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Offener Brief: JA zu Kultur in Bern = 5 x JA am 15. Mai 2011

Sehr geehr­te Stadträtinnen und Stadträte

Am 3. März wer­den Sie über die Grundzüge der städ­ti­schen Kultursubventionen von 2012 bis 2015 ent­schei­den. Wie der Stadtrat auf Empfehlung des Gemeinderates ent­schie­den hat, wer­den die Verträge der fünf Institutionen Konzert-Theater-Bern, Kunstmuseum,  Historisches Museum, Zentrum Paul Klee und Dampfzentrale dem Volk ein­zeln zur Abstimmung vor­ge­legt. Wir betrach­ten die­sen Entscheid als unan­ge­bracht und gefähr­lich. Wir rufen Sie auf, alle fünf Verträge gut­zu­heis­sen, und dem Volk ein fünf­fa­ches Ja zu emp­feh­len.

Bern hat – im Vergleich mit ande­ren Städten ähn­li­cher Grösse – ein über­aus rei­ches und viel­fäl­ti­ges Kulturangebot. Eine Tatsache, die uns in unse­rer täg­li­chen Arbeit immer wie­der bewusst wird. Die 34 Millionen Franken, wel­che die Stadt Bern jähr­lich für Kultur aus­gibt,  sind eine beträcht­li­che Summe und kei­ne Selbstverständlichkeit. Ihnen, geehr­te Stadträtinnen und Stadträte, gebührt Dank, dass Sie die­se Gelder auch in finanz­po­li­tisch ange­streng­ten Zeiten der Kultur zur Verfügung stel­len. Vergleicht man die Kulturausgaben etwa mit  Lausanne (45 Millionen) oder auch Luzern (40 Millionen) wir­ken die 34 Berner Millionen ande­rer­seits nicht gera­de über­trie­ben. Aber dar­um geht es an die­ser Stelle nicht. Wir möch­ten ledig­lich fest­hal­ten, dass in Bern die gan­zen gros­sen Sprünge nicht mög­lich sind. Dazu  fehlt es die­ser Stadt an wirt­schaft­li­chem Potential. Auch dies ist eine Erfahrungstatsache aus unse­rem Alltag.

Bern ist klein – und cle­ver. Das ist unse­re Strategie. Berns Kultur kann dann über sich hin­aus­wach­sen, wenn die Veranstalter zusam­men­rücken, über ihren Gartenzaun hin­aus­blicken und über­ra­schen­de Verbindungen mit ande­ren ein­ge­hen. Vernetzung ist das Zauberwort,  und in der Tat ist Bern das idea­le Pflaster, auf dem auch die unter­schied­lich­sten Institutionen Partner wer­den könn­ten. Aus einem ganz ein­fa­chen Grund: Man kennt sich hier per­sön­lich, auch wenn man in ganz ande­ren Domänen arbei­tet. Berns Kulturvielfalt birgt gros­ses  Potential – gera­de wegen sei­ner gege­be­nen beschränk­ten Grösse. Es ist die Chance, das kul­tu­rel­le Leben in die­ser Stadt pro­fi­lier­ter und unver­wech­sel­ba­rer zu machen. Der Verein bekult, der mit 65 Mitglieder qua­si die gan­ze Berner Kulturszene ver­tritt, ist ange­tre­ten, die­se  Chance zu packen.

Wir sind über­zeugt: Kultur ist kei­ne Erbsenzählerei. Kultur darf kein Rating sein. Kultur funk­tio­niert nicht nach dem Multiple Choice Prinzip. Das kul­tu­rel­le Leben in die­ser Stadt und die damit ver­bun­de­nen Kultursubventionen bil­den ein aus­ge­wo­ge­nes System, von dem man  kei­ne Einzelteile raus­bre­chen kann ohne das Ganze zu gefähr­den.

Bitte wür­di­gen Sie die Tatsache, dass die Berner Veranstalter zusam­men­ge­rückt sind, um auch das Publikum zusam­men­zu­füh­ren – was übri­gens auch umge­kehrt gilt. Althergebrachte Abgrenzungen zwi­schen Hoch- und Populärkultur, zwi­schen eli­tä­rer und expe­ri­men­tel­ler,  zwi­schen unter­halt­sa­mer und ern­ster Kultur sind hin­fäl­lig gewor­den. Die Kultur kon­su­mie­ren­den Menschen über­win­den die­se ver­meint­li­chen Hürden ohne Schwierigkeiten.

Sie haben ent­schie­den, die Verträge ein­zeln zur Abstimmung zu brin­gen. Was wür­den Sie mit einem ein­zel­nen Nein errei­chen? Auf die betrof­fe­ne Institution kämen gros­se Unsicherheiten und Belastungen zu. In einer Zeit, wo über­all Strukturen ange­passt wer­den müs­sen, ist  eine der­ar­ti­ge Konfusion unnö­tig und kul­tur­feind­lich. Und ganz kon­kret wür­de ein Nein den ab 2012 geplan­ten Teuerungsausgleich, der übri­gens schwer­ge­wich­tig den Angestellten zugu­te kom­men soll, vom Tisch gefegt.

Wir bit­ten Sie, alle fünf erwähn­ten Subventionsverträge dem Volk deut­lich zur Annahme zu emp­feh­len.

Mit freund­li­chen Grüssen
Christian Pauli, Präsident bekult Bern

Dieser offe­ne Brief wur­de von bekult, dem Verband der Berner Kulturveranstalter, im Namen von Matthias Gawriloff (Direktor Berner Symphonieorchester), Marc Adam (Intendant Stadttheater Bern), Jakob Messerli (Direktor Historisches Museum Bern), Matthias Frehner  (Direktor Kunstmuseum Bern), Ursina Baradun (Direktorin a. i. Zentrum Paul Klee) und Christian Pauli (Co-Leiter Dampfzentrale Bern) geschrie­ben.

bekult – Dachverband Berner Kulturveranstalter
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