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EDITORIAL Nr. 28

Von Lukas Vogelsang – Denn man ver­sucht uns BernerInnen und Berner wie­der ein­zu­re­den, dass wir, neben den zu bezah­len­den Steuerrechnungen und den üblen Nachzahlungsüberraschungen, geni­al sind. Und dies im 2005 gleich in drei­fa­cher Potenz: Stade de Suisse, Zentrum Paul Klee und dem Altmeister Einstein. Als hät­te «Bern» irgend­et­was bei­gesteu­ert. Wer weiss schon die Adresse vom Einstein-Museum aus­wen­dig. Das net­te Detail liegt ja gera­de dar­in, dass Einstein Bern ver­las­sen muss­te, um in Zürich den Beginn sei­ner Karriere fei­ern zu kön­nen. Toll. Und war­um trug man Paul Klee nicht frü­her auf Händen? Es ist fast beschä­mend, dass man «sein» Museum trotz­dem hier baut. Auch das Stade de Suisse ist von der Privatwirtschaft initi­iert und gleicht des­we­gen auch mehr einem Einkaufszentrum der hei­mi­sche Fussballclub muss aus­wer­tig trai­nie­ren und hat nur das Recht auf ein paar Spiele…

Doch «Bern» klopft sich laut­stark auf die Schulter. So stark, dass sogar der Schweizerhof vor lau­ter Staub nur noch hustet und sei­nem Ableben gefähr­lich nahe kommt. Was habe ich gele­sen? Die Investitionen wür­den sich auf 30 bis 35 Millionen belau­fen. Attraktiv, vor allem wenn man bedenkt, dass in ein paar Jahren der gesam­te Bahnhofsplatz eine Grossbaustelle sein wird. Dabei könn­te man mit dem Investitionsgeld doch gleich das Dach über dem Bahnhofsplatz bau­en, ein paar Hängematten dar­un­ter hän­gen und hät­te damit erst noch die boo­men­de Touristenbranche revo­lu­tio­niert. Hängematten sozia­li­sie­ren ein­fach und geni­al.

Und es geht wei­ter: Bern macht’s. So heisst es in einer «Logo-Werbeschrift» von der Wirtschaftsförderung Bern. Bern ver­kau­fe sich unter sei­nem Wert, sei oft gesagt wor­den. Schön und gut. Nur, arbei­tet erstens die Wirtschaftsförderung nicht an einer wirk­li­chen Attraktivität die­ser Region (das weiss jeder und jede, die in die­sem Kanton einen Kleinbetrieb oder eine GmbH eröff­nen will…) und zwei­tens machen die Falschen mit die­sem Logo noch Geld. Dieses Logo soll­te jeder Berner-Firma «geschenkt» wer­den – qua­si als Dank, dass sie hier über­haupt noch tätig ist. Einzig in einem Punkt in die­ser Werbeschrift gebe ich laut­hals Applaus: «Oft gehe ver­ges­sen, dass im Kulturbereich das Angebot von Bern weit­ge­hend unter­schätzt wird.» Ja! National hat man schon lan­ge erkannt, dass Bern ein ein­zig­ar­ti­ges Kulturmagazin besitzt. Nur Bern macht’s sich dabei schwer. Bern macht’s eben!


Foto: zVg.

Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 28, April 2005