Inglourious Basterds

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Von Sonja Wenger – Sadistisch. Witzig. Ruchlos. «Inglourious Basterds», der neue­ste Wurf von Kult-Regisseur und Blutbad-Fan Quentin Taratino, ist ein biss­chen wie Hollywood selbst: Atemberaubene Hülle, spek­ta­ku­lä­re Sequenzen, viel hand­werk­li­ches Geschick – aber inhalt­lich meist leer.

Tarantinos Filmmärchen über umge­dreh­te Spiesse, unge­still­ten Rachedurst und ein alter­na­ti­ves Ende des Zweiten Weltkriegs schert sich kei­nen Deut um histo­ri­sche Genauigkeit. Aber wozu auch, beginnt der Film doch mit «Es war ein­mal im nazi­be­setz­ten Frankreich».

Dort las­sen Spaghettiwestern und Morricone-Musik grüs­sen. Und genau dort treibt SS-Offizier Hans «der Judenjäger» Landa (Christoph Waltz) gleich zu Beginn einen Bauern, der eine jüdi­sche Familie bei sich ver­steckt, zum Verrat. Einzige Überlebende des fol­gen­den Massakers ist die jun­ge Shosanna Dreyfus (Mélanie Laurent).

Drei Jahre spä­ter lebt Shosanna inzwi­schen mit neu­er Identität in Paris und besitzt ein klei­nes Kino. Der deut­sche Kriegsheld und kom­men­de Filmstar Frederick Zoller (Daniel Brühl) ver­gafft sich in sie und über­zeugt Propagandaminister Josef Goebbels (Sylvester Groth), eine Filmpremiere für die Crème de la Crème des Dritten Reichs in Shosannas Kino zu ver­le­gen. Da aus­ge­rech­net Landa für die Sicherheit zustän­dig ist, nutzt Shosanna die Gelegenheit, um sich für den Tod ihrer Familie zu rächen. Sie will ihr Kino abfackeln und dabei gleich noch die gan­ze Naziführung aus­lö­schen – inklu­si­ve Adolf Hitler (Martin Wuttke).

Doch auf die glei­che Idee sind auch die Briten gekom­men, die im Rahmen der «Operation Kino» zusam­men mit den «Basterds» einen Anschlag pla­nen. Diese von Lt. Aldo Raine (Brad Pitt) ange­führ­te Guerilla aus hoch­mo­ti­vier­ten deutsch-ame­ri­ka­ni­schen Juden und durch­ge­knall­ten Überläufern ver­brei­tet mit grau­si­gen Methoden Angst und Schrecken unter den Nazis in Frankreich. Doch bis es zum gros­sen Showdown im Kino kommt, ver­wur­stet Tarantino in fünf Kapiteln erst noch alles, was ihm in den let­zen Jahren durch den film­ge­füll­ten Kopf ging. Trash und Propaganda, Splatter und Glamour, Heroismus und Bösartigkeit, Drama und Action wer­den zum bun­ten Mix aus Kriegsdrama und Racheepos mit viel, sehr viel Rhetorik.

Denn zwar wird ab und an etwas kru­der Humor ein­ge­streut, hie und da murk­sen die Basterds ein paar Nazis ab, sonst aber reden die Charaktere im Film viel über Filme, erläu­tern ihre Absichten, erklä­ren ihre Forderungen oder recht­fer­ti­gen ihre Taten. Jedoch nicht, dass man glau­ben soll­te, der Regisseur habe etwas mit geschicht­li­cher Vorbelastung am Hut. Irgendein mora­li­scher Kompass hat bei «Inglourious Basterds» genau­so wenig zu suchen wie bei «Reservoir Dogs», «Pulp Fiction» oder «Kill Bill».

Und das ist gut so. Das ist irgend­wie erfri­schend. Das ist kurz­fri­stig unter­halt­sam. Denn schliess­lich krie­gen die Bösen – also alles was eine Naziuniform trägt – so rich­tig die Hucke voll. Die anti­fa­schi­sti­sche Bewegung und die Gerechtigkeitsgefühle jubeln. Dem Anspruch des Intellekts wird durch das bril­lan­te Schauspiel von Christoph Waltz genü­ge getan, der aus Landa einen bei­na­he sym­pa­thi­schen Bösewicht macht, einen stru­delm­amp­fen­den Killer, gut gelaunt, gebil­det, sprach­ge­wandt, der so gar nicht in das ein­fach gestrick­te Feindbild der Basterds pas­sen will.

Ihm ist es zuzu­schrei­ben, dass der Film trotz Überlänge kurz­wei­lig scheint. Und doch schleicht sich kurz, nur kurz, der Verdacht ein, dass «Inglourious Basterds» ohne den Hype um das Etikett Tarantino ein mäs­sig span­nen­der Film wäre, den man ger­ne kon­su­miert, aber noch vor Ende des Abspanns wie­der ver­ges­sen hät­te.
Der Film dau­ert 160 Minuten und ist bereits in den Kinos.

Foto: zVg.
ensuite, September 2009

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