Von Pascal Mülchi – Trash Talk, Trash Film, Trash Music, Trash Whatever: Manchmal wird man das Gefühl nicht los, alles ist jetzt Trash – insbesondere in kultureller Hinsicht. Das englische Wort (zu Deutsch: Abfall, Kitsch, Müll, Plunder, Schund etc.) wird beliebig verwendet, der Anwendungsbereich droht auszu-ufern, die Anwendung überhaupt dürfte höchst umstritten sein. Doch genau deshalb bewegt «Trash Culture», die in den USA und im United Kingdom nicht selten auch als Term für «Modern Culture» gebraucht wird.
In dieser Rubrik soll versucht werden, die Trash-Kultur des 21. Jahrhunderts zu ergründen. Den Anfang macht ein Interview mit Ulf Steinhauer aka Django «Boogiebastard» Silbermann von der deutschen Beat-Kappelle Los Banditos. Anlässlich des Spontan-Gratis-Konzerts in der Brasserie in Bern am 9. Dezember gab der Bassist Einblick in seine Vorstellungen.
Los Banditos führen auch Trash in ihrer vielfältigen, absurden Musik-Beschreibung auf. Wie meint ihr das?
«Boogiebastard»: Trash ist für mich die Celebration des Sex. Oder die Art, mit einfachsten Mitteln und einer enormen Menge ironischer Selbstüberschätzung Werke zu schreiben, die die Klassiker zu übertreffen versuchen und es nach Meinung der Macher auch tun. Genau das tun wir mit unseren schlechten Anziehsachen und unserer komischen Musik, in der keiner oder nur selten einer singt. Wir wollen auf jeden Fall anders sein – komisch. Aber wir sind so. Menschen von weit her eben. Trash widerspiegelt sich auch in unserem Publikum: Es reicht von Retro-Rockabillys über Metal bis zu Punks, Altrockern und Klassikfans. Ich glaube, was die Leute verbindet, ist der Glaube an die Freiheit, sich nicht dem Mainstream zu unterwerfen, sondern selbständig zu denken und zu handeln. Sich komisch anzuziehen und an unmöglichen Orten Parties zu feiern. Von mir aus ist auch das Trash.
Gibt es Trash per se als Musikstil?
«Boogiebastard»: Wenn man sich schon einen Stil ausdenken muss, über den die Medien dann neue Heftchen erfinden können, um sie gewinnmaximierend zu verhökern, dann ist Trash wohl das Wohlklingendste. Trash verweigert sich dem Ordentlichen, will oder kann nicht Geld verdienen. Es ist ein Lebensgefühl, wie es vielleicht die letzten durchgeknallten Hippies hatten. Wie gesagt, für mich ist Trash die Kunst, zu tun und zu lassen, was man will, was Spass macht und Eier hat.
Porno Uschi, Sabine, Schlangenfrau, Unbekannte wilde Frau: ihr braucht sehr eigenwillige, für mich trashige Songnamen …
«Boogiebastard»: Wir mögen Frauen mehr als Männer, deshalb schreiben wir für sie mehr Songs und die klingen dann vielleicht manchmal etwas eigenwillig. Aber das ist gut so.
Ihr seid in der DDR aufgewachsen – übte sie einen Einfluss auf eure Musik aus? Und tut sie das auch heute noch, zwanzig Jahre nach dem Mauerfall?
«Boogiebastard»: Ja. Zuerst waren es die verbotenen Beatkapellen Sputniks, Frank Echo Quintett, Schumann Combo, die uns mit ihrer komischen Lyrik und dem nasalen Sound inspiriert haben. Später kam dann noch britischer Psychedelic und amerikanischer Soul dazu.
Ich denke wir können Songs schreiben, die völlig unterschiedlich sind und doch hört man heraus, dass es Los Banditos ist. Das wird sich nicht ändern. Auch nicht nach 40 Jahren Mauerfall.
Gibt für dich denn überhaupt so was wie eine Trash-Kultur?
«Boogiebastard»: Ich denke, der Inhalt, den das Wort Trash heute trägt, war schon in jeder Generation vorhanden. Es hiess eben nur anders. Heute sind Spagetti-Western Trash. In der Zeit, in der sie gedreht wurden, waren das Kassenschlager, nicht nur weil sie lustig waren.
Man erhebt das Billige zur Kunst. Aber das wurde schon immer gemacht.
Los Banditos «glauben» bald ein neues Album angehen zu können …
Foto: zVg.
ensuite, Januar 2010





