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Grosse Stimmen in Rot und Schwarz

By Tabea Buri

Es ist unbe­strit­ten: Sie sin­gen gut. Barbara Goldenberg, Katarina Kobal und Philipp Scherer stu­die­ren Operngesang an der ZHdK und prä­sen­tie­ren ihre Stimmen mit Inbrunst und vol­lem Körpereinsatz. In ihrem Stück «Zu spät» stel­len sie eng­li­schen Barock von Henry Purcells und Musik des unga­ri­schen Komponisten György Kurtág aus dem 20. Jahrhundert neben ein­an­der. Damit schaf­fen sie eine span­nen­de Kombination zwei­er Stile. Mühelos klet­tern die zwei Sängerinnen und der Sänger über die kom­pli­zier­ten Barock-Koloraturen, las­sen ihre Stimmen mit gros­sem Volumen in tief­sten Lagen erklin­gen. Wenn es die Partitur von Kurtág ver­langt, dann krei­schen und schrei­en sie auch mal zwi­schen­durch; alles kein Problem.

Im Bett und auf dem Friedhof

Das Stück beginnt viel­ver­spre­chend: Nach dem das Publikum in einen dunk­len Raum ohne Sitzgelegenheiten geführt wur­de, erklingt eine erste Stimme aus einer fin­ste­ren Ecke. Der Lichtkegel, der die Sängerin bald schon erhellt, führt von da an die Aufmerksamkeit des Publikums kreuz und quer durch den Raum: Ein Mal wird im Bett neben an gesun­gen, ein Mal in der hübsch insze­nier­ten Küche an der Wand gegen­über, dann wie­der auf einem erhöh­ten Podest, auf dem ein Friedhof dar­ge­stellt wird. Dazwischen ste­hen die Notenpulte der vir­tuo­sen Sologeiger, die dau­ernd mit den Stimmen im Dialog ste­hen. So füllt sich der Raum nicht nur mit Klang, son­dern auch mit wech­seln­dem Licht und mit der stän­di­gen Bewegung von Publikum und Musizierenden. Dieser spie­le­ri­sche Perspektivenwechsel passt ide­al zu der col­la­ge­ar­ti­gen Struktur des Werks «Kafka Fragmente» von Kurtág, das den Hauptteil des Abends aus­macht.

Staubige Brockenhausoptik

Schade nur, dass, abge­se­hen von der Raumaufteilung, die Inszenierung furcht­bar stau­big bleibt. In einer fast durch­ge­hen­den rot-schwar­zen Brockenhausoptik tritt ein klas­si­sches Requisit neben das näch­ste. Die sze­ni­schen Darstellungen blei­ben unin­spi­riert. Es mag sein, dass dem Abend eine wich­ti­ge Ebene auch dadurch ver­lo­ren ging, dass die Texte von Kafka, die in Kurtágs Werk ver­tont sind, nur sehr schlecht ver­ständ­lich waren. Vielleicht wäre der im Voraus ver­spro­che­ne Schalk des Abends durch eine Projektion der Kafkazitate bes­ser her­vor­ge­tre­ten. Sicher ist, dass die drei Stimmen und die beglei­ten­den Musiker und Musikerinnen auf der sze­na­ri­schen Ebene mehr vom Innovationscharakter der zeit­ge­nös­si­schen Oper ver­dient hät­ten.

: http://www.kulturkritik.ch/2014/zu-spaet/