Seeking a Friend for the End of the World

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Von Morgane A. Ghilardi – Wenn man sich über­legt, welch pro­mi­nen­te Rolle das Narrativ des Weltuntergangs in vie­len Kulturen ein­nimmt, ist es kein Wunder, dass so vie­le Blockbuster Zombieapokalypsen, Riesenroboterinvasionen, Erdmittelpunktexplosionen, Meganaturkatastrophen oder ähn­li­che Endzeitszenarien in Szene set­zen.

Die kürz­lich «über­stan­de­ne» Apokalypse dient als Musterbeispiel dafür, wie die Angst vor dem Ende für pseu­do-New Age Gurus zur Geldquelle wer­den kann. Jedoch ist das kein neu­es Phänomen. Seit dem Mittelalter ist im christ­li­chen Kontext die Angst vor dem nahen­den Ende omni­prä­sent. Die Tradition der instru­men­ta­li­sier­ten Apokalypse wur­de seit jeher von reli­giö­sen Sekten wei­ter­ge­führt. In den USA schlägt die Tea Party aus poli­tisch-reli­giö­sen Motiven in die­sel­be Kerbe, wäh­rend in den Medien der wirt­schaft­li­che und mora­li­sche Untergang gepre­digt wird. Während rea­le­re Sorgen wie um das Artensterben oder die Zerstörung von Ökosystemen trotz wis­sen­schaft­li­cher Basis teil­wei­se noch immer als libe­ra­ler Humbug abge­tan wer­den, schei­nen mate­ri­el­le, spi­ri­tu­el­le und reli­giö­se Existenzängste in den Medien Vorrang zu haben.

Im Film wer­den Visionen des Weltuntergangs meist spek­ta­ku­lär insze­niert. Zuschauer dür­fen sich nicht nur an der Zerstörungswut von Kreaturen oder Naturgewalten ergöt­zen, sie dür­fen auch hof­fen, denn meist ist die Apokalypse auch eine Wiedergeburt. Die Menschheit darf es nach einem glo­ba­len Reboot noch­mals ver­su­chen mit dem Menschsein. Wie in «The Road» (2009) kann der Neuanfang der Überlebenden sowohl schreck­lich als auch opti­mi­stisch sein.

Die Komödie «Seeking a Friend for the End of the World» (2012) ist im Kontext apo­ka­lyp­ti­scher Filme schwer zu plat­zie­ren. Wie «Last Night» (1998) oder Abel Ferreras «4:44 Last Day on Earth» (2011) wählt die­se Geschichte einen prag­ma­ti­schen Zugang zur Thematik. Nachdem ver­kün­det wird, dass die Welt mit völ­li­ger Sicherheit in Bälde unter­ge­hen wird, bleibt der Menschheit nichts ande­res übrig, als auf das Ende zu war­ten.

«Seeking a Friend» erzählt die Geschichte des Versicherungsangestellten Dodge (Steve Carell), der nach der Verkündung als­bald von sei­ner Frau ver­las­sen wird. Trotz bal­di­gem Einschlag des Asteroiden Mathilda geht er ins Büro, ver­kauft Versicherungen und fri­stet ein ein­sa­mes Dasein. Es ist ein­fach, über ihn und sein Beharren auf Routine zu schmun­zeln, und sich zu fra­gen, was mit ihm nicht stimmt. Seine Freunde las­sen es sich näm­lich nicht neh­men, mit Heroin, Sex und Vandalismus ihre Panik zu über­tün­chen. Als sei­ne Nachbarin Penny (Keira Knightley) in sein ver­blei­ben­des Leben tritt und sie sich gemein­sam auf die Flucht vor ran­da­lie­ren­den und plün­dern­den Mengen machen müs­sen, wird auch Dodge gezwun­gen, sich auf eine Reise zu bege­ben, um sei­nen und Pennys letz­ten Wunsch zu erfül­len.

Die Thematik könn­te sowohl den Zuschauer wie auch die Charaktere dazu ver­lei­ten, zynisch zu wer­den. Denn in die­ser Situation, in wel­cher das Innere durch Angst nach aus­sen gekehrt wird, kommt nicht unbe­dingt die beste Seite des Menschen zum Vorschein. Jedoch wird schnell klar, dass die Charaktere in die­ser Lage nicht ohne einen Sinn für Humor aus­kom­men kön­nen. Und obwohl die Situation unvor­stell­bar sur­re­al ist, geht es zum Schluss um etwas mon­dä­nes, aber den­noch zen­tra­les: Liebe. Ehrliche Liebe, die einem Hoffnung schenkt.

«Seeking a Friend for the End of the World» schafft als Komödie genau die Tonalität, wel­che ein arti­stisch-poe­ti­scher Zugang wie in «Melancholia» (2011) oder ein Action-Abenteuer wie «2012» (2009) nicht auf die glei­che Art erzeu­gen kön­nen. Der Film ani­miert zum Sinnieren, zum Lachen und zum Weinen, und bleibt trotz Kitsch sub­til.

Um das Ende zu ver­ra­ten: Es gibt kei­nen Twist, kei­nen Deus-Ex-Machina-Moment. Es gibt kei­ne visu­el­le Poetik und kei­nen spek­ta­ku­lä­ren Abgang. Im Gegenteil, die letz­ten Momente der Protagonisten wir­ken all­täg­lich und ruhig, und machen den Schluss abso­lut angst­ein­flös­send und sehr emo­tio­nal. Was zuerst eine rela­tiv leich­te Komödie ist wird in den letz­ten Minuten zum erschüt­tern­den Ernst, denn man kann nicht auf Rettung hof­fen und muss den Tatsachen – dem Ende – ins Auge sehen. Damit wird der Geschichte ein sehr wür­di­ger und stim­mi­ger Abschluss ver­lie­hen.

«Seeking a Friend for the End of the World». USA 2012. Regie: Lorene Scafaria. Darsteller: Steve Carell, Keira Knightley, Martin Sheen u.a. Dauer: 101 min.

Foto: zVg.
ensuite, Februar 2013

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