Ich krie­ge es ein­fach nicht in den Kopf

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Von Irina Mahlstein – Es gibt gewis­se Dinge, die ver­ste­he ich ein­fach nicht. Ich kann es ein­fach nicht nach­voll­zie­hen. Ich krie­ge es ein­fach nicht in den Kopf rein. Ich kann es mir vor­wärts über­le­gen, rück­wärts, objek­tiv, sub­jek­tiv und auf alle ande­ren Arten wie es mög­lich ist, das eige­ne Gehirn zu ver­dre­hen und ver­wursch­teln. Es leuch­tet mir nicht ein. Offenbar exi­stie­ren Menschen, deren ein­zi­ges Ziel es ist ‚wis­sen­schaft­li­ches Schaffen in Verruf zu brin­gen und zu unter­gra­ben. Da gibt es einen Typen, der seit Jahren zu bewei­sen meint, dass es das HI-Virus nicht gibt. Irgendwie fas­zi­nie­rend. Dieser Mensch ver­wen­det sei­ne gan­ze Energie dar­auf, eine wis­sen­schaft­li­che Studie zu betrei­ben, die end­gül­tig zeigt, dass es die­ses Virus nicht gibt. Welche Ziele ver­folgt die­ser Mensch? Welchen Nutzen zieht er dar­aus? Oder ein­fach kurz gefragt: WARUM? Die Idee an sich ist total absurd. Einen Sachgegenstand, wel­cher schon längst bewie­sen, beob­ach­tet und welt­weit akzep­tiert wur­de, will er ent­kräf­ten. Einmal abge­se­hen davon, dass er mit sei­nen Lügen Menschenleben gefähr­det.

Ja, ich weiss, die Welt, ins­be­son­de­re die Wissenschaft, hat sich schon öfters geirrt. Doch die Welt ist nach wie vor eine Kugel, obwohl es eine Gruppierung gibt, die nach wie vor dar­auf beharrt, dass die Welt eine Scheibe dar­stellt, und wir Menschen sind lei­der schon längst nicht mehr das Zentrum des Universums. Und: Wir sind auf dem Mond gelan­det, auch wenn es auch hier nach wie vor Individuen gibt, die auch dies ver­nei­nen. Aber mal abge­se­hen von all die­sen kurio­sen Verleugnern, die Forschung hat die Menschheit schon ein gutes Stück wei­ter gebracht. Wahrscheinlich könn­te man sagen, dass ein gros­ser Teil des Fortschritts der letz­ten Jahrzehnte auf die Forschung zurück­zu­füh­ren ist. Deshalb, Ihr Motzer gegen die gebil­de­te Elite: Überlegt mal, wer Euer Auto erfun­den hat, wel­ches Euch erlaubt, Eure Potenz zu stei­gern, indem Ihr affig auf das Pedal drückt und den Motor auf­heu­len lässt. Oder woher kommt wohl das Teflon, dem Ihr es täg­lich ver­dankt, dass Ihr nicht stun­den­lang Pfannen schrub­ben müsst? Die Wissenschaft ermög­licht Euch ein Leben in Luxus!

Und da selbst die ein­deu­tig­sten Erkenntnisse ange­zwei­felt wer­den, ist es eigent­lich nicht ver­wun­der­lich, dass auch die Fakten über den Klimawandel ange­grif­fen wer­den. Schliesslich geht es hier auch um Geld, Macht und vor allem auch um Bequemlichkeit. Unter den Klimaskeptikern gibt es auch ein­zel­ne Fälle, bei denen ich es irgend­wie nach­voll­zie­hen kann, dass sie die wis­sen­schaft­li­chen Fakten nicht wahr­ha­ben wol­len. Teilweise ste­hen ja schier gan­ze Existenzen zur Diskussion. Doch da gibt es den Rest der Skeptiker, die für mich etwa 90% aus­ma­chen. Und bei denen, da krie­ge ich es eben nicht in den Kopf rein, war­um sie der unbe­que­men Wahrheit nicht ins Auge sehen wol­len. Welchen Nutzen tra­gen sie davon? WARUM? Das Traurigste an der gan­zen Sache ist für mich bereits, dass «Klimawandel – ja oder nein» mitt­ler­wei­le zu einer poli­ti­schen Einstellung gewor­den ist. Oder zu einer Glaubensfrage. Welcher Unsinn! Ähnlich der Frage nach der Evolution. Die Ausreden, die dann kom­men, sind eigent­lich schon wie­der amü­sant. Nicht nur beim Klimawandel. Auf die Frage nach den Dinosauriern und ande­ren Funden aus der Vergangenheit soll es die Erklärung von Evolutionsgegnern geben, die fol­gen­des behaup­ten: Dies ist ein Verwirrspiel Gottes. Er will uns damit testen, wie fest unser Glauben ist. Ich fin­de das herr­lich. Gott spielt mit uns Katz und Maus.

Was ich aller­dings weni­ger herr­lich fin­de, ist der Aufschrei, der jeweils durch die Medien geht, wenn eine Aussage im Klimabericht der UNO gefun­den wird, die nicht zu 100% halt­bar ist. In Folge wird der gan­ze Bericht in Zweifel gezo­gen, obwohl tau­sen­de wis­sen­schaft­lich fun­dier­ter Publikation bei­gezo­gen wur­den. Andererseits nut­zen Klimaskeptiker, ohne per­sön­lich ange­grif­fen zu wer­den, die Möglichkeit der Datenmanipulation. So gesche­hen zum Beispiel in einem Bericht der Weltwoche. Da wer­den mun­ter Daten ver­heim­licht, Grafiken gefälscht und kreuz­fal­sche Schlussfolgerungen gezo­gen, ohne dass sich irgend­ein Mensch dar­über beschwert. Ich krieg’s ein­fach nicht in den Kopf rein!

Foto: Barbara Ineichen
ensuite, März 2009

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