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Handgemachte Elektronik

Von Luca D‘Alessandro – Das im November letz­ten Jahres erschie­ne­ne Debüt «You Make Me Real» ist der Wirklichkeit gewor­de­ne Traum von Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick. Die Berliner haben sich zusam­men­ge­tan und ihre klas­si­schen Instrumente so umfunk­tio­niert, dass sogar die Organisatoren des Lethargy – eines elek­tro­ni­schen Rahmenevents der Street Parade – ein Plätzchen für sie auf der Bühne reser­viert haben. Im Oktober nun geht die Tüftelei der drei in die zwei­te Runde mit «Mr. Machine».

CD ein­le­gen – «Play» drücken – Lautstärkeregler auf­dre­hen – los geht‘s. Der Beat ist strikt, prä­zi­se, satt, so wie man ihn vom Minimaltechno her kennt. Doch etwas ist anders … irgend­wie. Bei der Recherche auf Youtube lüf­tet sich das Geheimnis: Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick prä­pa­rie­ren den Flügel mit Schrauben und Radiergummis, zup­fen an der Harfe, pol­tern auf Kisten und Trommeln, gele­gent­lich wirft eine Violinistin eine Sequenz in die Runde, alles syn­chron und per­fekt orche­striert. Was hier gebo­ten wird, ist in den Worten des Trios Brandt Brauer Frick aus­ge­drückt aku­sti­sche Dance-Musik.

Die Kombination aus Klassik und Techno ist nichts Neues. Doch die Authentizität, die Präzision und der Puls des Sounds ste­hen auf höch­stem Niveau. Die Beats sind prä­zi­se, zie­hen sich kon­stant durch die Tracks hin­durch, fast genau­er als ein Computer es schafft. Nur, dass hier kei­ne Computer im Einsatz sind, ledig­lich Mikrofone und Verstärker. «Wir lie­ben es, die drecki­gen und per­kus­si­ven Seiten die­ser Instrumente zu erfor­schen, indem wir Techniken von Komponisten wie John Cage oder Helmut Lachenmann adap­tie­ren», sagt Frick.

Brand Brauer Fricks Debüt «You Make Me Real», wel­ches letz­ten November erschie­nen ist, und das bevor­ste­hen­de zwei­te Album «Mr. Machine» (!K7 Records) beinhal­ten spek­tren­rei­che Tracks, die schon nur wegen des Grossaufgebots an teil­neh­men­den Musikern auf den ersten Blick frag­men­ta­risch daher­kom­men, am Ende aber immer wie­der zusam­men­fin­den und in sich schlüs­sig wir­ken. Ein poly­va­len­tes Genre, das sich über­all ein­set­zen lässt: sowohl in Klubs als auch in der guten alten Stube, beim Loungen im gemüt­li­chen Fauteuil.

Paul Frick, woher stammt die Idee, aku­sti­sche Dancemusik zu pro­du­zie­ren?

Diese Idee ist nicht unse­re, sie wur­de schon vor­her von ver­schie­de­nen Künstlern aus­pro­biert. Sie liegt eigent­lich auf der Hand, weil es aku­sti­sche «Tanzmusik» ja auch schon immer gibt … Jan und Daniel hat­ten in ihrem Duo-Projekt «Scott» ähn­li­ches ver­sucht, eher mit Fokus auf Jazz. Ich hat­te wäh­rend des Kompositionsstudiums auch schon Klubmusik-Einflüsse mit klas­si­schen Instrumenten ver­ar­bei­tet. Bei unse­rer aller­er­sten Session hat das dann gut zusam­men gepasst, und wir woll­ten wei­ter machen.

Welches war die gröss­te Herausforderung bei der Entwicklung neu­er Tracks?

Interessante Spannungsbögen und Beziehungen her­zu­stel­len, und uns selbst zu über­ra­schen. Das «Was» ist wich­ti­ger als das «Wie». Wir pro­bie­ren auch kaum gezielt, elek­tro­ni­sche Klänge zu imi­tie­ren, das pas­siert eher neben­bei.

Eure Spielart ver­langt höch­ste Präzision. Entsprechend lan­ge war ver­mut­lich die Vorbereitung auf «Mr. Machine» …

Es war viel Arbeit. Erst die Arrangements für zehn Musiker auf­schrei­ben und dann sehr viel pro­ben. Die Aufnahmen selbst waren auf jeden Fall mit Abstand der kür­ze­ste Teil.

Und was sagen Sie zum Titel der CD?

Der Titel braucht kei­ne wei­te­re Erklärung, wenn man die Musik hört und das Artwork anguckt.

Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2011