Mozart für das Ungeborene

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Von Anna-Daria Kräuchi – Dass Kinder im Mutterleib Musik wahr­neh­men, respek­ti­ve auf sie reagie­ren kön­nen, ist mitt­ler­wei­le nach­ge­wie­sen, und Werke wie Mozarts «Eine klei­ne Nachtmusik» oder Vivaldis «Der Winter» gehö­ren zu den meist­ge­hör­ten Werken wer­den­der Mütter. Zwar lässt sich im Allgemeinen nach wie vor über die effek­ti­ve, ent­wick­lungs­för­dern­de Wirkung von klas­si­scher Musik auf Föten strei­ten, nicht jedoch wenn die Prager Philharmonie und der Pianist Francesco Piemontesi unter der Leitung von Kaspar Zehnder im Kulturcasino Mozart, Dvorák und Beethoven spie­len. Dann näm­lich geschieht dies im Rahmen des Benefizkonzertes der Stiftung FetOpera. Einer Stiftung, die sich für die feta­le Chirurgie ein­setzt, um kran­ken Kindern eine bes­se­re Lebenschance zu geben.

Fetale Chirurgie – Das Nonplusultra Zwei Jahre ver­brach­te der Schweizer Chirurg Martin Meuli in den neun­zi­ger Jahren an der Univerity of California von San Francisco, dem Führenden Zentrum für Fetale Chirurgie. 1981 wur­de dort die erste feta­le Operation, ein offe­ner Eingriff bei einem Ungeborenen, durch­ge­führt.

Die Ursachen für die Notwendigkeit einer feta­len Operation kön­nen unter­schied­lich sein, der mit gros­sem Abstand häu­fig­ste Grund ist jedoch eine Spina Bifida Erkrankung. Jene gemei­ne Krankheit, bei der das Rückenmark des Fötus teil­wei­se frei liegt, was Probleme beim Gehen bis hin zur Lähmung der Beine und eine ver­min­der­te oder kom­plett auf­ge­ho­be­ne Sensibilität zur Folge hat. Mit einer vor­ge­burt­li­chen Operation kann die bei Spina Bifida Kindern offe­ne Stelle mit einer Art «Flicken» ver­schlos­sen und so die Organe vor Fruchtwasser geschützt wer­den.

«Die feta­le Chirurgie ist die jüng­ste Disziplin der Chirurgie, das Nonplusultra», sagt Meuli. Ehrgeiz, aber auch eine «flam­men­de Faszination» für etwas, das bis­her kaum jeman­dem gelun­gen ist, trie­ben ihn an, Operationen an Föten auch in der Schweiz zu rea­li­sie­ren.
Seit 2000 stand das Zürcher Kinderspital-Team bereit, und vor knapp zwei Jahren, am 20. 12. 2010 konn­ten Meuli und sein inter­dis­zi­pli­nä­res Expertenteam in Zürich schliess­lich die schweiz­weit erste offe­ne feta­le Operation durch­füh­ren.

Mit der Realisierung einer prä­na­ta­len Operation wird den bis­he­ri­gen zwei Therapieoptionen Schwangerschaftsabbruch und post­na­ta­le Therapie eine drit­te hin­zu­ge­fügt. Anfangs noch umstrit­ten, sind die kla­ren Vorteile einer vor­ge­burt­li­chen Operation inzwi­schen nach­ge­wie­sen. Die Kinder haben eine bes­se­re Lebensqualität, kön­nen zum Teil ohne Hilfe gehen, und das Risiko einer Ansammlung von Hirnwasser sinkt um die Hälfte. Auch das Risiko einer Frühgeburt kann dank einer neu­en Technik mitt­ler­wei­le auf ein Minimum begrenzt wer­den.

Eine ethi­sche Frage Eine Handlung ist dann rich­tig, wenn sie zu den best­mög­li­chen Konsequenzen führt, besagt der Grundsatz des Utilitarismus. Eine Handlung ist dann rich­tig, wenn sie aus Pflicht zur Einhaltung eines Grundgesetzes aus­ge­führt wird, lau­tet Kants Position. Ob nun Pflichtethik, kon­se­quen­tia­li­sti­sche Ethik oder ganz ein­fach gesun­der Menschverstand; es ist in allen Fällen hoch pro­ble­ma­tisch, eine nach­ge­wie­se­ner­mas­sen wirk­sa­me Therapie allein aus finan­zi­el­len Gründen nicht anbie­ten zu kön­nen. Genau dies ist jedoch bei der feta­len Chirurgie der Fall, denn die­se sehr kost­spie­li­gen, da heik­len Eingriffe wer­den bis jetzt weder von den Krankenkassen noch von der Invalidenversicherung über­nom­men. Aus die­sem Grund setz­ten sich die Schweizer Pioniere der feta­len Chirurgie zusam­men und rie­fen vor einem Jahr die Stiftung FetOpera ins Leben. Die Stiftung ver­sucht, finan­zi­el­le Engpässe zu über­win­den, und so wei­ter­hin durch feta­le Operationen Kindern eine bes­se­re Lebenschance zu geben.

Foto: zVg.
ensuite, November 2012

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