Narren und immer noch

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Von Lukas Vogelsang - Es ist ein befrei­en­der Abend. Als wir aus dem klei­nen Theater klet­tern – eine ande­re Begrifflichkeit wäre bei die­ser Kellerkletterei falsch – braucht es eine Weile, sich wie­der mit der hie­si­gen Zeit und dem Ort ver­traut zu machen. Wir waren weit weg, irgend­wie. Mir kam dabei Bertold Brecht in den Sinn: «Glotzt nicht so roman­tisch!», stand auf Schildern, die bei «Trommeln in der Nacht» im Zuschauerraum hin­gen. Zwar hat die­ses klei­ne Kellertheater nicht sehr viel mit die­ser Thematik zu tun. Aus dem Kellerloch stei­gen ande­re Menschen, als zuvor run­ter stie­gen.

Das Narrenpacktheater ist ein klei­ner Geheimtipp in Bern. Nicht so ein Geheimtipp, wie ein Prunkrestaurant mit dem besten Küchenchef und dem unbe­zahl­ba­ren Schickimicki. Vielmehr ist es ein gehei­mer Geheimtipp der Sorte «ver­ges­se­nes Glück». Und es erstaunt, dass fast alle Aufführungen gna­den­los aus­ver­kauft sind, die Zusatzvorstellungen sind noch war­me Brötchen. Beim Treppenhochsteigen weiss man aller­dings, war­um das Theater so begehrt ist, irgend­wie. Dabei ist alles ganz ein­fach.

Über «Unsere klei­nen Sehnsüchte», das momen­ta­ne Stück, soll­te man inhalt­lich nicht schrei­ben. Das wäre scha­de. Die Geschichte ist von den drei Narren sel­ber gestrickt, aus dem Leben gegrif­fen viel­leicht, oder sel­ber erlebt. Der Mensch ist aber im Zentrum, ana­ly­siert und beob­ach­tet. Bezeichnend ist, dass es ehr­li­che Geschichten sind – so defi­niert es Piero Bettschen und der ist der Narrenkopf. Seit über dreis­sig Jahren ein Theatersüchtiger. Er und Corinne Vorburger spie­len auf der Bühne, Jeannine Brechtbühl macht dies­mal die Kasse und Technik. Beim näch­sten Stück wer­den sie viel­leicht wech­seln, und ein näch­stes Stück wird’s sicher geben. Nur Narren hören nicht auf.

Das Schauspiel die­ses Packs ist dem Narrentum tat­säch­lich ähn­lich. Die Stücke haben geziel­te Botschaften, sind Anspielungen auf jeden ein­zel­nen im Publikum, ohne aber mit dem Finger zu zei­gen. Es scheint mir fast wie Gauklertheater – so wie sie frü­her durch die Dörfer zogen. Wer zuschaut, erkennt sich bald sel­ber in einer Figur auf der Bühne wie­der, taucht ab und erst draus­sen, in der Altstadt wie­der auf. Wenn man wie­der auf­taucht. Es ist auch mög­lich, dass man nicht mehr auf­steht, nach­dem die Kerze gelöscht wur­de. Man weiss es nicht, vor­her. Und nach­her weiss man auch nicht so recht.

«Unsere klei­nen Sehsüchte» ist eine Empfehlung für jene, die schon lan­ge das Theater von einer ande­ren Seite sehen woll­ten. Von der Zuschauerseite eben – nicht von der hoch­gei­sti­gen und theo­re­ti­schen Kopf-Kultur.

Narrenpack Theater Bern
Kramgasse 30, 3011 Bern
Neue Zusatzvorstellungen im Februar und März von «Unsere klei­nen Sehnsüchte» (Programm)

Info: www.narrenpack.ch

Foto: Lukas Vogelsang
ensuite, Februar 2009

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