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EDITORIAL Nr. 58 Bern

Von Lukas Vogelsang – Ich weiss nicht, welch ver­fah­re­ne Mücke mich gesto­chen hat­te, als ich den Starttermin für die Zürcher ensuite-Ausgabe aus­ge­rech­net in die­sen Oktober gelegt hat­te. Theoretisch und rein markt­tech­nisch ist das der beste Zeitpunkt. Doch die nach­som­mer­li­che Herbsthektik hat in die­sem Jahr eine Rekordmarke erreicht. Und aus­ge­rech­net jetzt publi­zie­ren wir nicht nur zwei, nein, drei Publikationen auf ein­mal: ensuite Bern, ensuite Zürich und arten­suite, wel­ches nach zwei Jahren Existenz nun als eigen­stän­di­ges Magazin bei den Abonnennten gra­tis bei­liegt (auf­merk­sa­me LeserInnen ver­ste­hen jetzt die­sen Seitenwink, end­lich ein Abonnement zu kau­fen…). Auch haben wir neue AutorInnen und neue Ideen ins ensuite gebracht. Natürlich sind wir gespannt, wie die Reaktionen aus­fal­len wer­den (leserbriefe@ensuite.ch). Sie hal­ten ein klei­nes Stück Geschichte in ihren Händen.

Unsere Expansionspläne nach Zürich haben nichts mit Grössenwahn oder dem Begriff «Goldküste» zu tun. Auch den­ke ich nicht, dass Zürich die bes­se­re Stadt ist – sicher: Finanziell bewegt sie sich auf einem ande­ren Niveau als Bern und darf auch etwas «welt­of­fe­ner» beti­telt wer­den. Zum Beispiel bin ich jedes Mal über­rascht, wie ein­fach die Kommunikation mit Zürich ist. Langsam ver­ste­he ich die Herkunft vom «lang­sa­men Berner» – echt, da ist viel Wahrheit drin. Dafür ist Zürich kul­tu­rell ein chao­ti­scher Haufen. Nein, Zürich bedeu­tet für ein Berner Kulturmagazin Kulturexport und damit Austausch. Kultur ist der Spiegel der Gesellschaft. Bisher schau­te Bern in den eige­nen Spiegel und frag­te: «Spieglein, Spieglein an der Wand, wel­che Stadt ist die Schönste hier im Land?» Doch viel Antwort gab uns das Spiegelbild nicht zurück. Die Zugreise von Bern nach Zürich ist für BernerInnen immer noch eine hal­be Weltreise. Schnell in Zürich shop­pen zu gehen, ist ver­pönt und grenzt an Kantonsverrat.

Kulturexport heisst, dass wir uns für die Menschen aus­ser­halb unse­rer Grenzen zu inter­es­sie­ren begin­nen und ihnen etwas aus unse­rer Kultur mit­brin­gen. Vielleicht heisst es auch, dass wir Fragen haben, auf die wir nicht mehr ant­wor­ten kön­nen. Im Gegentausch erhal­ten wir etwas aus frem­den Gärten zurück. Diese Impulse sind für Bern als Hauptstadt der Schweiz wich­tig. Als Signal nach aus­sen wie nach innen. Damit wird die Kulturdiskussion nicht mehr nur auf der KünstlerInnenebene geführt. Und das ist, was uns als Kulturmagazin inter­es­siert.


Foto: zVg.

Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 58 Bern, Oktober 2007