[Von Alexandra Portmann /Foto: Manuel Uebersax] Gut gegen Böse, Sitte gegen Sünde, Ordnung gegen Chaos. Es gibt kein anderes Exemplar in der Weltliteratur das diese Gegensätze besser und treffender darstellt als Robert Louis Stevensons Novelle „The strange case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“. Nun wird die berühmte Story als interdisziplinäre Rockoper in der Regie von Magdalena Nadolska uraufgeführt. Am 12. April 2011 feiert die Produktion des Kollektivs Mydriasis im Tojo Theater in der Reitschule Bern Premiere.
Das Motiv des feinen Dr. Jekyll, der sich in sein grausames alter ego Mr. Hyde verwandelt, ist bekannt und findet sich in zahlreichen Umsetzungen des Stoffes, wie zum Beispiel in Comics wie Hulk oder auch in diversen Spielfilmen, wieder. Doch was genau fasziniert am Motiv von Jekylls gespaltener Persönlichkeit? Wie ist die Masse an Adaptionen des Stoffes zu erklären? Die Dualität, die die Novelle behandelt, stellt aus Magdalena Nadolskas Sicht ein urmenschliches Thema dar, das sich durch alle Lebensbereiche zieht. So werden Fragen, was gut und was böse, was erlaubt und was verboten, was normal und was abnormal in der Gesellschaft immer wieder aufs Neue gestellt und dadurch bleibt die Faszination an diesen Gegensätzen bestehen.
Die Initiatoren der Rockoper sind die zwei Winterthurer Musiker Guido Ivan Fra und Reto Giordano. Sie erkannten das grosse Potential des Textes für die musikalische Umsetzung und entschieden sich dafür in in einer Rockoper Partitur Rocksongs mit melodiösen Balladen zu vereinen. Damit spielen die Komponisten klar die Gegensätze von Dr. Jekyll und Mr. Hyde gegeneinander aus. Die Musik bleibt aber nicht bei der plakativen Gegenüberstellung der beiden Extreme, sondern ist ein komplexer Stilmix aus Rock, klassischen Elementen und Pop, der sich durch die ganze Performance hindurch zieht. Sie bildet das Kernstück der Produktion und wird auf der visuellen Ebene von Schauspiel, zeitgenössischem Tanz (Choreographie: Cornelia Lüthi) und Video Visuals (Michèle Graf) ergänzt. Für das Erzählen der Geschichte verzichtet die Regisseurin auf zusätzliche Fremdtexte und setzt dabei ganz auf die vorgegebene Struktur des Librettos. Gerade das Experimentieren mit verschiedenen Darstellungsformen macht den Reiz der Produktion aus.
Auf der sonst leeren Bühne befinden sich vier Performer, eine Rockband mit Sänger und eine Projektionsfläche für die Video Visuals. Die unterschiedlichen Elemente werden in der Inszenierung auf verschiedenen Ebenen eingesetzt und tragen zur Aufdeckung von Dr. Jekylls Geschichte bei. Die Videos können sowohl als Bühnenbild, als Projektionen von Erinnerungen oder auch als Assoziationsketten dienen. Genauso ist die Musik in gewissen Momenten klar Teil der Handlung und in anderen wiederum nur der Soundtrack der Erzählung. Die Figur des Mr. Utterson hält die verschiedenen Erzählstränge zusammen und leitet das Publikum durch das vielschichtige Theaterspektakel.
Ein wichtiger Bestandteil des Medienmixes ist die Live-Übertragung der Uraufführung auf dem Berner Kulturradio RaBe und die Übertragung der Winterthurer Premiere auf dem Radio Stadtfilter. Das Ziel ist es, das Publikum durch zwei verschiedene Kanäle anzusprechen. Zum einen kann sich das Theaterpublikum unabhängig von der Inszenierung die Musik im Radio anhören kann. Zum anderen können die Radiozuhörer die Chance nutzen und sich die visuelle Umsetzung im Theater ansehen, um so die eigenen Bilder zu überprüfen. Mit diesem Mittel versucht das im Jahr 2010 gegründete Kollektiv Mydriasis in ihrer Erstproduktion die Theatergrenzen zu durchbrechen und erfüllt damit einen zentralen Programmpunkt ihrer gemeinsamen Theaterarbeit. Denn Mydriasis steht für regionenübergreifende und interdisziplinäre Arbeit, die über das Theater hinausgehen will. Auch in ihren zukünftigen Produktionen soll die Bühne ein Experimentierfeld für unterschiedliche Künste und Ausdrucksmittel bleiben und um Konzerte, wissenschaftliche Vorträge oder thematische Ausstellungen erweitert werden.
Die Rockoper „Hyde“ vereint fesselnden Live-Sound, bizarre Videos mit zeitgenössischem Tanz und versetzt den Zuschauer bzw. Zuhörer in die unheimliche und faszinierende Welt von Dr. Jekyll und Mr. Hyde – Ein packendes Theatererlebnis, das jeden mitreisst!
Vorstellungen:
12., 14., 15., 16. April 2011 um 20.30 im Tojo Theater Bern um 20.30 Uhr. Werkeinführung jeweils um 20.00 Uhr. (www.tojo.ch)
27., 29., 30. April 2011 um 20.00 Uhr in der Postremise Chur. Werkeinführung jeweils um 19.30 Uhr. (www.postremise.ch)
9., 10., 11. September im Theater am Gleis Winterthur. (www.theater-am-gleis.ch)
9./ 10. September um 20.15 Uhr, Werkeinführung um 19.45 Uhr
11. September um 19 Uhr, Werkeinführung um 18.30 Uhr.