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Des Kaisers neue Filme

Man kann die­ses Defilee und Spalier im frem­den Federnkleid behaup­te­ter Film-kul­tur genies­sen als Laborversuch (an zehn Spielorten) des Strebens von Geld nach Geist – und man hofft, trotz aller Scheinwerfer Echtes zu fin­den: wah­re Filme statt nur Filmware!

Erstaunlich ist es schon, bereits zum 8. Mal dür­fen wir dem Zürcher Film Festival Beifall spen­den. Spenden ist auch das Stichwort für die Wirtschaft, die sich dafür ger­ne im Blitzlicht sonnt. Das ist auch kein Gewitter, son­dern lan­ge und über­all ange­kün­dig­ter Stadtsegen. Ein Kunstprodukt von Strategie. Das hat auch etwas Beruhigendes, denn es zeigt, dass es nur mit Geld, aber ohne Film, sprich Kultur und Geist, nicht geht. Es lässt sich, wenn auch ent­fernt, ver­glei­chen mit einer Kulturrevolution von oben, wenn man mit Marketing ver­sucht, Filme zu erzeu­gen – sprich: aus blos­sem Design authen­ti­sche Geschichten zu gene­rie­ren.

Man kennt das von den letz­ten Seiten von Hochglanzmagazinen, wor­in Partys mit stets lächeln­den Gesichtern abge­lich­tet sind, um der Möblierung gelang­weil­ter mensch­li­cher Existenz durch Fotostrecken mit Luxusprodukten noch etwas Geselligkeit ein­zu­hau­chen. Als wür­den wie in E. T. A. Hoffmanns Erzählung «Der Sandmann» Puppen beseelt. Auch die ein­ge­flo­ge­nen Hollywoodstars die­nen zur Projektion feh­len­den Charismas, besor­gen gegen dicke Schecks Glanz und Glorie, die dem nüch­ter­nen Alltag der Zürcher Wirtschaftskreise sonst abge­hen. Dumm nur, wenn die Puppen aus der Rolle tan­zen, dann wird für Oliver Stone unse­re «Mayor a hot babe» – oder wie es im Märchen frei nach Christian Andersen heisst: «Als der Minister im Saal war, wo die Stoffe gezeigt wur­den, glaub­te er kaum sei­nen Augen. ‹Ich kann ja gar nichts sehen›, dach­te er sich und zwei­fel­te an sei­ner Intelligenz. ‹Es geht nicht, dass ich erzäh­le, ich könn­te den Stoff nicht sehen!› Im Hofe zurück­ge­kehrt, berich­te­te er dem Kaiser: ‹Es ist wun­der­schön, was sie zei­gen!›» Auch die Sponsoren waren zufrie­den. – Setzen wir des­halb auch am dies­jäh­ri­gen Zürcher Film Festival auf alle Kind Gebliebenen, die noch unter­schei­den kön­nen, was Sache und rele­van­tes Kino ist!

Festivalprogramm 20. – 30. September 2012

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