District 9

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Von Sonja Wenger – Frisch, berüh­rend, sau­gut: Die Überraschung des Kinojahres (2009) heisst «District 9». Das erwar­tungs­vol­le Publikum den­ke sich einen Referenzen-Cocktail aus «Alien», «The Fly», «Robocop», «Predator» und ja, auch aus «E.T.», um nur eini­ge zu nen­nen – nur fre­cher, pro­vo­ka­ti­ver, wit­zi­ger.

Der süd­afri­ka­ni­sche Regisseur Neill Blomkamp und sein Produzent Peter Jackson, inzwi­schen erholt von der «Lord-of-the-Rings»-Trilogie, bewei­sen, dass gute Action-Filme nicht immer drei­stel­li­ge Millionenbeträge ver­schlin­gen müs­sen und wah­re Helden auch ganz gut ohne Muckis und Megan-Fox-Klone aus­kom­men – nur die Wumme, die muss sein. Aber schliess­lich muss man ja nicht gleich das Rad neu erfin­den.

Im Gegenteil. Das Erfolgsrezept heisst im Falle von «District 9»: Man neh­me alles Interessante/Spannende/Unterhaltende und ver­wursch­te es respekt­los zu etwas Neuem. Die Elemente des Pseudodokumentarfilms las­se man mit unbän­di­ger Lust auf Geballer und Horror zu einem Science-Fiction-Film mutie­ren. Das Ganze unter­füt­te­re man mit kru­dem süd­afri­ka­ni­schem Humor und for­me neben­bei noch eine schockie­rend aktu­el­le sozi­al­kri­ti­sche Allegorie auf die Apartheid im Besonderen und den Rassismus im Allgemeinen. Und als Sahnehäubchen auf die­se fil­mi­sche Rarität set­ze man bril­lan­te Spezialeffekte und einen Hauptdarsteller, der es ver­steht, mit den Sympathien des Publikums Achterbahn zu fah­ren.

Doch die Begeisterung prescht der Geschichte vor­aus. Der Inhalt von «District 9» ist eigent­lich sim­pel: Eines schö­nen Tages Ende der Siebzigerjahre stran­det ein gigan­ti­sches Raumschiff über der süd­afri­ka­ni­schen Stadt Johannesburg. Nach Wochen des Wartens auf den «First Contact» fas­sen sich die Menschen ein Herz – und fin­den im Innern des Schiffes ein paar hun­dert­tau­send halb ver­hun­ger­te Aliens, zwei Meter gross, mit einem insek­ten­haf­ten, krab­ben­ähn­li­chen Äusseren. Feinfühlig, wie der Mensch ist, nennt er die Ausserirdischen «Prawns». Und weil der Mensch – in die­sem Fall die süd­afri­ka­ni­sche Regierung – nicht weiss, was er mit den Aliens anfan­gen soll, tut er das, was er in sol­chen Fällen immer tut: Er sperrt sie ein und baut einen Zaun um das Lager.

Im Laufe der Jahre ent­steht dar­aus kon­se­quen­ter­wei­se ein Slum, eben District 9 – in Anlehnung an den District 6 in Kapstadt, aus dem Ende der Siebzigerjahre zehn­tau­sen­de Schwarze zwangs­wei­se umge­sie­delt wur­den. Auch in der Fiktion soll das Ghetto geräumt wer­den, da es als Brutstätte für Kriminalität und ande­re Abartigkeiten gilt. Auftrag für die Räumung mit allen Mitteln erhält das pri­va­te Sicherheitsunternehmen Multinational United (MNU) – Blackwater lässt grüs­sen –, und im Speziellen die graue Büroassel Wikus van der Merwe (Sharlto Copley).

Wikus ist das net­te Bürokraten-Gesicht, das mit dem Räumungsbefehl höf­lich anklopft, vol­ler Abscheu gegen die Prawns, die doch so «lustig zer­plat­zen, wenn man sie abfackelt». Doch sei­nen Vorurteilen wird bald der Garaus gemacht, als er bei der Räumung eine aus­ser­ir­di­sche Chemikalie ein­at­met – und in der Folge selbst zu einem Prawn mutiert. Der Jäger wird plötz­lich zum Gejagten und soll der MNU als Versuchskaninchen für aus­ser­ir­di­sche Waffen die­nen. Nur eine Allianz mit dem heim­li­chen Anführer der Prawns kann ihn nun viel­leicht noch ret­ten.

Dazwischen wird alles Mögliche in die Luft gejagt, wird gebal­lert, gelit­ten und geliebt. Je här­ter, län­ger und lau­ter, desto bes­ser – auch um sicher zu stel­len, dass der Film kei­ne Ausnahme bleibt. Denn «District 9» ist ein Weckruf für die Schnarchnasen in Hollywood, die es immer häu­fi­ger wagen, uns Halbgegartes wie «Terminator Salvation» oder «Transformers 2» vor­zu­set­zen. Ein Tritt in den Hintern der Ignoranz, das muss auch Wikus ler­nen, ist manch­mal bit­ter nötig.

Der Film dau­ert 112 Minuten.

ensuite, Oktober 2009

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