Intensive Diskussionen, Kontakte, Eindrücke – eine Nachlese

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Von Barbara Neugel – Akademie heisst: a) Institution, Vereinigung von Wissenschaftlern zur Förderung und Vertiefung der Forschung; b) Gebäude für die­se Institution. Akademie heisst auch (Fach-)Hochschule (z.B. Kunst‑, Musikakademie); und (öster­rei­chisch) lite­ra­ri­sche oder musi­ka­li­sche Veranstaltung. Alles nach Duden/Das Fremdwörterbuch. Akademie hat also in jedem Fall mit anspruchs­vol­len und wis­sen­schaft­li­chen und/oder künst­le­ri­schen Inhalten zu tun.

Die Sommerakademie, die Bestandteil des Gesamtkonzepts des Zentrum Paul Klee ist, bie­tet jun­gen Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform für Gegenwartskunst und the­men­ge­bun­de­ne Seminare. Es soll die künst­le­ri­sche Produktion und Reflexion sowie deren Vermittlung geför­dert wer­den. Die jun­gen Künstlerinnen und Künstler (Altersgrenze 35 Jahre) sol­len wäh­rend der zehn Tage dau­ern­den Sommerakademie mit aus­ge­wähl­ten Persönlichkeiten, so genann­ten Speakers, arbei­ten und sich ver­net­zen.

In die­sem Jahr sind 95 Dossiers von Bewerberinnen und Bewerbern ein­ge­reicht wor­den, davon 74 auf Nominierung und 21 frei. Die Jury, bestehend aus der neu­en Direktorin Dr. Jacqueline Burckhardt, Andreas Fiedler, Sabina Lang und Tirdad Zolghadr, dem dies­jäh­ri­gen Kurator der Sommerakademie, hat zwölf soge­nann­te Fellows (dar­un­ter zwei Kuratorinnen) aus­ge­wählt. Entscheidend für die Auswahl der Fellows ist ihre strin­gen­te Bezugnahme zum Jahresthema – 2009: Internal Necessity – und ihre Professionalität, das heisst ihre Eigenständigkeit und Komplexität. Zu beach­ten ist, dass 2009 das dis­zi­pli­nä­re Spektrum geöff­net wor­den ist durch die Zulassung von Kuratorinnen und Kuratoren und dadurch nicht nur künst­le­ri­sche, son­dern auch theo­re­ti­sche Positionen berück­sich­tigt wer­den.

Die Themen, die von den Speakers zu Internal Necessity auf­ge­nom­men wor­den sind, sind viel­fäl­tig: die Künstlerausbildung in Theorie und Praxis; die histo­ri­sche Entwicklung der Künstlerausbildung; die Auswirkungen der Museumsarchitektur auf die Kunstproduktion; der Künstlerberuf und die Mythen und Legenden des künst­le­ri­schen Schaffens; Kunst als eine ande­re Form der Dienstleistung; die Bologna-Reform und die damit ein­her­ge­hen­de Bürokratisierung der Künstlerausbildung; Konsequenzen der Kunst- und Kulturförderung.

In die­sem Jahr soll­te ein Rückzugsort geschaf­fen wer­den, an dem vor der Arbeit die per­sön­li­chen kon­text­be­zo­ge­nen und künst­le­ri­schen Eigenschaften defi­niert und in Zusammenhang mit den eige­nen Bedingungen und Bedürfnissen gesetzt wer­den. Die Öffentlichkeit soll­te nur auf expli­zi­ten Wunsch der Teilnehmenden zuge­las­sen wer­den, in einem Rahmenprogramm.

Die zwölf Fellows haben nun mit den Speakers an die­sen Themen gear­bei­tet und sie als Hintergrund und Ausgangspunkt zu wei­ter­füh­ren­den Überlegungen genom­men: Welche län­ger­fri­sti­gen ideo­lo­gi­schen Konsequenzen haben Faktoren wie Kunstakademie, Museumsarchitektur und Fundraising für Produktion und Distribution von Kunst?

Die Gruppe, Speakers und Fellows, hat sich von Anfang an gefun­den. Sie war homo­gen, trotz Vielfalt, und har­mo­nisch, obschon auch kon­tro­vers dis­ku­tiert wur­de. Dies wur­de anläss­lich der Podiumsveranstaltung am zweit­letz­ten Tag klar. Die Künstlerinnen und Künstler, Kuratorinnen und Kuratoren haben von mor­gens 07:30h bis abends um 21:00h inten­siv gear­bei­tet und dis­ku­tiert. Die Diskussionen haben auch wäh­rend der Mittagspause, bei Aare-
spa­zier­gän­gen, wäh­rend einem Aare-Bad und beim Apéro im Progr nicht auf­ge­hört. Platz für Privatleben gab’s prak­tisch kei­nen mehr. Ein Fellow hat fest­ge­stellt, dass es ein Luxus gewe­sen sei, sich zehn Tage lang Zeit neh­men zu kön­nen, um über Kunst und Strukturen dis­ku­tie­ren zu kön­nen, und am Schluss kein Werk abge­ben und prä­sen­tie­ren zu müs­sen.

Fürs Publikum ist es wohl teil­wei­se schwie­rig zu fas­sen, dass Künstlerinnen und Künstler zehn Tage lang arbei­ten – in einem Museum mit Ausstellungen – und dass am Schluss kei­ne Ausstellung statt­fin­det, wo ange­schaut wer­den kann, was erar­bei­tet wor­den ist.

Trotzdem wird zu sehen sein, was erar­bei­tet wor­den ist. Die Künstlerinnen und Künstler haben beschlos­sen, eine Publikation her­aus­zu­ge­ben, die sie sel­ber machen und gestal­ten wol­len. So wer­den ihre Gedanken wei­ter getra­gen wer­den.

Die Künstlerinnen und Künstler wer­den aber auch in ihre Heimatländer oder die Orte ihres Wirkens (Deutschland, Irland, Polen, Südafrika, Kolumbien, Schweiz bzw. Grossbritannien, Iran bzw. Schweiz, Jordanien, USA, Portugal) zurück­keh­ren und ihre Gedanken in ihre Netzwerke hin­ein­tra­gen. Und sie wer­den sich wei­ter ver­net­zen. Die Gedanken wer­den also auch in die­se Netzwerke hin­ein­ge­tra­gen. Da ist Potenzial für Nachhaltigkeit und Weiterentwicklung.

Auch die Eindrücke, die die jun­gen Leute aus der Schweiz und aus Bern mit­neh­men, wer­den nach­hal­tig sein. Visuelle Eindrücke aus der Hauptstadt und von der Exkursion an die Biennale Appenzell mit einer Bergwanderung im Appenzeller Land bei strö­men­dem Regen, der Besuch der Berner Kantonalbank (die Sommerakademie ist ein Ausbildungsengagement der BEKB/BCEB Berner Kantonalbank AG), vie­le neue Kontakte und vie­les mehr wer­den blei­ben.

Info: www.sommerakademie.zpk.org

Foto: David Aebi
ensuite, September 2009

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