie zugrun­de lie­gen­de metho­di­sche Vorgehensweise. Diese ent­spricht in jeder Hinsicht wis­sen­schaft­li­chen Standards. Details hier­zu kön­nen der Studie selbst ent­nom­men wer­den. Das bezieht sich nicht zuletzt auf die Auswahl der Onlineplattformen, die Kulturinformationen ver­mit­teln und im Anhang geli­stet wer­den. Um die­se zu iden­ti­fi­zie­ren, wur­de ein – an das natür­li­che Suchverhalten im Internet ori­en­tier­tes und kei­nes­falls will­kür­li­ches – Verfahren gewählt: Erfasst wur­den sämt­li­che Plattformen, die auf die Suchbegriffe (in drei Landessprachen) «Kultur & Schweiz», «Kultur Journalismus Schweiz» sowie «Kultur Verband Schweiz» auf den ersten fünf Seiten der Google-Trefferliste erschie­nen sind. Auf die­se Weise wur­den zwar nicht alle Plattformen, die Kulturinformation anbie­ten, erfasst, jedoch aber die­je­ni­gen, die von inter­es­sier­ten Laien gefun­den wer­den kön­nen.
Unser Interesse an die­ser Studie ist ein rein wis­sen­schaft­lich-inhalt­li­ches. Zu kei­nem Zeitpunkt hat ein Auftraggeber Einfluss auf die Inhalte der Studie genom­men.

Dass sich «enco­re» für eine kri­ti­sche Kulturberichterstattung in der Schweiz ein­setzt, erscheint mir wich­tig und unter­stüt­zungs­wür­dig.

Nun, das ist alles fast kor­rekt. Aber ist es nicht trotz­dem erstaun­lich, dass von den min­de­stens rund 40 pro­fes­sio­nel­len Kulturverlagen in der Schweiz in der Liste der 49 Kulturplattformen nur gera­de mal zwei Verlage in der Studie berück­sich­tigt wor­den sind? Mir wäre dabei auf­ge­fal­len, dass die Suchstrategie wohl nicht ide­al gewählt wur­de. Und hier beginnt wie­der die lei­di­ge Diskussion über die Begriffe: Wer sucht denn nach «Kultur Journalismus Schweiz»? Wer so recher­chiert, hat die Funktionalität von Google nicht wirk­lich ver­stan­den. So was nenn ich blind auf bei­den Augen. Und fin­di­ge LeserInnen haben sicher bemerkt, dass Mark Eisenegger bei der Stellungnahme eben­so wenig bei der Sache war: Ich ken­ne kei­ne Kulturzeitschrift die «enco­re» heisst – sehr wohl aber das «ensuite».

Solche Ungenauigkeiten pas­sen zum Thema. Die fög-Studie ist nicht grund­sätz­lich falsch, aber sie stell­te bei der Medienauswahl und der Selektion von den Kulturplattformen die fal­schen Fragen – und eben nur sol­che, die für den Mainstream-Tagesjournalismus gel­ten – und kommt somit zu einem Zerrbild in der Studie. Andersrum: Wenn man fast alle Publikationen in der Studie aus­lässt, die 100 % nur Kultur- und Kunstthemen publi­zie­ren und zu 100 % nur eine kul­tur­in­ter­es­sier­te Leserschaft vor­wei­sen, dann kön­nen wir mit glei­chem Erfolg eine Artenstudie über Zebras in den Berner Alpen ver­öf­fent­li­chen. Es ist auch eher ungün­stig, bei den «Anbietern von Kulturinformationen» von den Verbänden aus­zu­ge­hen. Erstens decken die­se nur Themen von den eige­nen Mitgliedern ab und zwei­tens sind von den rund 130 Verbänden nur gera­de mal die «reich­sten» 21 auf­ge­li­stet. Allerdings pro­du­zie­ren die­se Verbände kei­ne Kulturinformationen, die für eine Kulturberichterstattung ele­men­tar wären, und die wenig­sten Verbände sehen sich genö­tigt, auf den eige­nen Websites einen Newsfeed zu füh­ren. Zu Recht: Auch für Kulturmagazine macht es wenig Sinn, Artikel gra­tis zu ver­öf­fent­li­chen. Irgendein Businessmodell muss schon noch vor­han­den sein, und die digi­ta­le Medienwelt finan­ziert sich zur­zeit kaum selbst. Und das wur­de in der Studie kom­plett igno­riert.
Die Studie vom fög fol­gert dar­aus ent­spre­chend eine kurio­se Problemdiagnose, die so all­ge­mein und dünn ist, dass man sich die Studie gleich hät­te spa­ren kön­nen: «Kultur ist dar­auf ange­wie­sen, auch die brei­te Bevölkerung zu errei­chen.» Ein Killersatz. Gleiches gilt für Schuhproduzenten und Fussballklubs und Millionen ande­rer Themengattungen. Interesse für Kultur wächst nicht mit mehr Publizität, son­dern mit mehr Werbung. Eine alte Marktregel. Genau da liegt der Grund, war­um die all­ge­mei­nen Tagesmedien immer weni­ger über Kultur berich­ten: Das Interesse ist nicht gross genug (Studien beleg­ten mal 2 % Leserschaft in den Tagesmedien), und bei aller Liebe und den vie­len Efforts, es ist ein Kostenfaktor, der in kei­nem Verhältnis zu eben­die­ser Leserschaft steht.

Die Studie vom fög ist fach­lich unge­nü­gend und kommt unge­fähr 20 Jahre zu spät. Vor 20 Jahren gab es bei den Tageszeitungen noch vie­le Kulturbeilagen, die Verlage waren dar­an inter­es­siert, das Feuilleton zu stär­ken, Kulturagenden wur­den publi­ziert – es gehör­te doch zum guten Ton eines intel­lek­tu­el­le­ren Blattes. Das hat­te aber nicht mehr zah­len­de LeserInnen zur Folge! Im Zuge der Marktveränderungen, der Abwanderung der Kleinanzeigen ins Internet, der Abwanderung der Werbung zur selbst orga­ni­sier­ten algo­rith­mus­ge­steu­er­ten Zielpublikumgewinnung haben die Medien zu viel Geld ver­lo­ren und kämp­fen um AbonnentInnen und Anzeigemärkte. Da bringt es nichts, zu bekla­gen, dass man sei­ne Wünsche nicht erfüllt sieht, da muss irgend­wo­her Geld kom­men. Parallel dazu hat die Kulturförderung 20 Jahre lang die Presse bezüg­lich Kultur und Kunst getre­ten und kei­nen Rappen zah­len wol­len. Alle Absagen, die ich in die­ser Zeit von Stiftungen oder Kulturämtern erhielt, berie­fen sich dar­auf, dass die Presse nicht sub­ven­tio­niert wer­den dür­fe – das war sogar im Jahr 2020 noch ein Thema beim BAK. Blöderweise haben aber aus­ge­rech­net das BAK und eini­ge Förderstellen trotz­dem Beiträge bezahlt: Kinozeitschriften, art-TV, dem Schweizerischen Feuilletondienst, Literaturzeitschriften … übri­gens, sehr lustig: Auch die­se Medien wer­den vom fög alle erfolg­reich igno­riert.

In einem Punkt hat die Studie aber recht: Es gibt kei­ne Lobby für Kultur. Das liegt aller­dings nicht an den Medien oder an der Förderung, son­dern an der Tatsache, dass die Kulturszene über­haupt nicht zusam­men­ar­bei­ten will. Das zeigt sich in den über 130 Verbänden, die das BAK schon mal zurück­stut­zen muss­te, weil die Einzelbedürfnisse kein Ende mehr neh­men woll­ten. Es zeigt sich aber dar­an, dass es kei­nen Verband für Kulturmedien gibt, obschon das Thema seit Jahren kocht und man lob­by­ie­ren könn­te. Ich habe es mehr­fach ver­sucht und wur­de abge­wie­sen, doch nie­mand hat sich des Themas sonst ange­nom­men. Es ist eben «eigent­lich nur das Kultur, was mir gefällt» – so hat SRF-Moderator Eric Facon den Scherbenhaufen mal schön defi­niert.

Nichts Neues, aber immer­hin in der Studie erwähnt: «Denkbar ist etwa, mit öffent­li­chen Geldern, bei­spiels­wei­se in Form einer direk­ten Medienförderung, die Verbreitung von Kulturinformationen zu för­dern. KulturakteurInnen soll­ten also dar­auf pochen, in die Diskussion über die Kriterien für eine Medienförderung invol­viert zu wer­den. Denkbar wäre zum Beispiel ein Leistungsauftrag, der expli­zit auch Kulturinformationen beinhal­tet.» Ich hat­te anläss­lich meh­re­rer inten­si­ver Gespräche mit den Berner Kulturförderstellen von Stadt und Kanton Bern und dem BAK genau dies mehr­fach gefor­dert und bin gegen Mauern gerannt. Ist ja lustig, dass die­se fög-Studie oder die­ses oben erwähn­te Grüppchen BAK/SwissFoundations und ch-inter­cul­tur eben gera­de alle 20 Schweizer Kulturverlage und alle KulturjournalistInnen aus­ge­klam­mert haben. So viel zu die­sem Thema.

Zurück zu ch-inter­cul­tur und dem «neu­en» Konzept «Kultur online», wel­ches aus den «Bedürfnissen» von Kulturverbänden und VeranstalterInnen erar­bei­tet wur­de. Eine Art Konzeptvorschau ist auf der Vereinswebsite bereits online ver­füg­bar. Beat Mazenauer, ein Literaturkritiker, hat sich nicht über­mäs­sig ins Zeug gelegt: Die Kulturmedienkonzepte, die ich vor 20 Jahren gele­sen hat­te, waren bes­ser. Wer eini­ger­mas­sen eine Ahnung hat von einem redak­tio­nel­len Alltag, weiss, dass eine natio­na­le «App» oder Website nicht mit nur knapp 2 Personen (einer Person für die Deutschschweiz und einer Person für den fran­zö­si­schen Teil) bestückt sein kann – auch wenn für die Inhalte auf freie MitarbeiterInnen gezählt wird. Das Problem: Eine Redaktion zu füh­ren bedeu­tet mehr, als nur Texte durch­zu­win­ken. Eine Kulturplattform, wel­che das Geschehen von 26 Kantonen und zig mehr «Kulturstädten» ablich­ten will, für ein Publikum von 0 bis 99 Jahre, ist ein unbe­zähm­ba­res und unbe­zahl­ba­res Monster. Wer sich so was erträumt, hat nichts vom Journalismus und noch weni­ger vom Medienbetrieb ver­stan­den. Was will eine Kultur-online-App denn jetzt abbil­den? Events? Lokale, regio­na­le, kan­to­na­le oder natio­na­le Kultur? Und in wel­chen Sprachen? Alles über­setzt? Was inter­es­siert die Tessiner die Freilichtbühne im Toggenburg? Und wel­che St. Galler gehen nach Genf an ein Punkkonzert? Reden wir über Reflexion oder über Berichterstattung oder möch­ten wir mehr Leute für Kultur inter­es­sie­ren? Das sind unter­schied­li­che Themen, und nicht alles ist mit einer App oder einer Website zu lösen, mal ganz zu schwei­gen davon, was das kostet … Mit die­sem Geld könn­te man locker bei den 40 bestehen­den Verlagen mit Leistungsaufträgen ein Vielfaches hin­be­kom­men.

Nicht zu ver­ges­sen, dass man wegen des Untergangs des Schweizerischen Feuilletondienstes, der vor allem die Mitglieder vom Autorenverband unter­stütz­te und sich haupt­säch­lich dem Literaturbetrieb ver­schrieb, ver­sucht ist, vor allem die­se Autorenunterstützung zurück­zu­ho­len. Kompetente Theaterkritik oder Musikkritik fal­len den Verlagen heu­te nicht mehr in den Schoss, und es ist schwie­rig, fach­kun­di­ge MitarbeiterInnen zu bin­den – die­se Gruppe um das Projekt «Kultur online» ist mei­len­weit davon ent­fernt. Doch es gibt noch vie­le wei­te­re Themen – und dies für jeden Kanton … Das ist ein fast unlös­ba­res Problem für nur eine Redaktion.

Als Erstes müss­ten Definitionen gemacht wer­den. Was ver­steht man unter Kultur und was unter Kunst? Was ist Kulturberichterstattung? Wie will man die Kulturagenda hand­ha­ben? Verstehen die Verantwortlichen, dass eine Berichterstattung kei­ne Kritik ist? Ein Kommentar ist kei­ne Vorschau. Und das abso­lut Wichtigste bei der Planung eines Medienunternehmens ist: Wer ist das Zielpublikum? Das Konzept von ch-inter­cul­tur ist selt­sam, unrea­li­stisch und höchst unpro­fes­sio­nell.

Fazit: Warum mei­nen die Verantwortlichen in der Kulturförderung, also in Stiftungen und öffent­li­chen Ämtern, dass sie die Probleme des Kulturmedienbetriebs bes­ser ver­ste­hen als jene, die seit Jahren dar­in arbei­ten? Weshalb löst die Schweiz das Problem nicht, indem sie auf die Kulturverlage und KulturjournalistInnen zugeht und ein­fach mal eine wirk­li­che Problemerfassung erstellt? Fest steht, dass Stiftungen wie auch die öffent­li­che Hand kei­ne Kritik zulas­sen wol­len. Das ist das Paradox die­ser Diskussion: Die Schweizer Medienförderung zahlt kein Geld an die freie Meinungsbildung oder die freie Presse, wohl aber an die PR-gesteu­er­te Berichterstattung. Im Bereich Kultur und Kunst ist das gut zu erken­nen. Warum? Weil die Politik vor allem der Öffentlichkeit zei­gen will, was sie tut – also eigent­lich geht’s um Wahlpropaganda. Dabei will man aus­schlies­sen, dass die Geschehnisse hin­ter den Kulissen an die Öffentlichkeit gera­ten oder in der Öffentlichkeit die Verteilung von Kulturförder-Steuergeldern dis­ku­tiert wird. Ebenso ist die öffent­li­che Kulturförderung der Politik Rechenschaft schul­dig – des­we­gen ist Kritik hier Gift. Beispiel SVP: Kaum wird ein Projekt geför­dert, das Kultur und Politik ver­bin­det, steht die Partei kopf – natür­lich nicht, wenn es die «Weltwoche» tut, ver­steht sich. Was für ein schein­hei­li­ges Getue also, wenn sich eine Insider-Gruppe um Kulturberichterstattung bemüht. Die zustän­di­ge Person beim BAK grüsst mich nicht mal, da ich ihn beim letz­ten Artikel nament­lich kri­ti­siert hat­te. Wie sich her­aus­stell­te, hat­te ich zwar recht, aber es geht eben um sei­ne Karriere. Seither bin ich aus jeg­li­cher Diskussion aus­ge­schlos­sen – und eben nicht nur ich.

Die Diskussion ist nötig und gefähr­lich. Das Einzige, was mit dem vor­ge­schla­ge­nen Projekt wie jenem von ch-inter­cul­tur geschieht, ist: Den bestehen­den Plattformen wird noch mehr Geld ent­zo­gen (Marktverzerrung), und statt mehr kul­tur­jour­na­li­sti­sche Beiträge wer­den es weni­ger. Wer das nicht ver­steht, hat vom Medienbetrieb nichts ver­stan­den.

Damit wäre alles gesagt.

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