Nur Ferien wären bes­ser

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Von Lukas Vogelsang - Der Sommer hat für VerlegerInnen jeweils die schreck­li­che Eigenschaft, dass die schrei­ben­de und inhalt­lie­fern­de Zunft der Journalisten ent­we­der sel­ber in den Ferien ist oder aber wegen den Ferien und der Hitze nicht mehr weiss, wor­über sie schrei­ben könn­te. Dabei ist bekannt: Die wich­tig­sten Entscheidungen, die nie­mand mit­be­kom­men soll, wer­den in den Sommerferien gefällt. Sollte näm­lich trotz­dem ein Journalist der Sache auf die Schliche kom­men, so liest es trotz­dem kei­ner, da die Hälfte der Leserschaft dies nicht mit­be­kommt. Und was in einer alten Tageszeitung steht, ist ver­ges­sen und vor­bei – nach den Ferien inter­es­siert das nie­man­den mehr.

Diese jour­na­li­sti­sche Langeweile kann töd­lich sein, wie das Beispiel von Armeechef Roland Nef deut­lich zeig­te: Eine Bagatelle, die kein Mensch je zuvor inter­es­siert hat­te, wur­de zur bloss­stel­len­den Rücktrittsforderung. Ein Wunder, dass die hyste­ri­schen JournalistInnen nicht gleich einen Landesverweis für das gesam­te Bundeshaus for­der­ten. Was hier an jour­na­li­sti­scher Unflätigkeit über die Bühne geht, ist kaum zu ertra­gen – geschwei­ge denn, man möch­te sich in die Situation von Roland Nef ver­set­zen. Mit Arroganz, Hohn und Häme zog vor allem die «Sonntags Zeitung» über das Fressen her, als gäbe es nichts Blöderes zu berich­ten. Die rest­li­chen Tageszeitungen hop­pel­ten hin­ten­drein und schrie­ben sich gegen­sei­tig die Wörter von den Lippen – an Qualität, Würde und jour­na­li­sti­scher Ehre fehl­te es in jeder Hinsicht. Es wäre abso­lut nor­mal, wenn sogar Bestechungsgeld geflos­sen wäre. Diese Respektlosigkeit ist es, wel­che den Berufsstand der JournalistInnen in Grund und Boden stampft. Keine Verbrecher, kei­ne men­schen­ver­nich­ten­den Politiker oder super­ver­die­nen­den Grossmaulmanager haben je eine sol­che media­le Attacke ein­stecken müs­sen. Verdient hät­ten es vie­le.

Ich schä­me mich für die­ses Gehabe, schliess­lich gehö­re ich auch zu die­ser Gattung der media­len Fleischwölfe, auch wenn ich es nicht so zele­brie­ren muss. Man schämt sich jedes Jahr etwas mehr, bei Formularen die Berufsbezeichnung hin­zu­schrei­ben. Die Sensationslüsternheit ein­zel­ner jour­na­li­sti­scher Blindgänger sind die Rückenbeschwerden für ganz vie­le gut­ge­sinn­te MedienhandwerkerInnen. Anderen Menschen die Hosen run­ter­zu­las­sen ist halt ein­fa­cher, als ethisch ver­tret­ba­ren Journalismus zu pfle­gen. Gleichzeitig möch­te ich von vie­len Journis nicht sehen, was «drun­ter» her­vor­kom­men wür­de. Das «In-die-Pfanne-hau­en-Spiel» wird bereits im Vorkurs von Journalistenschulen aus­ge­pfif­fen erstaun­lich, dass dies so schänd­lich igno­riert wird. So geht das nicht, lie­be KollegInnen, fahrt bes­ser in die Ferien.

Und das tat ich zwar auf den Balkon aber ich fand mal ein paar Tage Zeit, eini­ge Zeitungsstapel abzu­ar­bei­ten und stiess im «Klartext» (Ausgabe 3/2008) auf ein wun­der­ba­res Interview zwi­schen den bei­den Berner Chefredaktoren Artur K. Vogel («Der Bund») und Michael Hug («BZ»). Unter dem Titel: «Unter dem glei­chen Dach, aber nicht im glei­chen Boot» (von Nick Lüthi und Cyrill Pinto) sag­te doch der Michael Hug über die haus­in­ter­ne Konkurrenz: «‹Der Bund› hat im Gegensatz zur ‹BZ› ein Gedächtnis. ‹Der Bund› hat zum Teil Leute, die Themen über Jahre hin­weg ver­fol­gen und des­halb aus ihrer Erfahrung schöp­fen kön­nen.» Welch ehr­ba­re Würdigung dem tra­di­tio­nel­len Schaffen gegen­über! Wegen die­sem Satz müss­te man die «BZ» und den «Bund» abon­nie­ren. Das hat in die­sem Mediensumpf, ent­ge­gen der Nef-Story oben, Stil und Charakter und spielt den media­len Junkfood an die Wand. Danke für die­se barm­her­zi­gen Worte, Herr Hug. Jetzt hof­fen wir natür­lich, dass die­se Worte in Hinblick auf die Existenz des «Bund» auch bei der Tamedia und den VerlagschefInnen ver­stan­den wur­den.

Freuen wir uns also auf eine Zeit, wo lächer­li­che People-Stories und «trümm­li­ge» Verkehrsnachrichten nur noch in den Gratisblättli gedruckt wer­den und die Tageszeitungen wie­der Zeitungen wer­den. Aber viel­leicht ist das nur wie­der so ein Sommertraum in die­ser fei­nen Brise, die gera­de über mei­ne Haut streicht… Egal schön war’s alle­mal.

Aus der Serie Von Menschen und Medien
Cartoon: www.fauser.ch
ensuite, August 2008

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