Sweet Loves Chili

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Von Barbara Roelli – Neulich beim Apéro. Wir tref­fen uns direkt am See. Jemand besorgt küh­les Bier, ich küm­me­re mich um die Knabberei. «Keine ori­gi­nel­le Wahl» den­ke ich anfangs, als ich beim Grossverteiler auf das brei­te Wandregal mit den Pommes Chips zusteu­re. Als ich dann aber die Auslagen durch­se­he, wer­de ich ein­mal mehr eines bes­se­ren belehrt. Die Chips-Industrie schläft nicht! Sie macht dem Fooddesign alle Ehre, denn sie über­trifft sich immer wie­der selbst mit ihren aus­ge­tüf­tel­ten Geschmackrichtungen: Züri Geschnetzeltes, Wasabi, Serranoschinken, «Piemont» mit Trüffelgeschmack und Olivenöl und «Tandoori & Joghurt», von der indi­schen Küche inspi­riert. Lebensmitteltechnologen strot­zen vor Ideen wenn es dar­um geht, einem hauch­dünn geschnit­te­nen Scheibchen Kartoffel kuli­na­ri­sches Leben ein­zu­hau­chen; ihm Aroma ein­zu­imp­fen und es anschlies­send in Fett zu frit­tie­ren.
Nun hal­te ich sel­ber eine sol­che Innovation in den Händen: Kartoffelchips mit Chili- und Mangogeschmack. Und ent­spre­chend dem Boden ent­rückt, aus dem die Kartoffeln ein­mal aus­ge­bud­delt wur­den, klingt auch der Name der Chips-Sorte: «Sweet Loves Chili». Die Kombination reizt mich, denn ich mag süss­schar­fe Gerichte und Mangos. Und die schwar­ze Chipsverpackung mit Flammen drauf, Charlie Chaplin-Melone, umher­flie­gen­den Paprikaschoten und gras­grü­nen Origami-Kranichen hat eine magi­sche Wirkung auf mich. Ich grei­fe zu.

Angekommen am See öff­ne ich die Packung (sie­he Bild). Sie ist knapp zu einem Drittel gefüllt. Der Rest der 30 cm hohen und halb so brei­ten Plastiktüte ist leer. Ich fin­de das ziem­lich frech. Für die­se 100 g aro­ma­ti­sier­ten, in Sonnenblumenöl aus­ge­backe­nen Kartoffelscheiben habe ich 3.50 Franken bezahlt. Zum Vergleich: Für eine fast 300 Gramm-Packung Nature Chips bezahlt man beim sel­ben Grossverteiler 3.90 Franken. Hat es auf den «Sweet Loves Chili»-Chips einen Lebensmitteltechnologen-Preisaufschlag drauf – für beson­ders inno­va­ti­ve Produkte? Und bezüg­lich der Menge – hat es ein­fach weni­ger Chips in der Packung, weil «minus 50 Prozent Fett» drauf­steht? Nach dem Motto: Iss die Hälfte, bezahl das Ganze? Statt über die Preisgestaltung oder die Füllmengen von ChipsPackungen zu spe­ku­lie­ren könn­te ich eigent­lich mein erstes Beanstandungsschreiben als Kundin ver­fas­sen. Bis jetzt fand ich, sol­che Schreiben sind für Leute, die immer etwas zu rekla­mie­ren haben, die sowie­so mit sich und ihrem Umfeld nicht zufrie­den sind. Oder für Profiteure, die sagen, die Müslimischung habe nach Mottenpapier geschmeckt und als Entschädigung grad drei fri­sche Müslipackungen wol­len. Jetzt fin­de ich aber sel­ber: Nein, man muss sich nicht alles gefal­len las­sen. Meine Reklamation müs­sen die Leute vom Grossverteiler zur Kenntnis neh­men. Sie wer­den sich bestimmt auch fra­gen, ob mir die Chips grund­sätz­lich geschmeckt haben. Dazu könn­te ich tat­säch­lich auch was schrei­ben, also pro­bie­re ich von ihnen. Knusprig sind sie … aber von den Chilis spü­re ich kaum etwas; die Schärfe fehlt mir. Dafür domi­niert das Mangoaroma auf mei­ner Zunge. Dieses Mangoaroma erin­nert mich an ein Douche-Gel. Und der Kartoffelgeschmack ist völ­lig ver­lo­ren gegan­gen. In mei­nem Beanstandungsschreiben wird also ste­hen: Sehr geehr­te Damen und Herren, auch wenn die Packung der «Sweet Loves Chili»-Pommes Chips nur zu einem Drittel gefüllt war, es macht nichts.

Foto: zVg.
ensuite, August 2013

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