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Murten Classics 2010 – Iberia

Von Kaspar Zehnder – Als sich am 11. Juli die spa­ni­schen Fussballer anschick­ten, Weltmeister zu wer­den, wur­de viel­leicht noch kurz dis­ku­tiert, ob der Stil der Nationalmannschaft eher Real Madrid oder dem FC Barcelona ent­sprä­che, vor allem aber staun­ten vie­le Basken, Katalanen oder Valencianer, und im übri­gen auch die Kastillaner selbst über ihr plötz­lich erwach­tes Nationalgefühl für das ver­ein­te Spanien. Es war sofort die Rede davon, dass das Land dank dem Fussball poli­tisch und eth­nisch näher zusam­men­rücke, ja sogar, dass der sport­li­che Welterfolg bald die wirt­schaft­li­che Not im Land lin­dern wür­de.

Die Ernüchterung wird nicht lan­ge auf sich war­ten las­sen: schon bald wer­den mich mei­ne spa­ni­schen Freunde wie­der dar­über auf­klä­ren, dass Spanien eigent­lich nur in der poli­ti­schen Theorie exi­stie­re und dass wir im Zusammenhang mit Kultur und Gesellschaft unbe­dingt von Iberien spre­chen soll­ten.

Spanische Musik – mehr als ein Klischee Wenn das Motto der Murten Classics in die­sem Jahr «Iberia» heisst, dann bil­den selbst­ver­ständ­lich fol­gen­de Schlüsselwerke einen roten Faden: Bizets «Carmen», Rimsky-Korsakows «Capriccio espa­gnol», Lalos «Symphonie espa­gno­le», Chabriers «España», Albéniz’ «Suite espa­ño­la», oder Rodrigos «Concierto de Aranjuez».

Daneben kön­nen Parallelen und Gegensätze zwi­schen Mozart und Arriaga, Debussy und Albéniz, Ravel und Falla neu ent­deckt, kul­tu­rel­le Linien von Madrid nach Paris und Wien nach­ge­zo­gen wer­den. Konzerte mit Musik der Spanischen Renaissance und des Frühbarocks feh­len eben­so wenig wie Programme rund um die Querverbindungen bas­ki­scher, anda­lu­si­scher, por­tu­gie­si­scher, kata­la­ni­scher Komponisten zum Begründer der spa­ni­schen Musik, Felipe Pedrell und sei­nen Nachfolgern Manuel de Falla, Enrique Granados oder Joaquín Turina.

Bunte Künstlerliste Im Zentrum aller Ausführenden steht die Artist in Residence, die tsche­chi­sche Harfenistin Jana Bousková, frag­los eine der welt­weit besten ihres Fachs. Internationale Interpret/innen wie Mihaela Ursuleasa, Priya Mitchell, Henri Sigfridsson, Mihaela Paetsch Neftel, Stefan Arnold, Elza Kolodin oder das Merel Quartet konn­ten gewon­nen wer­den. Mit Aleksandar Markovic, Stefan Blunier, Laurent Gendre, Philippe Bach, Thomas Rösner und Roberto Fores Veses tre­ten in Murten so vie­le Gastdirigenten auf wie noch nie zuvor.

Foto: zVg.
ensuite, August 2010