Schlachtfeld

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Von Lukas Vogelsang – Angeregt durch die Fernsehübertragungen der Olympischen Spiele aus London habe ich oft nach der Arbeit auf den Sportkanälen rum­ge­zappt. Da gab es gleich im Anschluss noch die Tennis-Übertragungen vom US Open. Aber auch die gin­gen zu Ende – und plötz­lich erzähl­te der Kommentator etwas über ein Golfturnier.

Es gibt wohl nichts Langweiligeres als Golf am TV. Das Einzige, was oft noch eine gewis­se Faszination aus­löst, ist der Kameramann, der wie durch ein Wunder schafft was ich sel­ten kann: Mit den Augen, oder eben der Kamera dem Ball zu fol­gen. Vom 25. bis 30. September 2012 wur­de in Medinah (Chicago) der Golfsport neu erfun­den – auch fürs Fernsehen. Wenn Sie, lie­be LeserInnen, sich nie für Golf inter­es­siert haben, so müss­ten Sie sich unbe­dingt die­sen «Ryder Cup» anse­hen. Das kann Ihre Welt ver­än­dern.

Der «Ryder Cup» ist in der Tradition ver­gleich­bar mit dem Kampf der BMW Oracle gegen Alinghi im «America’s Cup» – nur dass jetzt eben die welt­be­sten Golfspieler aus Europa gegen die­je­ni­gen Amerikas antre­ten. Und die­ses Turnier geht weit über die nor­ma­len Regeln hin­aus: Das ein­zi­ge was hier zählt ist Teamarbeit. Einzelspieler blei­ben auf der Strecke. Das ist beim Golfen ziem­lich unge­wöhn­lich, und damit wird alles auf den Kopf gestellt, was im Golfspiel je Regel war.

Ich hat­te bis zu die­sem September noch nie etwas von die­sem «Ryder Cup» gehört. Als ich die ersten Aufnahmen sah, nahm ich an, es hand­le sich um ein Spassturnier: Verkleidete Zuschauer in Wikingermontur stan­den da, und eine unge­heu­re Masse an Menschen folg­te den Golfbällen (rund 45’000 Menschen täg­lich!). Aber vor allem: Ein rie­si­ges Geschrei! Auch die Golfer ver­hiel­ten sich merk­wür­dig, und es schien, als ob alles nur eine Show sei. Doch mit jedem Tag wur­de es ern­ster – die Emotionen und eben­so die Spannung stie­gen ins Unerträgliche.

Das Golfspiel dreht sich um einen Golfschläger und einen Ball. Beim «Ryder Cup» muss man sich dar­an ab und zu erin­nern. Man ver­liert die Dimensionen. Es stand in der Zwischenzeit 10:6 für Amerika – ich hat­te wenig Hoffnung auf ein Wunder. Doch Golf ist ein Sport, der nur über­ra­schen kann. Wer das Gefühl hat, er hät­te den Schläger und den Ball im Griff, wird ger­ne des Besseren belehrt. So auch die Amerikaner, die am letz­ten Tag um einen Punkt das Turnier ver­lo­ren haben. Diese Männer hat­ten Tränen in den Augen. Der Europäische Coach José María Olazábal wein­te ein­fach nur noch vor Glück und Entspannung.

Solche Wettkämpfe sind wirk­lich toll, und man ver­steht, war­um sich die Menschheit ger­ne im Spiel misst. Irgendwie hat­te ich den Eindruck, dass auch poli­ti­sche Wahlen mehr spie­le­risch wer­den soll­ten. Das könn­te die Welt ver­än­dern und Menschen auf eine neue Art zusam­men­brin­gen.

Foto: zVg.
ensuite, November 2012

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