(Lukas Vogelsang) – Die erste gemeinsame Produktion als KonzertTheaterBern startet mit einem überraschenden Blaubart, dem Roman, welcher Max Frisch zehn Jahr vor seinem Tod geschrieben hat. Eine eigentlich ganz einfache Geschichte, die sich wie der Korkenzieher in den Flaschenhals zwängt: Dr. Felix Schaad kann sich nicht erinnern, ob er seine sechste Ehefrau erdrosselt hat und die Siebte läuft ihm gerade weg. Das klingt einfacher, als es ist. Dieses Gedankenwirrspiel wurde von Michael Simon in Regie mit dem gesamten KonzertTheater-Haus – also allen Sparten – umgesetzt.
Details zum Stück gibt’s im ausführlichen und schön gestalteten Programmheft. Darauf möchte ich weniger eingehen. Aber es sei erwähnt, dass die Informationen schön und «neu», frisch daherkommen. Ein gelungener visueller Auftritt mit einer guten, aufbrecherischen Botschaft – die Signalwirkung ist gelungen.
Das Stück als 4‑Sparten-Auftakt zu bezeichnen ist etwas schrammig. Der Tanz kommt viel zu kurz und ist ausser einigen Räkeleien herzlich verkümmert. Allerdings bringt das KonzertTheaterBern das Element Film ins Spiel – was wiederum als eigene Sparte durchgehen kann. Das Berner Symphonieorchester spielt mal im Graben, mal auf der Bühne und ist leider etwas versteckt – nicht in der Spielweise, aber visuell. Allerdings stiehlt das üppige und klever gebaute Bühnenbild sehr viel Präsenz für sich – was die Aufmerksamkeit vom Klang ablenkt. Ich habe versucht, mich im Anschluss an die Musik zu erinnern – es ist mir aber wenig geblieben – was ich bedauere.
Der Chor spielt diesmal eine schöne Rolle: Alle Frauen sind gleich gekleidet, wie die ermordete Rosalinde – und das bietet einen sehr ehrlichen und lustigen Anblick, vor allem, wenn sie tot umfallen. Die Variationen sind wunderbar. Das tut dem Singen auch keinen Abbruch – die Chor-Elemente kommen gut an und passen ins Bild. Auch klanglich.
Der Höhepunkt allerdings bieten die SchauspielerInnen. Hier ist dem Theater ein Glücksfall zugespielt worden: Mit Stéphane Maeder hat das Berner Schauspiel wieder einen kultigen, eigenwilligen und hervorragenden „Aushängeschauspieler“ gefunden. Seine Präsenz auf der Bühne füllt das ganze Theater, selbst wenn er nur denkt. Die Figur des Dr. Schaad ist auf ihn zugeschnitten und man glaubt ihm jedes Wort – ohne zu wissen, was wirklich wahr ist. Ebenfalls auffällig ist Mila Stark, die das halbe Rudel von Ehefrauen und Tochter, Angestellte und Arztgehilfin gut trennt und wuchtig gut rüberbringt. Es wäre oft nicht nötig, die Rollen zu überdrehen, doch das ist wohl eine Regieanweisung, worunter Henriette Cejpek am meisten zu leiden hat. Ihre Rolle als Richterin ist zu überzeichnet, was ein Ungleichgewicht in den Rollen und der Geschichte mitzieht. Das Dilemma war wohl die manchmal zu schwerfällige und langfädige Geschichte, die mit ihren kleinen Details kaum in Schwung zu bringen war. Diese durch schauspielerische, „komsiche“ Einlagen zu motivieren klappt nicht immer. Und Stéphane Maeder beweist, dass man damit gut haushalten kann. Er stabilisiert diese Entgleisungen jeweils.
Als Auftakt ein wahrlich gelungene Sache. Ich konnte es mir im Anschluss nicht verkneifen, einen tieferen Blick ins Jahresprogramm zu werfen…
Weitere Termine
Mi, 03. Okt 2012, 19:00 – 20:30Sa, 06. Okt 2012, 19:30 – 22:00Di, 16. Okt 2012, 19:30 – 22:00Sa, 20. Okt 2012, 19:30 – 22:00So, 28. Okt 2012, 18:00 – 22:00Fr, 02. Nov 2012, 19:30 – 22:00Sa, 17. Nov 2012, 19:30 – 22:00So, 02. Dez 2012, 18:00 – 20:30Sa, 08. Dez 2012, 19:30 – 22:00Do, 13. Dez 2012, 19:30 – 22:00Fr, 21. Dez 2012, 19:30 – 22:00Sa, 05. Jan 2013, 19:30 – 22:00





