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Hommage an Pina Bausch

Die wich­tig­ste Figur der letz­ten fünf­zig Jahre im deut­schen Sprachraum ist gestern ver­schie­den. Sie hat einen über Grenzen hin­weg prä­gen­den Tanzstil ent­wickelt: das Tanztheater. Für Pina Bausch war der Charakter von Bewegung wohl eine Somatisierung psy­chi­scher und sozia­ler Zustände. So steht die Verwendung von Tanzbewegung hin­ter ihrem Bedürfnis, gesell­schafts­kri­tisch Zusammenhänge zu beleuch­ten, dort, wo der Körper über Haltung, Ticks und Neurosen sich ver­rät. Das Bewegungsmaterial, das bei der the­ma­ti­schen Entdeckungsreise mit ihren Tänzern anfällt, wird erst in zwei­ter Linie ‹bear­bei­tet›.

Filmisches Porträt

Arte wid­met eine Hommage an die­se Dame, die beschei­den und öffent­lich­keits­scheu von Natur sich einem Starkult ent­zog. Das fil­mi­sche Porträt von Anne Linsel ist daher Gold wert, zumal Pina Bausch aus­gie­big zu Wort kommt. Sie spricht über ihre Werke und die Entwicklung des Tanztheaters.

Gedreht wur­de bei Gastspielen in Venedig im gera­de eröff­ne­ten TeatroFenice, in Lissabon und Brüssel. Und natür­lich in Wuppertal, im Theater und bei Wiederaufnahmeproben in der «Lichtburg», einem ehe­ma­li­gen Kino der 50er Jahre.

Choreographisches Meisterwerk

Ein Höhepunkt des frü­hen cho­reo­gra­phi­schen Stils ist das Werk Orpheus und Eurydike. Noch vom Modern-Dance geprägt, zeigt das Stück Pina Bauschs – durch­aus im Dienst höch­ster Ausdruckskraft – soli­des Know-How von anspruchs­vol­lem Bewegungsvokabular und des­sen cho­reo­gra­phi­scher Verarbeitung. (Hat je ein Interviewer sie gefragt, ob es gewinn­brin­gend sei, ins Genre Tanztheater quer ein­zu­stei­gen, ohne eine fun­dier­te Tanzausbildung und sti­li­stisch-cho­reo­gra­phi­sche Entwicklung hin­ter sich zu haben? Viele aber fra­gen sich, war­um Epigonen, die auf der Modewelle sur­fen, nicht an sie her­an­rei­chen. Man sieht den qua­li­ta­ti­ven Unterschied nicht auf den ersten Blick. Was ein Vorteil sein kann…)

Orpheus und Eurydike wur­de von Pina Bausch und Tänzern der Originalversion aus dem Jahre 1975 für die Pariser Oper 2004/05 ein­stu­diert und ins Repertoir genom­men. Die beein­drucken­de Aufführung ist von mir hier bespro­chen: Orpheus und Eurydike

Das Balthasar-Neumann-Ensemble spielt unter der musi­ka­li­schen Leitung von Thomas Hengelbrock. Elisabeth Kulman, Svetlana Doneva und Hélène Guilmette sind die soli­sti­schen Sänger, Marie-Agnès Gillot und Yann Bridard tan­zen die Hauptrollen.

Unbedingt auf­neh­men und neben Werke wie Mats Eks Giselle und  William Forsythes A thing repro­du­ced ins Regal stel­len…

Orpheus und Eurydike: Arte, 05. Juli 2009 um 17.10 Uhr

Porträt: Arte,  05. Juli 2009 um 19 Uhr

Wiederholung: 10. Juli 2009 um 5.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr

www.tanzkritik.net Originaltext