Er zählt zu den ganz grossen Namen der Schweizer Kultur im 20. Jahrhundert: Max Frisch. Am 15. Mai 2011 wäre er 100 Jahre alt geworden, am 4. April 2011 jährte sich ausserdem zum 20. Mal sein Todestag. Aus diesem Anlass widmet die Kulturabteilung von Schweizer Radio und Fernsehen Max Frisch einen Themenschwerpunkt. Mit zahlreichen Beiträgen und Hintergrundsendungen in den Radio- und Fernsehprogrammen, mit Hörspielen sowie Spiel- und Dokumentarfilmen würdigt SRF den grossen Schweizer Schriftsteller. Das ganze Programm mit zusätzlich interaktiven Elementen ist auf ww.maxfrisch.srf.ch abrufbar.
Wenige haben sich so intensiv wie er mit der Rolle der Schweiz in der Welt auseinandergesetzt; und wenige Schweizer Schriftsteller haben weit über die Grenzen des Landes hinaus eine solche Strahlkraft erreicht wie er. Wenige auch wurden zu Lebzeiten so kontrovers diskutiert. 20 Jahre nach Max Frischs Tod hat sein Werk an Aktualität kaum eingebüsst. Vom Montag, 2. Mai, bis Sonntag, 15. Mai widmet Schweizer Radio und Fernsehen dem unbequemen Schriftsteller zwei Themenwochen in den Radio- und Fernsehprogrammen: Was junge Autorinnen und Slampoeten von Max Frisch halten, bringen sie «Frisch geslamt» aufs Papier – nachzuhören vom 2. bis 6. Mai in «DRS2aktuell» und auf DRS Virus. In den ersten Maiwochen startet auch eine Hörspielreihe mit Frischs Werken, die auf DRS 1 und DRS 2 ausgestrahlt werden: «Rip van Winkle», «Herr Biedermann und die Brandstifter», «Em Philipp Hotz sy gross Wuet» oder «Der Graf von Öderland». Highlight dieser Reihe ist das neu produzierte, zweiteilige Hörspiel «Montauk», das jeweils am Samstagabend auf DRS 2 zu hören ist. Dieses meisterhafte Prosastück von 1975 wurde erstmals als Hörspiel aufbereitet und ist eine Koproduktion mit dem SWR. Was Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt wohl im Himmel zusammen diskutieren, darüber fantasiert Matto Kämpf in seinem Kurzhörspiel «Dichter!! Max und Fritz am Poetry Slam» am Samstag, 7. Mai, in «DRS2aktuell». Der «Kulturplatz» zeigt in den Themenwochen einen Beitrag zu Frischs Fiche sowie zum Siegeszug von Frischs Theaterstück Andorra. «Box Office» fragt nach, warum Max Frisch so selten verfilmt wird und stellt den neu produzierten Film «Max Frisch: Zürich-Transit. Das gescheiterte Filmprojekt» von Matthias von Gunten vor.
SF 1 zeigt am Sonntag, 8. Mai, Matthias von Guntens ersten Dokumentarfilm «Max Frisch, Citoyen». Der Film taucht ein in die Texte und Reden von Frisch – sekundiert von berühmten Freunden des Schriftstellers. Filmische Umsetzungen von Frischs Werken zeigt SF 1 am Donnerstag, 5. Mai 2011 mit «Homo Faber» (von Volker Schlöndorff) und am Mittwoch, 11. Mai 2011, mit «Biedermann und die Brandstifter» jeweils nach 00.00 Uhr. Mehr über Leben und Denken, Werk und Wirken des streitbaren Schweizers erfährt das Publikum in diversen Radio-Hintergrundsendungen: Der Publizist und Schriftsteller Dieter Bachmann berichtet am 5. Mai in der «Passage2» über seine persönlichen Erinnerungen an Frisch. «Reflexe» thematisiert am 10. Mai das Verhältnis der Westschweiz zum Deutschschweizer Autor. In «Schwiiz und quer» auf DRS 1 diskutieren Gäste über die Aktualität von Frischs Fragebogen, die «Hörbar» stellt die neuesten Hörbücher vor, und der «WortOrt» begibt sich im Max-Frisch-Archiv auf Spurensuche. Schweizer Radio und Fernsehen öffnet für den Themenschwerpunkt auch seine reichen Archive: In der «Passage2» vom 12. Mai kommt Max Frisch selber zu Wort – in Gesprächen, Redeausschnitten und Lesebeispielen. Mit einer Fernsehthemennacht am 13. Mai und einer Radiohörnacht am 14. Mai kann das Publikum schliesslich weitere, überraschende Zeitdokumente wiederentdecken. Den Schlusspunkt der Themenwochen setzen am 15. Mai – dem 100. Geburtstag von Max Frisch – die «Sternstunden». In einem Gespräch mit dem Frisch-Biografen Julian Schütt und der Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji geht Moderator Juri Steiner in der «Sternstunde Philosophie» der Frage «Max Frisch – was nun?» nach. Im Anschluss zeigt die «Sternstunde Kunst» den eigens für den Themenschwerpunkt produzierten Film «Max Frisch: Zürich-Transit. Das gescheiterte Filmprojekt» von Matthias von Gunten. Mit raren Aufnahmen und Berichten von Zeitzeugen erzählt von Gunten den Versuch Frischs nach, mit «Zürich-Transit» seinen eigenen Spielfilm zu verwirklichen. Ein eigener Multimedia-Auftritt rundet das Angebot von SRF ab. Auf www.maxfrisch.srf.ch haben Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, sich mit Max Frisch auseinanderzusetzen. Sie können neben Prominenten einen der berühmten Fragebögen, die Frisch formuliert hat, ausfüllen und schauen, was die anderen sagen. Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, in einem Video ihr Verhältnis zu Frisch zu schildern und diese Kurzfilme werden dann online gestellt. Schliesslich kann das gesamte Programmangebot von SRF auf der Website abgerufen werden.
Die Sendungen der Themenwochen im Überblick
Vom 4. April bis zum 15. Mai 2011, täglich zwischen 06.00 und 09.00 Uhr, DRS 2 «Mattinata»: Frisch-Zellen
Max Frisch ist bekannt für seine markanten Sätze zur Schweizer Geschichte und Politik, aber auch für unvergessliche Romananfänge wie «Ich bin nicht Stiller» und für wunderbar plastische Beschreibungen und Vignetten – Ansichten aus Zürich, aus New York oder Rom, hinreissende Naturszenerien und kleine Porträts. DRS 2 hat besonders schöne und besonders nachdenklich stimmende Passagen aus Max Frischs Prosawerk herausgesucht – und streut sie ins Morgenprogramm ein: Die Frisch-Zellen sind kleine Zufallsbegegnungen mit funkelnden Hörstücken und Trouvaillen.
Montag, 2. Mai., bis Freitag, 6. Mai 2011, 12.00, DRS 2 und im agesprogramm von DRS Virus «DRS2aktuell» / DRS Virus: Frisch geslamt
Junge Autorinnen und Slampoeten erweisen Schriftsteller Max Frisch die Reverenz. Laurin Buser, Nora Gomringer, Renato Kaiser, Lara Stoll und Raphael Urweider lassen sich von Max Frisch inspirieren: In kurzen Slams und Raps spielen sie frei und frank mit Frischs Worten und Zitaten. Sie zeigen in der Serie «Frisch geslamt» ihre ganz persönliche Sicht auf den kritischen Citoyen und grossen Schweizer Schriftsteller. Für Ohren- und Augenmenschen sind die Inszenierungen der Slampoeten als Video auf der Website www.maxfrisch.srf.ch und auf www.drsvirus.ch zu sehen. (Zweitsendung: gleichentags, 17.05 Uhr, DRS 2)
Mittwoch, 4. Mai 2011, 20.00 Uhr, DRS 2 «Hörspiel DRS 2»: «Rip van Winkle» von Max Frisch
Ein Fremder ohne Ausweispapiere wird verhaftet. Alles deutet darauf hin, dass es sich um einen vor Jahren aus der Stadt verschwundenen Bildhauer handelt. Doch der Mann weigert sich, einen Namen anzunehmen, der ihn wieder in sein altes Leben zurückführen muss. Beharrlich kämpft er gegen die Indizien seines früheren Selbst an, aber die Akten sind stärker; die Maschinerie weist ihn auf seinen alten Platz zurück. Oskar Werner setzt der Rolle des Fremdlings in der «Hamburger Fassung» des Hörspiels Glanzlichter auf. Musik: Siegfried Franz – Regie: Gert Westphal – Produktion NWDR Hamburg, 1954 – Dauer: 60′28″
Mittwoch, 4. Mai 2011, 22.50 Uhr, SF 1 «Kulturplatz»: Frischs Fiche – wie es Max Frisch ob dem Schnüffelstaat die Sprache verschlug
Als unermüdlicher Beobachter und Kritiker in einem durchaus patriotischen Sinn äusserte sich Max Frisch zeitlebens über seine Heimat. Vielen galt er als politisches Vorbild und Vordenker, und sein Werk wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft. Doch die offizielle Schweiz traute ihm – ungeachtet aller Ehrungen – nie so ganz. Als Frisch seine Fiche erhält, das letzte offizielle Dokument der Schweiz über ihn, verschlägt es ihm, dem Wortgewaltigen, buchstäblich die Sprache.
Donnerstag, 5. Mai 2011, 22.45 Uhr, SF zwei «Box Office»: Warum wird Max Frisch so selten verfilmt?
«Box Office» sendet einen Beitrag zum Thema: Warum wird Max Frisch so selten verfilmt? Liegt’s am fehlenden Mut oder fehlenden Rechten? Oder sind seine Stoffe schlicht zu literarisch und introspektiv? Lässt sich das «Weisse zwischen den Worten», das Frisch Werk auszeichnet, wie Filmemacher Alexander J. Seiler einmal treffend beschrieb, partout nicht ins Kino transportieren? Die Redaktion fragt diesbezüglich bei Schweizer Regisseuren wie Rolf Lyssy oder Samir nach und stellt Max Frischs glücklose Beziehung zum Medium Film in einer Analyse der starken Kino-Präsenz von Friedrich Dürrenmatt gegenüber.
Donnerstag, 5. Mai 2011, 00.20 Uhr, SF 1 Homo Faber (Spielfilm von Volker Schlöndorff, Frankreich/Deutschland 1991)
Als der 50-jährige Ingenieur Walter Faber auf einer seiner vielen Reisen die Bekanntschaft einer schönen jungen Frau macht, wird er auf schmerzhafte Weise an seine Vergangenheit erinnert. Die Verfilmung seines wohl berühmtesten Romans «Homo Faber» durch Volker Schlöndorff hat Max Frisch noch erlebt. Er war davon so angetan, dass er dem Regisseur seinen geliebten Jaguar schenkte. SRF zeigt den Film im Rahmen einer Hommage an den grossen Schweizer Schriftsteller und Weltbürger Max Frisch, der am 15. Mai 1911 in Zürich geboren wurde.
Freitag, 6. Mai 2011, 20.00 Uhr, DRS 2 «Passage2»: Max Frisch – Vorbild und Leitfigur? Ein Gespräch mit Dieter Bachmann
Max Frisch war in der Schweiz für viele ein rotes Tuch – und für nicht wenige eine intellektuelle und künstlerische Leitfigur, der man sich mit Respekt näherte, an der fast kein Weg vorbei führte. Dies gilt besonders für die Generation, die auf Frisch folgte. Zur ihr gehört der Publizist und Schriftsteller Dieter Bachmann, Jahrgang 1940. Von der Uraufführung von «Andorra» im Zürcher Schauspielhaus 1961 bis kurz vor Frischs Tod ist Dieter Bachmann Max Frisch und seinem Werk immer wieder begegnet. Und 1991 gab er ein «du» zu Max Frisch heraus, dessen Entstehung Max Frisch noch mitbekam. Im Gespräch mit Barbara Basting geht Dieter Bachmann seinen Erinnerungen an Max Frisch nach. (Zweitsendung: Sonntag, 8. Mai 2011, 15.00 Uhr, DRS 2)
Freitag, 6. Mai 2011, 20.00 Uhr, DRS 1 «Hörspiel DRS 1»: «Herr Biedermann und die Brandstifter» von Max Frisch
Es ist ein Klassiker des modernen Theaters und ein Welterfolg sondergleichen: Max Frischs Parabelstück vom fahrlässigen Umgang eines freien Bürgers mit den Feinden seiner Freiheit. Auf DRS 1 gibt es jetzt ein Wiederhören mit der Urversion des «Biedermann»-Stoffes, die Frisch 1953 für das Radio geschrieben hat. Brandstifter gehen um in der Stadt, doch Herrn Biedermann kümmert das nicht, solange es ihn nicht trifft. Und als es ihn trifft, will er es nicht wahrhaben, sogar als Benzinfässer in sein Haus geschafft werden. Angst und Fantasielosigkeit lassen ihn glauben, er werde schon verschont bleiben, wenn er nur mit den Brandstiftern paktiere. Schliesslich drückt er ihnen selbst die Streichhölzer in die Hand – als Vertrauensbeweis. Mit: Helmut Winkelmann (Verfasser), Wolfgang Rottsieper (Biedermann), Gertrud Rudolph (Frau Biedermann), Fred Kretzer (Schmitz), Paul Felix Binz (Eisenring), Susi Aeberhard (Anna) Regie: Klaus W. Leonhard – Produktion: SR DRS 1971; Dauer:71‘
Samstag, 7. Mai 2011, 12.00 Uhr, DRS 2 «DRS2aktuell»: «Dichter!! Max und Fritz am Poetry Slam» – Kurzhörspiel von Matto Kämpf
«Jeder war der Schatten des anderen», sagte Max Frisch zu Lebzeiten, im Rückblick über die wechselvolle Beziehung zum zehn Jahre jüngeren Dürrenmatt. «Das hat uns beide verdrossen.» Kommen die beiden unterdessen besser zurecht miteinander? Der Berner Autor und Bund-Kolumnist Matto Kämpf («Krimi», Rabenvater») wendet seinen (mitunter schwarzen) Humor an das Dichterpaar auf luftiger Wolke: Was bewegt sie, wenn sie die heutige, aktive, so ganz anders klingende Literaturszene von ferne betrachten…? Ein Dialog im Himmel. (Zweitsendung: gleichentags, 17.05 Uhr, DRS 2)
Samstag, 7. Mai 2011, 21.00 Uhr, DRS 2 «Hörspiel DRS 2»: «Montauk» nach der gleichnamigen Erzählung von Max Frisch (Teil 1/2)
Die Erzählung «Montauk» halten viele Fachleute für den Höhepunkt von Max Frischs ohnehin schon meisterhafter Prosakunst. In jedem Fall ist dieses Buch über die Liebe ein radikal subjektives Stück Literatur, das bis in die heutige Blogosphäre Massstäbe setzt. SRF präsentiert nun in Koproduktion mit dem SWR erstmals eine Hörspielfassung von «Montauk». «Montauk» – das ist die Geschichte des über 60-jährigen Schriftstellers Max und der jungen Verlagsangestellten Lynn, die sich im Mai 1974 in New York treffen. Erzählt wird in präzisen Momentaufnahmen ihre Affäre, das gemeinsame Wochenende mit dem Ausflug an die Nordspitze von Long Island. Gleichzeitig blickt der Autor zurück auf das Leben eines Ehemannes, Liebhabers, notorischen Fremdgängers: «Ich möchte wissen, was ich, schreibend unter Kunstzwang, erfahre über mein Leben als Mann». In einer einzigartigen Collage aus Erinnerungen, Tagebuchauszügen und Selbstreflexionen seziert Frisch sein Lebens- und Liebesbild. Die Übersetzung ins akustische Medium ergänzt die offene Struktur der Vorlage mit Briefen von Uwe Johnson und Marianne Frisch, die sich als direkt Betroffene kritisch mit der Frage auseinandersetzen: Wie privat darf eine Veröffentlichung sein? So wird auch für heutige Ohren erleb- und überprüfbar, was Frisch mit seinem programmatischproblematischen Versuch eines «aufrichtigen» Schreibens im Sinn hatte. Mit: Ueli Jäggi (Max), Monica Gillette (Lynn), Thomas Sarbacher (Uwe), Susanne-Marie Wrage (Marianne). Weitere Stimmen: Rudolf Kaspar, Päivi Stalder, Geri Dillier, NN, Elisabeth Schnell, Anina Barandun, Isabel Schaerer, Reto Ott Technik: Ueli Karlen, Mirjam Emmenegger – Redaktion und Dramaturgie: Reto Ott, Dagmar Schnürer – Musik: Fritz Hauser Hörspiel-Bearbeitung und Regie: Leonhard Koppelmann – Produktion: SR DRS/SWR 2011
(Teil 2: Samstag, 14. Mai 2011, 21.00 Uhr, DRS 2)
Sonntag, 8. Mai 2011, 23.05 Uhr, SF 1 Max Frisch, Citoyen (Matthias von Gunten, Schweiz 2008)
Der Dokumentarfilm verleiht Max Frisch den Titel «Citoyen». Nicht von ungefähr, der Schweizer Schriftsteller von Weltruf war immer auch ein engagierter Staatsbürger. Stets hat er Stellung zum aktuellen Zeitgeschehen genommen, selten aber im Sinne der politischen Mehrheit. So erstaunt es nicht, dass Frisch schon früh auf die Liste potenzieller Schweizer Staatsfeinde geriet. Bis kurz vor seinem Tod wurde Frisch minutiös von den Schweizer Staatsschützern überwacht, seine Aktivitäten wurden fichiert. Der Basler Filmemacher Matthias von Gunten lässt sich in seiner filmischen Reise durch Frischs Texte und Reden von berühmten Freunden des Schriftstellers sekundieren. So schildern Peter Bichsel, Günter Grass, Christa Wolf, Helmut Schmidt oder Henry Kissinger, wie sie Max Frisch erlebt haben. In aufwendigsten Recherchen fand von Gunten zudem zeitgetreue Bilddokumente, die er am Schnittplatz zu eigentlichen Erinnerungslandschaften komponiert, ohne dass diese zu sehr von Frischs eindrücklichen Texten ablenken.
Montag, 9. Mai 2011, 14.00 Uhr, DRS 1 «Hörspiel DRS 1»: Em Philipp Hotz sy grossi Wuet – Dialekthörspiel nach dem gleichnamigen Schwank von Max Frisch
Das einaktige Stück um einen Wutbürger, der sich ganz unpolitisch im ehelichen Kleinkrieg aufreibt, wurde 1958 gemeinsam mit «Biedermann und die Brandstifter» zur Uraufführung gebracht, quasi als dessen Nachspiel. Dem munteren Schwank blieb allerdings im Gegensatz zur musterhaften Parabel die Weltgeltung versagt. Philipp Hotz hat seine Frau Dorli in den Kleiderschrank gesperrt und räumt die Wohnung aus. Er will sich endlich und endgültig von ihr trennen. Da fliegen die Fetzen, krachen die Möbel und kocht die Stimmung. Charles Benoit inszenierte dieses ebenso handfeste wie komische Ehedrama – das ja ursprünglich als Hörspiel konzipiert worden war – 1983 für das Radio, in einer Mundartfassung von damaligen Studenten der Theaterwissenschaft in Bern. Mit: Franz Matter (Philipp Hotz), Silvia Jost (Dorli), René Besson (Wilfried), Renate Müller (Clarissa), Hanspeter Otti (Der alte Dienstmann), Peter Freiburghaus (Der junge Dienstmann), Brigitte Bissegger (Jumpfer), Dieter Stoll (Schweizer Zöllner), Pierre Kocher (Französischer Zöllner/Ausrufer), Charles Benoit (Garçon) Regie: Charles Benoit – Produktion: SR DRS 1983; Dauer: 34‘
Dienstag, 10. Mai 2011, 10.00 Uhr, DRS 2 «Reflexe»: Wie ist Max Frisch in der französischen Schweiz angekommen?
Wie haben die Leserinnen und Leser in der französischen Schweiz Max Frisch wahrgenommen? Wie die Kritiker? Wird er in den Gymnasien gelesen? Weshalb gewinnt man den Eindruck, dass Friedrich Dürrenmatt in der Westschweiz bis zum heutigen Tag viel präsenter ist als Max Frisch? Hat er vielleicht bei welschen Autoren Spuren hinterlassen? Martin Heule spricht darüber mit dem Westschweizer Literaturkritiker Wilfred Schiltknecht und dem Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Lausanne, Peter Utz. (Zweitsendung: gleichentags, 22.00 Uhr, DRS 2)
Dienstag, 10. Mai 2011, 14.05 Uhr, DRS 1 «Schwiiz und quer»: «Was fehlt Ihnen zum Glück?»
Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch wollte es ganz genau wissen. Dies kommt in den elf Fragebogen besonders deutlich zum Ausdruck, die er in seinem «Tagebuch 1966–1971» veröffentlichte. Dutzende von Fragen stellte er, gruppiert nach verschiedenen Themen. Wie viel Heimat brauchen Sie? Wofür sind Sie dankbar? Was ertragen Sie nur mit Humor? Die Fragen von Max Frisch sind heute so aktuell wie damals vor 40 Jahren. Literatur-Redaktorin Anita Richner diskutiert darüber mit der Musikerin Erika Stucky und dem Flughafenseelsorger Walter Meier.
Mittwoch, 11. Mai 2011, 14.05 Uhr, DRS 1 «Hörbar»: Hörbücher zu Max Frisch
Pünktlich zu den beiden Max Frisch Jubiläen erscheinen auch diverse Max-Frisch-Hörbücher. Alleine der Schweizer Christoph Merian Verlag wartet mit zwei neuen Produktionen auf: «Der Graf von Öderland» als Hörspiel und die Dokumentation «Max Frisch spricht». Aber Max Frisch war schon immer gut dokumentiert, und so gibt es ein grosses Angebot an Max-Frisch-Hörbüchern, deren Material bis in die 1960er-Jahre zurückreicht, bis zur Uraufführung von «Andorra» am Schauspielhaus Zürich. Die «Hörbar» stellt alte und neue Max-Frisch-Hörbücher vor.
Mittwoch, 11. Mai 2011, 20.00 Uhr, DRS 2 «Hörspiel DRS 2»: «Der Graf von Öderland» – Dramatische Skizze aus dem «Tagebuch 1946–1949» von Max Frisch
Die Figur des Grafen Öderland mit der Axt in der Hand hat Max Frisch nie ganz losgelassen. Zum ersten Mal taucht sie in einer dramatischen Skizze in seinem ersten Tagebuch auf zum Thema: der Ausbruch aus einem Zivilisationskorsett, in dem die «Seelen versklavt» werden. Träger der Handlung ist ein Oberrichter, der – verstört durch den Fall eines Mörders ohne Motiv – in den Wald flüchtet; dort wird er zur quasimythischen Figur des Grafen Öderland, der sich den Weg zur Freiheit mit der blanken Axt bahnt: «Herrlich sind wir und frei!» Mit Hanspeter Müller-Drossaart als Erzähler/Max Frisch, Felix von Manteuffel als Graf von Öderland und vielen anderen – Komposition: Alfred Zimmerlin – Radiofassung und Regie: Stephan Heilmann – Produktion Schweizer Radio und Fernsehen, 2003 – Dauer: 67′30″
Mittwoch, 11. Mai 2011, 22.55 Uhr, SF 1 «Kulturplatz»: Andorra und Andri auf immer?
Max Frischs Stück Andorra sorgt bis heute für ausverkaufte Theaterhäuser. Ein erstaunlicher Erfolg, obwohl die Geschichte nachwievor aktuell und stark ist. Doch die arg moralinsaure Form des Lehrstücks, in der Max Frisch sie erzählt, wirkt heute völlig überholt. «Kulturplatz» geht der Frage nach, wieso das Stück die Zuschauer trotzdem in Scharen anzieht.
Mittwoch, 11. Mai 2011, 00.05 Uhr, SF 1 Biedermann und die Brandstifter
Max Frischs berühmtes Theaterstück «Biedermann und die Brandstifter» – in einer Fernsehumsetzung, für die Frisch 1966 eigens eine neue Fassung des Dramas schrieb. Max Frisch lässt in dieser Fernsehumsetzung seine Hauptfigur, Herrn Biedermann, in einem Interview Stellung nehmen, was geschehen ist. Die Geschichte – erzählt er – beginnt damit, dass Brandstifter in der Stadt umgehen. Solange es ihn selbst nicht trifft, bleibt Herr Biedermann gelassen. Nicht einmal, als sich zwei Hausierer auf seinem Dachboden einnisten und unbekümmert Benzinfässer in den Dachboden hinauf schaffen, will Herr Biedermann die Realität wahrhaben. Ein notorischer Idylliker ist er, dieser Biedermann. Angst und Fantasielosigkeit lassen ihn glauben, er werde schon verschont bleiben, wenn er nur mit den Brandstiftern paktiere. Seine Naivität gipfelt in der Szene, in der er den Brandstiftern als Vertrauensbeweis gar noch die Streichhölzer gibt, um die sie ihn gebeten haben, und das Schicksal seinen Lauf nimmt.
Donnerstag, 12. Mai 2011, 14.05 Uhr, DRS 1 «WortOrt»: Besuch im Radio-Archiv
Das Archiv von Schweizer Radio DRS birgt viele Schätze. Auch viele Aufnahmen von Max Frisch: Theaterstücke, Hörspiele, Lesungen, aber auch Reden und Gespräche. Manche dieser Aufnahmen sind heute richtige Trouvaillen, wie eine aus dem Jahr 1970, die Max Frisch im Gespräch mit dem jungen Peter Bichsel zeigt. Literaturredaktor Hans Ulrich Probst, selber oft Gesprächspartner von Max Frisch, führt durchs Radio-Archiv und erzählt von den Hintergründen der Max Frisch-Aufnahmen.
Donnerstag, 12. Mai 2011, 22.45 Uhr, SF zwei «Box Office»: Matthias von Guntens neues Filmprojekt über Max Frisch
In einem Beitrag zur Dokumentation «Max Frisch: Zürich-Transit. Das gescheiterte Filmprojekt» stellt «Box Office» Matthias von Guntens neues Filmprojekt vor. Die Dreharbeiten zu Frischs ehrgeizigem Versuch, einen Spielfilm zu verwirklichen, mussten zwei Mal nach wenigen Drehtagen abgebrochen werden, weil gleich zwei Regisseure nach kurzer Zeit schwer erkrankten. Mit einem Verlust von mehreren hunderttausend Franken wurde das Projekt begraben, die gedrehten Szenen verschwanden in einem Archiv. Mehr Ertrag bei deutlich weniger Aufwand erzielten die Teilnehmer unseres Zuschauer-Wettbewerbs. Ihre 100-Sekunden-Filme zum Thema Max Frisch sind auf www.frischfilm.ch zu sehen. Den besten Wettbewerbs-Beitrag zeigen wir in unserer Sendung.
Freitag, 13. Mai 2011, 20.00 Uhr, DRS 2 «Passage2»: 100 Jahre Max Frisch – der Autor im Originalton
Viel ist seit Anfang dieses Frisch-Jahres, in dem innert sechs Wochen 20. Todestag und 100. Geburtstag des bedeutenden Schweizer Schriftstellers begangen werden, über Max Frisch gesagt und geschrieben worden. In der «Passage2» kommt nun ausschliesslich der Autor selbst zu Wort – in Gesprächen, Redeausschnitten und Lesebeispielen aus seinen Texten aus allen Jahrzehnten seines Schaffens. Redaktion dieser für Frisch-Kenner und ‑Nicht-Kenner konzipierten Collage: Hans Ulrich Probst (Zweitsendung: Sonntag, 15. Mai 2011, 15.00 Uhr, DRS 2)
Freitag, 13. Mai 2011, ab 00.10 Uhr, SF 1 Themennacht Max Frisch
Max Frisch hat im Fernseharchiv zahlreiche Spuren hinterlassen, auch wenn seine eigenen filmischen Pläne gescheitert sind. Er stand für Interviews und Gespräche zur Verfügung, und als öffentliche Person wurde er schon früh und bis kurz vor seinem Tod von den Kameras begleitet. In unserer Filmnacht zeigen wir Trouvaillen aus unserem Archiv, in denen das Publikum Max Frisch und seine Persönlichkeit erleben kann. Legendäre Gespräche wie jenes mit Bundesrat Kurt Furgler oder Aufführungen seiner Stücke wie «Andorra» finden sich ebenso darunter wie filmische Porträts.
00.10 Uhr: Ein Besuch bei Max Frisch von Corinne Pulver (1961)
00.50 Uhr: Unter uns gesagt – Kurt Furgler und Max Frisch (1978)
01.50 Uhr: Telebühne: «Andorra» (1980)
05.10 Uhr: Max Frisch: Beruf Schriftsteller (1986)
Samstag, 14. Mai 2011, 21.00 Uhr, DRS 2 «Hörspiel DRS 2»: «Montauk» nach der gleichnamigen Erzählung von Max Frisch (Teil 2/2)
«Montauk» – das ist die Geschichte des über 60-jährigen Schriftstellers Max und der jungen Verlagsangestellten Lynn, die sich im Mai 1974 in New York treffen. Erzählt wird in präzisen Momentaufnahmen ihre Affäre, das gemeinsame Wochenende mit dem Ausflug an die Nordspitze von Long Island. Gleichzeitig blickt der Autor zurück auf das Leben eines Ehemannes, Liebhabers, notorischen Fremdgängers: «Ich möchte wissen, was ich, schreibend unter Kunstzwang, erfahre über mein Leben als Mann». In einer einzigartigen Collage aus Erinnerungen, Tagebuchauszügen und Selbstreflexionen seziert Frisch sein Lebens- und Liebesbild. Die Übersetzung ins akustische Medium ergänzt die offene Struktur der Vorlage mit Briefen von Uwe Johnson und Marianne Frisch, die sich als direkt Betroffene kritisch mit der Frage auseinandersetzen: Wie privat darf eine Veröffentlichung sein? So wird auch für heutige Ohren erleb- und überprüfbar, was Frisch mit seinem programmatischproblematischen Versuch eines «aufrichtigen» Schreibens im Sinn hatte.
Samstag, 14. Mai 2011, 23.00–02.30 Uhr, DRS 2 Radiohörnacht «Frisch gehört!»
Das Archiv von Schweizer Radio DRS birgt umfassende Bestände zu Max Frisch; sie reichen von frühen Lesungen aus dem Jahr 1937, die inzwischen museumsreif sind, bis zu seinen fulminanten Reden wenige Jahre vor seinem Tod. DRS 2 hat diese Bestände gesichtet und ein attraktives Hörprogramm zusammengestellt. Max Frisch 1964 im Gespräch mit den damaligen Starkritikern Hans Mayer und Marcel Reich-Ranicki; Max Frisch, der aus seinen Tagebüchern liest, Max Frisch im Gespräch mit Schülern über «Wilhelm Tell für die Schule»; Max Frisch in einer Lesefassung des Theaterstücks «Zürich-Transit»; Max Frisch mit wichtigen Reden wie jener über die «Schweiz als Heimat» zur Verleihung des Schillerpreises oder über das Ende der Aufklärung 1986 in Solothurn – ein Querschnitt, der viele Facetten seines Werks und vor allem aber seine Stimme und den einzigartigen Duktus seiner Sprache hörbar macht.
Sonntag, 15. Mai 2011, 11.00 Uhr, SF 1 «Sternstunde Philosophie»: Max Frisch – was nun?
Vor 100 Jahren geboren, vor 20 Jahren gestorben – Max Frisch gehört zum Kanon der deutschen Literatur und wird zum Klassiker. Doch wohin geht die Reise seines Werks ausserhalb der Germanistik? Wie liest und spürt ihn eine Generation, die den Aktivdienst nicht gekannt hat und für die das Frauenstimmrecht Selbstverständlichkeit ist? Wie sehr erkennen wir uns wieder in Frischs Bestreben nach Ehrlichkeit, seinem Bestehen auf Veränderung und seiner permanenten Flucht vor Gleichmass, Sesshaftigkeit und Gewohnheit? Was können wir anfangen mit seiner Betroffenheit, der lebenslangen Auseinandersetzung mit den Themen Biografie, Liebe, Militär und dem Leiden an der Schweiz der Nachkriegszeit. Was sagen wir zu seinen Kämpfen mit den Mythen einer Heimat, die – wie er sagte – kein Ziel mehr habe, weil sie am Ziel sei? Frischs Bücher und Theaterstücke werden nicht nur im Jubiläumsjahr gelesen und gespielt. Das Abenteuer, Frisch immer wieder neu zu erkunden, wirkt intakt, sein Fragebogen zielt bis heute auf unseren Kern, und «Montauk» von 1975 liest sich so, als habe das berühmte Wochenende auf Long Island eben erst stattgefunden. Julian Schütt, einer der besten Kenner von Leben und Werk des Schriftstellers und Autor von «Max Frisch. Biografie eines Aufstiegs» (2011) diskutiert zusammen mit der Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji und dem Moderator Juri Steiner über den Schweizer Weltautor, der in seine Kunst und Zeit verwickelt war und über den man bis heute gerne streitet.
Sonntag, 15. Mai 2011, 12.00 Uhr, SF 1 «Sternstunde Kunst»: Max Frisch: Zürich-Transit. Das gescheiterte Filmprojekt – Eine dokumentarische Nacherzählung von Matthias von Gunten
1965 begannen in Zürich die Dreharbeiten zu Max Frischs sogenannter Filmskizze «Zürich-Transit»: ein Mann entdeckt, dass er irrtümlich für tot gehalten wird, doch statt seiner Frau und seinen Angehörigen mitzuteilen, dass er noch lebt, entschliesst er sich, die Situation auszunützen und ein neues Leben zu beginnen. Die Dreharbeiten zu Frischs ehrgeizigem Versuch, einen Spielfilm zu verwirklichen, mussten zwei Mal nach wenigen Drehtagen abgebrochen werden, weil sowohl der erste Regisseur Erwin Leiser als auch der zweite, Bernhard Wicki, nach kurzer Zeit schwer erkrankten. Mit einem Verlust von mehreren hunderttausend Franken wurde das Projekt begraben, die gedrehten Szenen verschwanden in einem Archiv. Nun werden gewichtige Teile dieser Aufnahmen zugänglich gemacht. Auch eine szenische Lesung des Autors zum gleichen Werk vor Publikum in Berlin darf neu entdeckt werden. Aus beidem, sowie mit den Beiträgen von Zeitzeugen hat Matthias von Gunten die Geschichte jenes Unterfangens nacherzählt, das Max Frisch einmal mehr im Banne seines Grundthemas zeigt: der Frage nach der eigenen Identität.