Verachtete Liebe

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By Antonia Steger

Der pol­ni­sche Leistungsschwimmer Kuba ist ein Macho. Er hat neben sei­nem Training nicht viel ande­res zu tun als sich mit sei­ner hüb­schen Freundin Sylwia im Bett zu ver­gnü­gen und ab und zu sei­ner Mutter den Rücken zu mas­sie­ren. Doch eine Begegnung mit Michael ver­än­dert sein Leben: Kuba und Michael ver­lie­ben sich. Darauf beginnt eine Liebesgeschichte, deren Spannung ihres­glei­chen weit suchen muss.

Floating Skyscrapers (Płynące wieżow­ce) erzählt mit ein­fach­sten Mitteln von der Leidenschaft zwei­er Männer vor dem repres­si­ven Konservativismus Polens. Der jun­ge Regisseur Tomasz Wasilewski zieht sei­nen zwei­ten Spielfilm nicht als ankla­gen­des Anti-Homophobie-Pamphlet auf, son­dern ent­schied sich für Nüchternheit und gegen schwül­sti­ge Dialoge oder kit­schi­ge Einstellungen. Mit trocken-har­ten Schnitten und lan­gen Einstellungen ent­wickelt sich ein Film, dem man sei­ne viel­schich­ti­gen emo­tio­na­len Ebenen abneh­men und glau­ben mag, ja, die einen regel­rech­ten Bann aus­lö­sen. Die Handkamera erzeugt eine fast doku­men­ta­ri­sche Echtheit des Geschehens, sodass die ero­ti­schen Spannungen und sexu­el­len Szenen stel­len­wei­se sehr nahe gehen, wenn nicht ver­ein­zelt gar zu pro­vo­zie­ren ver­mö­gen.

Komik im Detail

Tomasz Wasilewski beweist in die­sem Film ein siche­res Gespür für sei­ne Erzählkunst. Grossartig ist bei­spiels­wei­se die Szene, in der Kuba (Mateusz Banasiuk), Michael (Bartosz Gelner) und Sylwia (Marta Nieradkiewicz) zusam­men am Abendtisch sit­zen und minu­ten­lang kein Wort über die Lippen brin­gen. Die emo­tio­na­le Spannung ist förm­lich mit Händen zu grei­fen. Da fällt Michael ein Stück Essen aus dem Mund, das er dezent vom Boden auf­hebt und am Tellerrand abstreift. Solche win­zi­gen Details durch­zie­hen den Film und lockern das schwe­re Thema bis hin zur Komik auf.

Das Schauspielertrio ist schlicht bril­lant. Ungekünstelt spielt es das kom­ple­xe Liebesgefüge in einer sol­chen Natürlichkeit, dass zwi­schen­durch das Thema der Homosexualität zur Nebensache wird. Es ent­spinnt sich eine uni­ver­sel­le Liebesgeschichte jen­seits von Geschlechterzuschreibungen. Für die LGBT-Szene mag man sich noch man­che sol­che Liebesgeschichte wün­schen, bei der die sexu­el­le Einstellung so selbst­ver­ständ­lich gelebt wird. Tomasz Wasilewski baga­tel­li­siert bei all dem das Thema kei­nes­falls – die kon­ser­va­ti­ve Enge Polens ist latent dro­hend spür­bar, und der Filmschluss ist Schocker genug.

: http://www.kulturkritik.ch/2013/plynace-wiezowce/

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