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Downing oder Bailey Street?

Von Patrik Etschmayer - Vor etwa drei Jahren schrieb der Autor in einer kurz dar­auf ein­ge­stell­ten Online-Zeitung, dass Boris Johnsons Brexit-Spiel nichts mit des­sen Einstellung zu Europa zu tun hat, son­dern ledig­lich mit dem Wunsch, sei­nen Studienkollegen und Langzeit-Konkurrenten David Cameron in der No. 10 Downing-Street zu beer­ben.

Dass es ihm wirk­lich nur dar­um ging, zeig­te sich bereits kurz nach dem – ver­mut­lich auch für ihn – über­ra­schend erfolg­rei­chen Referendum. Denn statt die Brexit-Führerschaft zu bean­spru­chen ver­krü­mel­te sich der irre Boris damals auf die hin­te­ren Parlaments-Bänke, wur­de von Theresa May, als die­se den Stiefel Namens Brexit-Verhandlung ange­zo­gen hat­te, zur ‹Strafe› zum Aussenminister ernannt, in der Hoffnung, nicht all­zu­viel Schaden anrich­ten zu kön­nen, wenn er viel aus­ser Landes wäre.

Doch Johnson wuss­te genau, dass May damals schon ver­lo­ren hat­te. Denn egal, was sie aus­han­deln wür­de: Die den Parteistrukturen Grossbritanniens rigid ver­bun­de­ne May wür­de kei­nen Deal hin krie­gen, der eine gene­rel­le Mehrheit bekom­men wür­de. Zu unter­schied­lich waren die Meinungen im Parlament und den Tories selbst. Doch um Johnson noch einen Gefallen zu machen, schoss sich May selbst noch ins Knie, als sie ohne Not Neuwahlen ansetz­te, wel­che ihr ihre abso­lu­te Mehrheit koste­ten und den Verhandlungsspielraum, eng wie er schon war, wei­ter schmä­ler­ten.

Was folg­te, war Theresa Mays poli­ti­scher Tod in gefühl­ten hun­dert Akten: Brexit-Debatten ohne Ende, ver­lo­re­ne Abstimmungen, offe­ne Rebellion der eige­nen Partei und nur durch die Angst vor dem eige­nen Untergang von den Tories nicht getra­ge­ne Misstrauensvoten. Dann, als auch noch die letz­ten poli­ti­schen Scherben ihrer Regierungszeit zu Staub zer­mah­len waren, ihre Rücktrittsankündigung und das Tory-Desaster an den nie gewoll­ten EU-Wahlen.

Johnson hat sich sogleich in Position gebracht. Er wer­de als Premier den Brexit lie­fern, ganz egal wie: Deal, No Deal oder New Deal. Dabei ist er, egal wie gut oder beschis­sen es sein wird, in der wun­der­ba­ren Position, die Schuld sei­nes Schlamassels auf alle ande­ren abschie­ben zu kön­nen. Vermutlich wird es ohne­hin dar­auf hin­aus lau­fen, dass er die EU so nervt, dass die­se das UK am Ende raus wer­fen wird.

Auf die­se Weise wird er sich – soll­te er es tat­säch­lich in die No. 10 schaf­fen – von aller Schuld rein­wa­schen kön­nen und sich auf neue Freihandelsabkommen mit wei­te­ren Ländern aus­ser der Schweiz und den Färöer-Inseln eini­gen kön­nen. Wenn die Deals – und das ist abseh­bar – dann wesent­lich schlech­ter aus­fal­len, als die Abkommen, wel­che die EU aus­han­delt, wird er wei­ter auf den Rest der Welt zei­gen und Schuld weit her­um ver­tei­len kön­nen.

Allfällige Folgen für sein Land sind ihm dabei ohne­hin egal, mein­te er doch noch, dass sich die eng­li­sche Wirtschaft selbst ficken sol­le («Fuck Business»). Auch ein «hard bor­der» in Irland scheint ihm unter­des­sen Wurst zu sein – ein mög­li­ches Aufflammen eines Bürgerkrieges hin und der Kollaps der Irischen Wirtschaften her.

Denn ihm geht es nur um eines: Premier zu wer­den und dann min­de­stens solan­ge dort zu sein, wie Cameron es war. Womöglich einen Tag län­ger.

Denn dar­um geht’s Ihm. Und um nichts ande­res. Blöde nur, dass ihn aus­ge­rech­net jetzt sei­ne Lüge über die EU-Kosten wäh­rend des Referundumskampfes, die pro­mi­nent auf einem im gan­zen UK her­um­fah­ren­den Bus geklebt war und weit über den reel­len Zahlen lagen, ein­ge­holt hat, und er sich nun für die­se vor­sätz­li­che ‹Irreführung der Öffentlichkeit› vor Gericht ver­ant­wor­ten muss. Im schlimm­sten Falle droht ihm sogar eine Gefängnisstrafe. Könnte also gut sein, dass er schon bald statt in der No. 10 Downing Street im Kriminalgericht Old Bailey ein und aus gehen wird… Und das hat vor ihm noch nicht mal sein Konkurrent Cameron geschafft.