EDITORIAL Nr. 84

Von

|

Drucken Drucken

Von Lukas Vogelsang – Künstler behar­ren heu­te sehr prä­zi­se auf dem Wert ihrer Arbeit. Kunst kostet – das stell­ten wir in der Redaktion wie­der mal fest, als wir die Preise eines klas­si­schen Konzertes oder einer Oper vor Augen hat­ten und als uns die Fachstelle Kultur aus Zürich mit­teil­te, dass sie nur «pro­fes­sio­nel­les, das heisst ange­mes­sen ent­löhn­tes Kulturschaffen mit Kulturfördermitteln» finan­zie­ren wol­le. Es ist so: Den Preis für Kulturelles und Kunst zu bezah­len setzt die Bereitschaft dafür vor­aus – sonst funk­tio­niert der Kunstmarkt nicht und dabei ist es egal, ob wir von einem Konzert, Theater oder einem Bild spre­chen. Ohne die­ses Geld bleibt jede künst­le­ri­sche Tätigkeit brot­los. Dem Gegenüber ist der Inhalt, der Sinn und die Idee hin­ter einem Projekt oder einem Werk sel­ten Gegenstand einer Diskussion. Das Philosophieren gehört nicht mehr zu unse­rem getwit­ter­ten und face­boo­ke­nen Alltag. Wir leben heu­te flüch­tig – auch finan­zi­ell.

Der Staat oder die öffent­li­che Hand sind des­we­gen wich­ti­ge Förderstellen, ein gutes Beispiel ist dabei der Film. Ein kul­tu­rel­ler Film (wie das auch zu defi­nie­ren sein soll) kostet in der Entstehung viel Geld und man geht nicht davon aus, dass jener durch Aufführungsgewinne dies wie­der ein­spielt – zumin­dest im Filmmarkt Schweiz. Also muss ein Film vor der Produktion bereits durch­fi­nan­ziert sein.

Da ent­steht natür­lich ein Problem für die Filmbranche und bei den Fördergeldern herrscht Gedränge: Der Bund muss sei­ne Kulturausgaben poli­tisch und juri­stisch erklä­ren kön­nen. Ihm geht es nicht um die Wichtigkeit des Inhalts, son­dern um die Repräsentation gegen­über der Politik oder den ande­ren Staaten im all­ge­mei­nen Wettbewerb. So hat das Bundesamt für Kultur (BAK) die Leuchtturm-Philosophie durch­ge­setzt und stärkt vor allem Erfolgsprojekte – aus­ge­rech­net jene, die an der Kinokasse noch am mei­sten Erfolg haben könn­ten. Doch im Gegenzug erhält die Schweiz dadurch Filme, die sich im inter­na­tio­na­len Wettbewerb zei­gen und damit wie­der Geld für den Film, durch Co-Produktionen zum Beispiel mit ande­ren Ländern, in die Schweiz brin­gen könn­ten. «Könnten», denn das ist ein Prozess, der Zeit braucht. Ergebnisse sind noch kei­ne greif­bar, was die Branche ver­ständ­li­cher­wei­se ärgert.

Die vie­len Filmschaffenden, die nicht zu die­ser Erfolgskategorie oder zu die­sen Hype-FilmerInnen gehö­ren, müs­sen mit der regio­na­len Filmförderung zurecht­kom­men. Das heisst weni­ger Geld und mehr Konkurrenz und dadurch weni­ger Möglichkeiten auf­zu­stei­gen. Für die regio­na­le Filmförderung hin­ge­gen ist die Situa-tion ganz blöd: Sie ermög­li­chen das Überleben der Filmschaffenden so lan­ge, bis die­se ihren Film beim BAK unter­brin­gen kön­nen oder kei­ne Kraft mehr haben und auf­ge­ben. Die Regionalen mutie­ren damit zur Sozialhilfe – denn die­se Filme haben kaum eine Chance im Wettbewerb. Wer’s trotz­dem schafft, wird von der natio­na­len Politik gelobt und gehät­schelt – als wären sie die Helden und ver­ant­wort­lich dafür. Irgendwie auch ver­ständ­lich, dass dies Frust her­vor­ruft – für alle Beteiligten. Es scheint, dass hier ein Gedanke nicht wirk­lich gedacht wor­den ist.

Aber wer jetzt meint, dass die Verbände oder die Filmschaffenden sel­ber an einer kon­struk­ti­ven Lösung inter­es­siert wären, ist getäuscht. Das Einzige, was gefor­dert wird, ist noch mehr Geld für den Film. Dabei bräuch­te es schlaue Lösungen. 40 Millionen wer­den jähr­lich vom BAK für den Film aus­ge­ge­ben – und eben, irgend­je­mand muss das bezah­len. Dass die Steuerzahler-Innen nicht unbe­dingt Lust haben, jeden Rappen in die Wirtschaftsförderung zu stecken, die schluss­end­lich, wie wir von der Krise her wis­sen, den anschlies­sen­den Erfolg für sich behal­ten, ist doch ver­ständ­lich. Die Filmschaffenden wol­len Geld, das BAK will qua­li­ta­ti­ven Film und gestärkt wer­den durch die Politik – und irgend­wie fin­den die­se Gruppen nicht zusam­men. Und viel­leicht hat dann irgend­wann das Publikum auch noch was zu sagen.


Foto: zVg.

Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 84, Dezember 2009

Einen Text gelesen und der hat gefallen? Spende per TWINT ein paar Franken - ohne Abo, aber mit gutem Gewissen. Geht doch auch.



Newsletter

Unsere Newsletter kommt nicht oft und nur dann, wenn etwas wichtig ist. Sie können sich jederzeit wieder abmelden.




Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch die Schweizer-Newsletter-Software von «ensuite» einverstanden. (CH-Server)

logo