Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte
Am 3. März werden Sie über die Grundzüge der städtischen Kultursubventionen von 2012 bis 2015 entscheiden. Wie der Stadtrat auf Empfehlung des Gemeinderates entschieden hat, werden die Verträge der fünf Institutionen Konzert-Theater-Bern, Kunstmuseum, Historisches Museum, Zentrum Paul Klee und Dampfzentrale dem Volk einzeln zur Abstimmung vorgelegt. Wir betrachten diesen Entscheid als unangebracht und gefährlich. Wir rufen Sie auf, alle fünf Verträge gutzuheissen, und dem Volk ein fünffaches Ja zu empfehlen.
Bern hat – im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Grösse – ein überaus reiches und vielfältiges Kulturangebot. Eine Tatsache, die uns in unserer täglichen Arbeit immer wieder bewusst wird. Die 34 Millionen Franken, welche die Stadt Bern jährlich für Kultur ausgibt, sind eine beträchtliche Summe und keine Selbstverständlichkeit. Ihnen, geehrte Stadträtinnen und Stadträte, gebührt Dank, dass Sie diese Gelder auch in finanzpolitisch angestrengten Zeiten der Kultur zur Verfügung stellen. Vergleicht man die Kulturausgaben etwa mit Lausanne (45 Millionen) oder auch Luzern (40 Millionen) wirken die 34 Berner Millionen andererseits nicht gerade übertrieben. Aber darum geht es an dieser Stelle nicht. Wir möchten lediglich festhalten, dass in Bern die ganzen grossen Sprünge nicht möglich sind. Dazu fehlt es dieser Stadt an wirtschaftlichem Potential. Auch dies ist eine Erfahrungstatsache aus unserem Alltag.
Bern ist klein – und clever. Das ist unsere Strategie. Berns Kultur kann dann über sich hinauswachsen, wenn die Veranstalter zusammenrücken, über ihren Gartenzaun hinausblicken und überraschende Verbindungen mit anderen eingehen. Vernetzung ist das Zauberwort, und in der Tat ist Bern das ideale Pflaster, auf dem auch die unterschiedlichsten Institutionen Partner werden könnten. Aus einem ganz einfachen Grund: Man kennt sich hier persönlich, auch wenn man in ganz anderen Domänen arbeitet. Berns Kulturvielfalt birgt grosses Potential – gerade wegen seiner gegebenen beschränkten Grösse. Es ist die Chance, das kulturelle Leben in dieser Stadt profilierter und unverwechselbarer zu machen. Der Verein bekult, der mit 65 Mitglieder quasi die ganze Berner Kulturszene vertritt, ist angetreten, diese Chance zu packen.
Wir sind überzeugt: Kultur ist keine Erbsenzählerei. Kultur darf kein Rating sein. Kultur funktioniert nicht nach dem Multiple Choice Prinzip. Das kulturelle Leben in dieser Stadt und die damit verbundenen Kultursubventionen bilden ein ausgewogenes System, von dem man keine Einzelteile rausbrechen kann ohne das Ganze zu gefährden.
Bitte würdigen Sie die Tatsache, dass die Berner Veranstalter zusammengerückt sind, um auch das Publikum zusammenzuführen – was übrigens auch umgekehrt gilt. Althergebrachte Abgrenzungen zwischen Hoch- und Populärkultur, zwischen elitärer und experimenteller, zwischen unterhaltsamer und ernster Kultur sind hinfällig geworden. Die Kultur konsumierenden Menschen überwinden diese vermeintlichen Hürden ohne Schwierigkeiten.
Sie haben entschieden, die Verträge einzeln zur Abstimmung zu bringen. Was würden Sie mit einem einzelnen Nein erreichen? Auf die betroffene Institution kämen grosse Unsicherheiten und Belastungen zu. In einer Zeit, wo überall Strukturen angepasst werden müssen, ist eine derartige Konfusion unnötig und kulturfeindlich. Und ganz konkret würde ein Nein den ab 2012 geplanten Teuerungsausgleich, der übrigens schwergewichtig den Angestellten zugute kommen soll, vom Tisch gefegt.
Wir bitten Sie, alle fünf erwähnten Subventionsverträge dem Volk deutlich zur Annahme zu empfehlen.
Mit freundlichen Grüssen
Christian Pauli, Präsident bekult Bern
Dieser offene Brief wurde von bekult, dem Verband der Berner Kulturveranstalter, im Namen von Matthias Gawriloff (Direktor Berner Symphonieorchester), Marc Adam (Intendant Stadttheater Bern), Jakob Messerli (Direktor Historisches Museum Bern), Matthias Frehner (Direktor Kunstmuseum Bern), Ursina Baradun (Direktorin a. i. Zentrum Paul Klee) und Christian Pauli (Co-Leiter Dampfzentrale Bern) geschrieben.
bekult – Dachverband Berner Kulturveranstalter
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