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Ulrich Knellwolf liest aus sei­nem neu­en Buch «Gott baut um»

By Janine Meyer

Als Kind woll­te er eigent­lich Bauer wer­den, oder Tierarzt. Ulrich Knellwolf ist dann aber doch Pfarrer und Schriftsteller gewor­den – und stellt sein neu­es Buch «Gott baut um» vol­ler Weihnachtsgeschichten sin­ni­ger­wei­se in der Wasserkirche vor.

Ein biss­chen sieht er selbst aus wie der Weihnachtsmann, mit sei­nem vol­len, weiss­grau­en Haupthaar, dem weis­sen Bart und trotz der karier­ten Hose. Er will sich zwar hüten, nur von Weihnachten zu spre­chen, ein biss­chen, so sagt er, müs­se er das aber doch tun, sonst wür­de sein Verleger ärger­lich wer­den.

Von Geköpften…

Da vor­ne steht einer, der nicht zum ersten Mal vor Leuten spricht. Er weiss um die Kraft der Worte, um die Kraft der Stimme und um die Kraft von Geschichten. Und so erzählt er, dass just hier sozu­sa­gen die Wiege des Zürcher Christentums sei. Denn hier, auf dem Felsen unter der Wasserkirche sind die Stadtheiligen Felix und Regula um ihres Glaubens wil­len geköpft wor­den – und die Aufmerksamkeit ist dem Pfarrer gewiss.

Immer wie­der mal wirft er einen Blick auf die Uhr, als wol­le er sich ver­si­chern, dass genug Zeit bleibt, aus sei­nem Buch vor­zu­le­sen. Er hat sich für die erste Geschichte des Buches, «Gott baut um», ent­schie­den, setzt zum Sprechen an und merkt: Das Mikrofon ist aus.

… und Gerichtshöfen

Es folgt eine kur­ze Pause, eine unauf­fäl­lig geklei­de­te Dame eilt nach vor­ne, flü­stert dem Redner etwas ins Ohr und ver­schwin­det schnell wie­der. Dann tritt Ulrich Knellwolf ohne Mikrofon mit­ten in die Zuschauerreihen, lässt sei­ne Augen auf­merk­sam durch den Raum schwei­fen, schlägt sein Buch auf und erklärt schmun­zelnd: «Man sag­te mir, ich sei zu laut.»

Ulrich Knellwolf braucht aber auch kein Mikrofon, so prä­sent ist er. Er steht in der Mitte des Raumes, sieht nach links, nach rechts, erkun­digt sich mit nahe­zu bei­läu­fi­gen Gesten, ob die Lautstärke passt. Die Zuhörer – die Gemeinde – nickt und lauscht bei­nah andäch­tig der Erzählung, wie Gott ein­sam wur­de. Gott erkennt näm­lich, dass die Welt im Innersten von Gesetzen zusam­men­ge­hal­ten wird, damit zu einem Gerichtshof ver­kam, und hat dar­auf­hin erstaun­lich welt­li­che Gedanken: «In einem Gerichtshof lebt sich’s nicht fröh­lich mit­ein­an­der. Kein Wunder, dass ich so ein­sam bin.» Und so beschliesst er, die Welt umzu­bau­en. Ein Umbau nach dem Plan der Liebe soll es sein. «Wenn Gott damit fer­tig ist», endet Ulrich Knellwolf sei­ne Erzählung, «dann wird die Erde der Himmel sein.»

Zum Glück nicht Tierarzt

Eine gute Stunde spä­ter schliesst Ulrich Knellwolf sein Buch und damit auch die eigent­li­che Veranstaltung, die Zeit erlaubt eine klei­ne Fragerunde. Augenscheinlich sind aber kaum Fragen offen, denn es ist Ulrich Knellwolf zwei­fel­los gelun­gen, das «reli­gi­ös Ausstaffierte wie­der in Erden- und Menschennähe» zu brin­gen, wie «Der Bund» so tref­fend auf dem Klappentext des neu­en Buches fest­ge­hal­ten hat.

Spätestens beim abschlies­sen­den Apéro unter dem Dach des Helmhauses herrscht Einigkeit: Zum Glück ist Ulrich Knellwolf nicht Tierarzt gewor­den!

«Gott baut um – Weihnachtsgeschichten» von Ulrich Knellwolf ist erschie­nen im Verlag Nagel & Kimche

: http://www.kulturkritik.ch/2013/gott-baut-um-weihnachtsgeschichten-von-ulrich-knellwolf/