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Kataloge – eine Schatzgrube

Von François Lilienfeld – Die mei­sten Museumsbesucher ken­nen das Gefühl: Man möch­te etwas «nach Hause neh­men», nach­dem man sich an den Originalen erfreut hat. Natürlich sind die Reproduktionen in den Katalogen kein Ersatz, obwohl die Qualität der Abbildungen unglaub­li­che Fortschritte gemacht hat, vor Allem was die Farben betrifft. Aber bes­ser den Spatz in der Hand …

Doch hier soll von Veröffentlichungen ande­rer Art die Rede sein: von den Auktionskatalogen. Warum ihnen ein beson­de­rer Wert zukommt ist offen­sicht­lich: Die mei­sten ver­stei­ger­ten Kunstwerke wer­den von Privaten gekauft, sind also dem Publikum, außer im Falle von kurz­fri­sti­ger Ausleihe bei Sonderausstellungen, nicht mehr zugäng­lich. Der Katalog, bei zahl­rei­chen Auktionshäusern käuf­lich oder gar unent­gelt­lich erhält­lich, spielt da die Rolle einer wich­ti­gen Dokumentation und ermög­licht dem Kunstfreund manch einen inter­es­san­ten Einblick.

Ein beson­ders gutes Beispiel stellt der vom Auktionshaus im Kinsky in Wien anläß­lich der Auktion vom 23. April ver­öf­fent­lich­te Katalog. Neben bekann­ten öster­rei­chi­schen Künstlern wie Klimt, Schiele oder Kokoschka, kön­nen wir unbe­kann­te Kostbarkeiten ent­decken. Erwähnen wir – um nur eini­ge Beispiel zu nen­nen – den «Ziegelteich bei Inzerndorf» von Josef Stoizner (1884–1951), ein Ölbild, das fast den Charakter eines Stichs hat; oder den impres­sio­ni­stisch anmu­ten­den «Blick von Notre-Dame», gemalt von Sergius Pauser (1896–1970). Besonders schön in sei­nem Licht-und-Schatten-Spiel ist «Der erste Reif» von Olga Wiesinger-Florian (1844–1926). Lobend zu erwäh­nen sind auch die Kommentare zu Künstlern und Werken.

Ein fas­zi­mie­ren­des Kapitel für sich bil­den die Autographen, bei Auktionen sehr belieb­te Objekte. So erschien kürz­lich ein Katalog «Künstlerautographen» zur am 13. Juni statt­fin­den­den Auktion in der Galerie Kornfeld (Bern). Es ist immer ergrei­fend, die Handschrift eines bil­den­den Künstlers zu sehen – man braucht dazu nicht Graphologe zu sein. Besonders wert­voll wer­den aber Faksimilia die­ser Autographen dadurch, dass vie­le Maler es – zum Glück – nicht las­sen kön­nen, Briefe oder Postkarten mit Illustrationen zu ver­schö­nern. So kommt man zu klei­nen Meisterwerken, wie z. B. einem Holzschnitt auf einem Brief von Gabriele Münter, oder einem «Bildbrief» von Alfred Kubin.

Wohl die bedeu­tend­sten Autographensammlungen – aus Literatur, Wissenschaft, Geschichte, Bildender Kunst und Musik – wer­den regel­mä­ßig von der Autographenhandlung J. A. Stargardt in Berlin ver­stei­gert, gele­gent­lich auch in Zusammenarbeit mit der Moirandat Company in Basel. Ihre Kataloge sind denn auch Prachtsbände, reich mit Faksimilia illu­striert und mit Traskriptionen der Texte groß­zü­gig ergänzt. Ein genau­es Register erleich­tert das Auffinden von Texten, die z.B. für Forscher, Publizisten oder Dozenten sehr wert­voll sein kön­nen. Der neue­ste Katalog (Nr 699, April 2013) ent­hält neben sehr vie­len ande­ren Dokumente von Alexander von Humboldt, Theodor Fontane, Ernst Ludwig Kirchner, dem Englischen König Edward VII, Jacques Offenbach, sowie Wolfgang Amadé und Constanze Mozart. Bücher zum stun­den­lan­gen, genuss­vol­len Stöbern!

Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2013