Searching for Sugar Man

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Von Lukas Vogelsang – Jetzt wirds absurd: Sixto Rodriguez? Kennen wir wohl nicht, und es geht ganz vie­len so. Zwar wur­de 1970 ein Album pro­du­ziert, und man setz­te gros­se Stücke auf den mexi­ka­nisch-stäm­mi­gen Singer-Songwriter. Er wur­de zu die­ser Zeit mit Bob Dylan ver­gli­chen – der Produzent war vol­ler Hoffnungen. 1971 pro­du­zier­te man ein zwei­tes Album – Sixto Rodriguez mach­te eigent­lich alles rich­tig. Detroit war ein gutes Pflaster, poli­ti­sche Songs, eine Kultfigur, cha­ris­ma­ti­sche Stimme… Aber es reich­te nicht. Die Musikbranche ver­schluck­te ihn. Das zwei­te Album erschien im November 1971 – zwei Wochen vor Weihnachten schmiss man ihn aus dem Label raus und stell­te ihn auf die Strasse. Es war ein Fiasko. Zu Unrecht.

Auf irgend­ei­ne dubio­se Weise gelang­te ein Album nach Südafrika. Es wur­de kopiert und ver­teil­te sich in Windeseile. Sixto wur­de zu einem musi­ka­li­schen Rebellen, sei­ne Musik pass­te per­fekt in das Timing und die poli­ti­sche Situation von Südafrika. In Südafrika gehör­ten die Platten von Sixto Rodriguez zum Besten, was damals erhält­lich war. Jeder und jede hör­te die­se Musik. Seine Stimme wur­de die Stimme der Revolution. Auf Radiostationen wur­den sei­ne Songs ver­bo­ten – was dem Erfolg nichts anha­ben konn­te.

Das eigent­li­che Absurde aber ist, dass der Rest der Welt und damit Detroit und schluss­end­lich eben Sixto Rodriguez nichts davon wuss­ten. Ein süd­afri­ka­ni­scher Musikjournalist und sein Freund mach­ten sich auf die Suche nach die­sem Sixto Rodriguez, der sich auf den Platten auch Jesus Rodriguez oder Sixto Prince nann­te. Über den Sänger war nichts bekannt – man erzähl­te sich, dass er vor Publikum auf der Bühne Selbstmord ver­üb­te habe. Das stärk­te den Kult natür­lich nur noch mehr. Selbst die Rolling Stones hat­ten das Nachsehen zu der Zeit. Die Industrie schien zu funk­tio­nie­ren – selbst die Urheberrechtsabgeltungen wur­den bezahlt. Über eine hal­be Million Platten wur­den ver­kauft. Legal. Allerdings kam das Geld nie zu Rodriguez. Eine wah­re Odyssee führ­te schluss­end­lich die zwei Schnüffler 1997 zum Künstler. Er lebt, jobb­te die ganz Zeit als Working-Class-Hero in Dearborn, in der Nähe von Detroit – ohne zu wis­sen, dass er in Südafrika ein grös­se­rer Musikstar als Elvis war. Bei sei­nem Auftritt in Südafrika rief er dem Publikum zu: «Thanks for kee­ping me ali­ve!» Und da steht er im Film: Ein ech­ter Working-Class-Hero. Es ist unglaub­lich.

Im Hintergrund der Filmdokumentation läuft die Musik von Sixto Rodriguez. Man ver­lässt den Film selig, irri­tiert – und als ein wei­te­rer Fan von «Sugar Man».

Foto: zVg.
ensuite, Januar 2013

 

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