Kulturgut Fussgängerstreifen

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Von Michael Zwicker – In der Schweiz wer­den sie der­zeit geprüft und ihre Sicherheit heiss dis­ku­tiert. In Grossbritannien steht ein Erster bereits unter Denkmalschutz.

Die Diskussion hält an. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden kün­dig­te bereits vor mehr als einem Jahr die Prüfung sämt­li­cher Fussgängerstreifen an. Das Resultat: mehr als die Hälfte der knapp 500 Zebrastreifen sind nicht sicher. Bern und Zürich erziel­ten ähn­li­che Ergebnisse. In Will (SG) ist die Sicherheitsprüfung auf­grund eini­ger Verzögerungen noch im Gange. Wil wird nicht aus der Reihe tan­zen. Die Erkenntnis bleibt lan­des­weit die­sel­be: Schlecht plat­ziert. Ausserdem zu vie­le. Schweizer Fussgängerstreifen stel­len ein Sicherheitsrisiko dar.

Aber nicht alle Zebrastreifen sind so ver­ru­fen wie jene in der Schweiz. Man den­ke an den wohl berühm­te­sten Fussgängerstreifen der Welt. Wer kennt ihn nicht – jenen der Londoner Abbey Road. Die Beatles ver­ewig­ten ihn auf dem Plattencover eines ihrer letz­ten gemein­sa­men Alben. Darauf über­que­ren sie den Zebrastreifen dicht hin­ter­ein­an­der. In Tat und Wahrheit aber ste­hen sie still. Zumindest auf dem Coverbild ver­har­ren sie in ange­setz­tem Schritt. Sie tun damit etwas Verbotenes.

Denn wie Kurt Möser in sei­ner «Geschichte des Autos» fest­hält sind Fussgängerstreifen «eben­erdi­ge Sprungtücher, auf denen sich Fussgänger zeit­lich befri­stet auf­hal­ten dür­fen, um Räume zu über­brücken». So hält auch die schwei­ze­ri­sche Verkehrsregelnverordnung fest, dass der Fussgänger den Fussgängerstreifen «unge­säumt» zu über­schrei­ten habe. Gleiches gilt für alle ande­ren Verkehrsteilnehmer. Auf dem Fussgängerstreifen darf nie­mand ste­hen blei­ben, weder Fahrzeug noch Fussgänger.

Die Beatles setz­ten sich über die­ses Halteverbot hin­weg und ver­hal­fen damit einem Fussgängerstreifen zu Weltruhm. Im Jahr 2010 setz­te der bri­ti­sche Minister für Denkmalschutz, John Penrose, den Fussgängerstreifen der Abbey Road sogar auf eine Liste erhal­tens­wer­ter Kulturgüter. Erstmals gelingt es einem Fussgängerstreifen in die «Hall of Fame» auf­zu­stei­gen. Er reicht damit Sehenswürdigkeiten wie bei­spiels­wei­se dem Londoner Uhrturm «Big Ben» das Wasser. Fraglich ist, ob die Instandhaltung der berühm­ten Farbstreifen wei­ter­hin in den Aufgabenbereich des Strassenmarkierers fällt, oder ob jetzt Konservatoren mit die­ser Aufgabe betraut wer­den.

Glücklicherweise müs­sen wir uns in der Schweiz sol­che Fragen nicht stel­len. Und dies obwohl die unter die Markierungsfarbe gemisch­ten Glasperlen den Streifen den nöti­gen Glanz für den Sternchenhimmel ver­lei­hen wür­den. In der Schweiz sind Fussgängerstreifen erst ein­mal und bis auf wei­te­res in Verruf gera­te­ne Verkehrsregler, die ihre Pflichten ver­nach­läs­si­gen. Immerhin, so soll­te in die­ser Diskussion ange­merkt wer­den, ist die jähr­li­che Rate an Verkehrsunfällen auf Fussgängerstreifen rück­läu­fig. Doch bleibt die­ser Verdienst ein zu gerin­ger, um in die Kartei einer kan­to­na­len Denkmalpflege auf­ge­nom­men zu wer­den. Die kul­tu­rel­le Würdigung des Zebrastreifens muss war­ten und wir wer­den wei­ter­hin auf ihnen her­um­tre­ten.

Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2013

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