Ein Hauch von Copacabana made in Sussex

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Von Luca D’Alessandro – «The Changing Lights» – Diesen Titel hat sich Stacey Kent für ihre Ende September ver­öf­fent­lich­te, zehn­te Platte aus­ge­sucht. Eine Jubiläums-edi­ti­on, sozu­sa­gen, auf der die US-ame­ri­ka­ni­sche Sängerin und Literaturwissenschaftlerin nicht nur Eigenleistungen vor­stellt, son­dern auch das Repertoire der Grössten der Grossen Brasiliens in ein neu­es Licht rückt. Am 1. November zeigt sie sich am Zürcher jazz­no­jazz Festival.

«Um einen wun­der­vol­len Samba zu erschaf­fen, braucht man ein klein wenig Traurigkeit», sagt Stacey Kent mit Verweis auf den Text des Liedes «Samba Saravah» von Pierre Barouh aus ihrem Lieblingsfilm «Un hom­me et une femme». Nachdenklichkeit, Melancholie und damit ver­bun­den ein Hauch von Traurigkeit: Die Sängerin weiss, wie man die­se Gefühle büh­nen­taug­lich prä­sen­tiert. Das kommt nicht von unge­fähr: Von Musikkritikern wird sie alle­mal als eines der besten Jazz-Vokal-Talente ihrer Generation bezeich­net.

Ihre bis­he­ri­gen zehn Alben hat sie dem fran­zö­si­schen Chanson, dem Great American Songbook, dem Samba und der neu­en Welle Brasiliens, dem Bossa Nova gewid­met. Von die­ser Welle lässt sie sich ger­ne tra­gen: Obwohl sie die por­tu­gie­si­sche Sprache nur aus dem Schulbuch kennt, ver­mag sie auf «The Changing Lights» die bra­si­lia­ni­sche Legeresse gekonnt zu ver­mit­teln. Und das gleich in meh­re­ren Sprachen.

Das klei­ne «Aber» Jede noch so gute Produktion hat irgend­wo ein «Aber». Hier sind es die Coverversionen, wel­che dem Brazil- und Jazzaffinen Publikum ver­mut­lich bestens bekannt sind. Der Eindruck, vie­les schon ein­mal gehört zu haben, bestä­tigt sich spä­te­stens bei «O Barquinho» von Roberto Menescal und Ronaldo Boscoli. Dennoch lässt sich sagen, dass das Verhältnis zwi­schen Eigenleistung und Neuinterpretationen in einem ange­neh­men Gleichgewicht steht. Eine Einschätzung, die – erwar­tungs­ge­mäss – auch von Stacey geteilt wird: «Zwischen den Liedern herrscht eine Art Wellenbewegung, als ob sie ein­fach zusam­men­ge­hö­ren.» Ja, die Lieder sind auf­ein­an­der abge­stimmt. Abrupte sti­li­sti­sche Richtungsänderungen, Crescendi oder rhyth­mi­sche Experimente gibt es nicht.

Alternative Wege Kent hat denn auch nicht den Anspruch, etwas völ­lig Neues zu ser­vie­ren. Sie zeigt viel­mehr alter­na­ti­ve Wege auf, wie man mit dem Korpus der Brasilianischen Grossmeister des Samba und Bossa Nova eben­falls ver­fah­ren kann. Zu ihren Lieblingen gehö­ren Tom Jobim, Dori Caymmi, Sergio Mendes, Marcos Valle und Luiz Bonfà.

Auf poe­ti­scher Seite erhält Kent Rückenwind von ver­sier­ten Textern. Unter ihnen der japa­ni­sche Schriftsteller Kazuo Ishiguro, der das Manuskript für «The Summer We Cross Europe in the Rain», «Waiter», «Oh Waiter» und den Titelsong «The Changing Lights» lie­fert. Letzterer basiert auf einem impres­sio­ni­sti­schen inne­ren Monolog – ein Abtauchen in die gei­ster­haft-sinn­li­chen Wirren der mensch­li­chen Erinnerung. Als wei­te­rer Texter tritt Antonio Ladeira in Erscheinung. Er ist der Autor der Texte für «Mais Uma Vez» und «A Tarde», eine Variation der Themen Trennung, Abwesenheit, Erinnerung und Einsamkeit, betrach­tet mit den Augen einer Frau, die über die Stadt sin­niert, in der auch ihre Jugendliebe lebt.
Roberto Menescal extra ein­ge­flo­gen Die Liebe ihres Lebens fand Stacey Kent dies­seits des Atlantiks, genau­er in England, wo sie auf den Arrangeur Jim Tomlinson traf, ihren heu­ti­gen Ehemann. Er ist einer der (Pro)Motoren Staceys, stän­dig auf der Suche nach neu­en Projektideen. Sein Name ist denn auch gleich mehr­mals auf der aktu­el­len Albumhülle auf­ge­führt, sowohl in der Rolle als Arrangeur als auch als Saxofonist. An sei­ner Seite spie­len Graham Harvey am Klavier, Jeremy Brown am Bass, John Parricelli an der Gitarre und Matt Home am Schlagzeug. Es wur­den kei­ne Mühen gescheut: Für die Aufnahme von zwei Stücken wur­de der bra­si­lia­ni­sche Gitarrist Roberto Menescal eigens ins Tonstudio nach Sussex, Südengland, geflo­gen.

Die näch­sten Reisen ste­hen der Sängerin und ihrer Band bevor: Nach einer Tour durch Deutschland im Oktober macht Stacey Kent am 1. November 2013 Halt am jazz­no­jazz Festival in Zürich.

Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2013

 

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